# taz.de -- 20 Jahre Völkermord in Ruanda: Paris boykottiert Gedenkfeiern | |
> Zum 20. Jahrestag des Völkermords reist kein Regierungsvertreter nach | |
> Ruanda. Präsident Kagame hatte Frankreich der Mittäterschaft bezichtigt. | |
Bild: Erhebt Vorwürfe gegen Frankreich: Paul Kagame. | |
BERLIN taz | Der überwunden geglaubte diplomatische Streit zwischen Ruanda | |
und Frankreich über die französische Unterstützung für den Völkermord an | |
Ruandas Tutsi 1994 ist kurz vor dem 20. Jahrestag des Genozids neu | |
aufgeflammt. | |
Frankreich sagte am Samstag seine Teilnahme an den Gedenkfeiern in der | |
ruandischen Hauptstadt Kigali, bei der am kommenden Montag Gäste aus aller | |
Welt erwartet werden, ab. Grund ist ein Interview mit Ruandas Präsident | |
Paul Kagame in der Pariser Wochenzeitschrift Jeune Afrique. | |
Darin wirft Kagame Frankreich direkte „Beteiligung“ am Völkermord vor, bei | |
dem bis zu einer Million Menschen starben. Wörtlich sagt er: „Die | |
westlichen Mächte hätten es gerne, dass Ruanda ein normales Land wäre, als | |
sei nichts geschehen, aber das ist unmöglich. Nehmen Sie Frankreich: | |
Zwanzig Jahre später ist in französischen Augen der einzig zulässige | |
Vorwurf der, dass nicht genug zur Rettung von Menschenleben während des | |
Genozids unternommen worden sei. Das stimmt, aber es verdeckt das | |
Wesentliche: die direkte Rolle Belgiens und Frankreich bei der politischen | |
Vorbereitung des Genozids und die Beteiligung Frankreichs an seiner | |
Ausführung.“ | |
Frankreichs Außenministerium zeigte sich „überrascht“ über diese | |
Äußerungen. Diese stünden „im Widerspruch zum Prozess des Dialogs und der | |
Versöhnung“ zwischen beiden Ländern. Unter diesen Umständen werde | |
Justizministerin Christiane Taubira nicht wie geplant am Montag nach Kigali | |
reisen. Der Boykott sorgt in Ruanda für Empörung. | |
## Entschuldigung gefordert | |
„Schade, dass Frankreich sich immer hinter der Leugnung versteckt, statt | |
sich seiner Geschichte und seinen Verfehlungen zu stellen“, schrieb der | |
ruandische UN-Diplomat Olivier Nduhungirehe auf Twitter. Ruandas | |
Armeesprecher Joseph Nzabamwita stellte ein Foto ins Netz, das französische | |
Soldaten zusammen mit ruandischen Hutu-Milizionären während des Völkermords | |
zeigt, und schrieb dazu: „Frankreich sollte sich entschuldigen.“ | |
In Frankreich ist das Ausmaß der Verstrickung in die Ereignisse in Ruanda | |
1994 bis heute kontrovers. Frankreich bildete die Armee und die Milizen | |
aus, die den Völkermord verübten, und sorgte mit seiner verspäteten | |
Militärintervention „Opération Turquoise“ ab Juni 1994 dafür, dass diese | |
sich vor der vorrückenden Tutsi-Guerilla RPF (Ruandische Patriotische | |
Front) in den benachbarten Kongo zurückziehen konnten. Jüngst haben | |
französische Offiziere, die daran beteiligt waren, Memoiren darüber | |
veröffentlicht. | |
Am Freitag präsentierten die französischen Journalisten, Serge Farnel und | |
Bruno Boudiguet, in Kigali zwei neue Bücher über eines der düstersten | |
Kapitel dieser Kumpanei: die Ermordung Tausender Tutsi, die seit April 1994 | |
auf der westruandischen Hochebene Bisesero Widerstand gegen die | |
Hutu-Milizen leisteten. Von ursprünglich 50.000 waren bis Juni schon 40.000 | |
tot, aber die restlichen 10.000 hätten dann durch französische Soldaten | |
gerettet werden können. Stattdessen konnten Hutu-Milizionäre fast alle | |
töten – angeblich mit Beteiligung französischer Soldaten. | |
Der Streit über Frankreich in Ruanda ist vor allem ein innerfranzösischer. | |
In einem Interview der Zeitschrift L’Express sagt der französische | |
Historiker Jean-François Dupaquier, ohne Frankreichs Unterstützung für | |
Ruandas Regierung vor 1994 wäre der Völkermord nicht möglich gewesen. Die | |
Militärhilfe habe dem Regime die nötige Zeit gekauft, um die Massaker an | |
den Tutsi zu organisieren. Frankreich sei nie darüber hinweggekommen, dass | |
die RPF dann doch in Ruanda an die Macht gelangt sei. | |
6 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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