# taz.de -- 20 Jahre Völkermord in Ruanda: Bundestag „verneigt sich“ | |
> Union, SPD und Grüne ehren Ruandas Völkermordopfer und Überlebende. | |
> Kritik gibt es an einer niederrangigen deutschen Delegation bei den | |
> Gedenkfeiern. | |
Bild: Vorbereitung für den Trauertag an der zentralen Völkermordgedenkstätte… | |
BERLIN epd/taz | Der Bundestag hat am Freitag an den Völkermord in Ruanda | |
vor 20 Jahren erinnert. Mit großer Mehrheit billigten die Abgeordneten | |
einen von Union, SPD und Grünen eingebrachten Antrag, in dem der Völkermord | |
„beklagt“ und „die wenig entschiedene Rolle der internationalen | |
Gemeinschaft“ „bedauert“ wird. Die Linke enthielt sich der Stimme. | |
„Der Deutsche Bundestag verneigt sich im Gedenken an die Opfer“, heißt es | |
in dem Antrag. „Der Deutsche Bundestag ehrt mit diesem Gedenken die | |
Bemühungen aller Ruander, die sich unter schwierigsten Umständen und gegen | |
vielfältige Widerstände für die Rettung von Frauen, Männern und Kindern | |
eingesetzt haben. Ihr Handeln soll im Sinne der Verbesserung der | |
Beziehungen zwischen allen Bevölkerungsgruppen in Erinnerung gehalten | |
werden.“ | |
In ihren Antrag unterstreichen die drei Bundestagsfraktionen außerdem die | |
Notwendigkeit einer ehrlichen Aufarbeitung der Geschichte. Die Gesellschaft | |
Ruandas sei bereits einen weiten Weg zur Versöhnung gegangen. Es sei ein | |
großes Verdienst, dass der innere Frieden Ruandas seit dem Ende des | |
Völkermords erhalten worden sei. Gleichzeitig wird Ruanda zu weiteren | |
Schritten zur Aufarbeitung und Versöhnung ermutigt. | |
## "Dämonen des Völkermords" | |
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) rief in seiner Eröffnungsrede | |
zur Debatte dazu auf, auch heute „alles Mögliche“ zu tun, um brutales Töt… | |
zu verhindern. Die „Dämonen des Völkermords“ seien keineswegs gebannt. �… | |
sprechen nicht überall von Völkermord, aber wir stehen im Kongo, in | |
Zentralafrika und Syrien vor endlosem Blutvergießen“, sagte der | |
Außenminister. | |
Nach dem Holocaust hätten die Deutschen „Niemals wieder“ gerufen, sagte | |
Steinmeier. „Doch wir haben das Versprechen nicht halten können“, ergänzte | |
er. Die internationale Gemeinschaft habe in Ruanda versagt, als sie die | |
Blauhelme inmitten der Gewalt abgezogen habe. | |
Mehrere Abgeordnete stellten während der Debatte die Frage, ob die | |
internationale Gemeinschaft heute ihrer Verantwortung zum Schutz vor | |
Völkermord gerecht wird. Wie ein stärkeres Engagement aussehen könnte, | |
präzisierten die Parlamentarier nicht. | |
## Viele offene Fragen | |
Die Grünen-Abgeordnete Kordula Schulz-Asche, die 1994 in Ruanda lebte und | |
zu Beginn des Massenmordens nach Burundi evakuiert wurde, forderte in einer | |
teilweise sehr persönlichen Rede eine systematische und unabhängige | |
Aufarbeitung der deutschen Rolle im Ruanda-Konflikt. Sie listete auf, in | |
welch vielfältiger Weise deutsche Stellen Möglichkeiten unbeachtet ließen, | |
etwas Sinnvolles zu tun - bis hin dazu, Ruandern während der Massaker die | |
Einreise nach Deutschland zu verweigern, obwohl Rheinland-Pfalz als | |
Partnerland sämtliche Garantien abgegeben hatte. | |
Es gebe noch viele offene Fragen, beispielweise ob es tatsächlich den | |
Wunsch gab, die Bundesrepublik solle als neutraler Vermittler im | |
ruandischen Konfilkt tätig werden, sagte Schulz-Asche. Dafür sei aber eine | |
unabhängige historische Untersuchung nötig. | |
Auf einer Veranstaltung am Donnerstag hatte Schulz-Asche gefordert, das | |
Auswärtige Amt solle seine Unterlagen zum Völkermord zur Verfügung stellen | |
- sie sind bis 2024 gesperrt. Damit will sie herausfinden, ob etwa | |
Informationen über Angriffe zu spät herausgeben oder zurückgehalten wurden. | |
Zudem ist unklar, ob sich die damalige Bundesregierung nicht hätte stärker | |
engagieren können. | |
„Es ist schwer, von Versöhnung und Vergebung zu sprechen“, sagte auf der | |
Veranstaltung am Donnerstag Ruandas Botschafterin in Deutschland, Christine | |
Nkulikiyinka. Die Politik müsse dazu ermutigen. Dabei müssten die Opfer und | |
die Überlebenden im Mittelpunkt stehen. Der Botschafterin zufolge ist vor | |
allem die Lage der Überlebenden heute besonders schwierig. | |
## Kein deutscher Minister nach Kigali | |
Kontrovers ist derweil die Beteiligung Deutschlands an der zentralen | |
Gedenkfeier zum 20. Jahrestag des Völkermords am kommenden Montag in | |
Ruandas Hauptstadt Kigali. Nach Angaben der Bundesregierung plant der | |
Menschenrechtsbeauftragte Christoph Strässer (SPD), zu der Veranstaltung zu | |
reisen. | |
Die ruandische Botschaft in Berlin nannte als weitere Reisende die drei | |
Bundestagsabgeordneten Johannes Selle (CDU), Karamba Diaby (SPD) und Peter | |
Meiwald (Grüne). Der Bundestagsantrag fordert nun die Bundesregierung auf, | |
bei der Gedenkveranstaltung „hochrangig vertreten zu sein“. | |
Andere westliche Länder geben sich mehr Mühe. Aus den USA wird unter | |
anderem die derzeitige US-Botschafterin bei der UNO, Samantha Power, nach | |
Kigali reisen; sie war 1994 als Journalistin in Ruanda tätig. Frankreichs | |
Delegation wird von Justizministerin Christiane Taubira geleitet. Die | |
Exkolonialmacht Belgien schickt Außenminister Didier Reynders und | |
Entwicklugnsminister Jeanc-Pascal Labille sowie die Familien der zehn zu | |
Beginn des Genozids getöteten belgischen UN-Soldaten. | |
4 Apr 2014 | |
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