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# taz.de -- Vorurteile gegen Minderheiten: Feindbild Roma und Sinti
> Sinti und Roma in Deutschland sind die Minderheit, die auf die größte
> Ablehnung stößt. Menschenrechtler fordern deutlich mehr Schutz.
Bild: BesucherInnen am Denkmal für die während der NS-Zeit ermordeten Sinti u…
BERLIN taz | Anlässlich des Internationalen Tags der Roma am Dienstag haben
politische Institutionen und Menschenrechtler auf die anhaltende
Diskriminierung der Minderheit hingewiesen. Einer repräsentativen Studie
zufolge sind Sinti und Roma in Deutschland die Minderheit, die auf die
größte Ablehnung stößt.
In der Beliebtheit der einzelnen Gruppen rangierten Sinti und Roma hinter
Gruppen wie Juden und Asylbewerbern, sagte der Historiker und
Vorurteilsforscher Wolfgang Benz in Berlin. Benz stellte die ersten
Ergebnisse einer großen Studie über Einstellungen gegenüber Sinti und Roma
vor, die im September präsentiert werden soll.
Wie tief Vorurteile über Sinti und Roma in Deutschland verwurzelt sind,
zeigt die Studie von Benz, die im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle
des Bundes erstellt wird. Benz sagte, es beruhige ihn, dass die
überwiegende Mehrheit der Befragten (91 Prozent) Integrationsangebote für
einen guten Vorschlag für ein besseres Zusammenleben mit Sinti und Roma
hält. 63 Prozent haben sich der Studie zufolge zudem für stärkere
Minderheitenrechte ausgesprochen.
Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte die
Untätigkeit vieler Regierungen angesichts der zunehmenden gewalttätigen
Angriffe auf Roma in Europa: „Es ist völlig inakzeptabel, dass an machen
Orten in Europa Roma in ständiger Angst vor gewalttätigen Ausschreitungen
oder Anschlägen leben müssen“, sagte Selmin Çalkan, Generalsekretärin von
Amnesty International in Deutschland.
## Durch die Regierungshaltung ermutigt
„Die Gewalttäter werden ermutigt von der passiven Haltung der Regierungen.
Viele europäische Politiker schüren sogar den Glauben, Roma seien für ihre
Ausgrenzung selbst verantwortlich.“
Die Gesellschaft für bedrohte Völker forderte angesichts der
Stigmatisierung der Roma die Bundesregierung auf, ein Bleiberecht für
Roma-Kinder zu garantieren. Rund 5.000 in Deutschland geborene oder
aufgewachsene Kinder seien derzeit in Deutschland von der Abschiebung in
das Kosovo bedroht, sagte Generalsekretär Tilman Zülch.
Diese Mädchen und Jungen sähen nur Deutschland als ihr Zuhause an. Sie
sprächen Deutsch und gingen hier zu Schule. Im Kosovo hätten die Kinder
nach Studien des Kinderhilfswerks Unicef schlechte Bildungschancen, keine
ausreichende medizinische Versorgung und kaum gezielte
Integrationsangebote. Da sie kaum Albanisch oder Serbisch sprächen, würden
sie an den Rand der Gesellschaft und in die Armut gedrängt.
Am Freitag hatte die Europäische Kommission einen speziellen Fonds für die
Förderung von Roma in Erwägung gezogen. Bislang stehen im Europäischen
Sozialfonds zwar erhebliche Mittel für „benachteiligte Minderheiten“
bereit, im aktuellen Etat sind es rund 80 Milliarden Euro.
## Spezieller Fonds für Roma-Projekte
Laut Sozialkommissar László Andor könnte rund ein Fünftel davon theoretisch
für Roma-Projekte ausgegeben werden. Doch die EU-Mittel gibt es nur, wenn
jeder Staat aus eigener Tasche Geld dazu legt. Dazu sind die Regierungen
kaum bereit.
Der Präsident des Europäischen Roma- und Traveller-Forums (ERTF), Rudko
Kawczynski, lehnt einen speziellen Fonds für Roma ab. „Der würde die
Vorurteile noch schlimmer machen. Die Roma werden systematisch aus
Osteuropa vertrieben“, sagt er.
Dagegen helfe nicht mehr Geld: „Der Antiziganismus muss bekämpft werden. Es
muss Unrechtsbewusstsein geschaffen und die verantwortlichen Regierungen
unter Druck gesetzt werden“, sagt er. Sonst gebe es „weiterhin eine
Stimmung, in der Politiker dafür gewählt werden, dass sie Anti-Roma-Politik
machen – so wie in Ungarn.“
8 Apr 2014
## AUTOREN
Christian Jakob
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Schwerpunkt Rassismus
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