# taz.de -- Letzte Ausgabe der Zeitschrift „De:Bug“: Irgendwann ging allen … | |
> Die wohl letzte Printausgabe der schönen Nerd-Zeitschrift „De:Bug“ ist | |
> erschienen. Treue Fans und Autoren nehmen Abschied. | |
Bild: Gibt's künftig nur noch im Netz: das technophile Magazin „De:Bug“. | |
Da ist sie also, die wahrscheinlich letzte Printausgabe der Berliner | |
[1][Techno- und Technik-Zeitung] [2][De:Bug]. Noch einmal richtig schön ist | |
sie geworden, langjährige Leser und Fans wie Dietmar Dath und Diedrich | |
Diederichsen haben rührende Abschiedstexte verfasst, es gibt ein langes | |
Interview mit Rainald Goetz und von Wolfgang Tillmans exklusive | |
Fotoarbeiten. Aber all das hilft auch nichts: Nach 16 Jahren und 181 | |
Ausgaben soll jetzt Schluss sein, man reibt sich darob immer noch die Augen | |
und kann gar nicht glauben, dass es jetzt wirklich so schnell gehen soll. | |
Mitte März stand plötzlich ein Text auf der Homepage der De:Bug, mit der | |
Überschrift: „Willst Du eine Zeitung kaufen?“, der das Ende des Magazins | |
ankündigte. Keine wirklich hörbaren Warnschüsse gingen dem voraus, keine | |
aufreibenden Jammerkampagnen, wie sie auch die taz kennt. Anton Waldt, | |
einer der Herausgeber der Zeitung, der der kleinen Redaktion nicht mehr | |
angehört, aber die Abschiedsnummer noch einmal mitproduziert hat, erklärt | |
in dem Büro der De:Bug im Prenzlauer Berg: „Wir haben hier immer an der | |
Kapazitätsgrenze gearbeitet – oder gehudelt. Irgendwann hat sich ein | |
Erschöpfungseffekt eingestellt und am Ende hat die Energie nicht mal mehr | |
für eine Jammerkampagne gereicht.“ | |
Die De:Bug war von Anfang an ein Zeitschriftenexperiment, blieb unabhängig | |
und idiosynkratisch – bis zum Schluss. Sie biederte sich nie an, auch wenn | |
ihr mancher Leser die Einführung einer Modestrecke nie verziehen hat. Sie | |
wirkte hermetisch, kryptisch, oft unverständlich und manchmal nervtötend | |
besserwisserisch. Die Texte waren radikal subjektiv und nahmen den Leser | |
nur ungern an die Hand. Manchmal fiel der Zeitung aber auch schlicht nichts | |
ein, die Dringlichkeit und Direktheit der frühen Ausgaben spürte man seit | |
Jahren nicht mehr, das war vielleicht auch ein Gewöhnungseffekt. Sascha | |
Kösch, Mitgründer des Magazins und bis zum Schluss in der Redaktion mit | |
dabei, schrieb das Blatt nicht mehr so manisch voll wie einst, dabei hat | |
man das Gefühl, dass von den ungefähr 50.000 Plattenrezensionen, die über | |
all die Jahre erschienen sind, mindestens die Hälfte auf sein Konto gehen. | |
## Kein Freude, Friede, Eierkuchen | |
Zuerst nannte sich die Zeitschrift Buzz, dann Re:Buzz und schließlich | |
De:Bug. Die ersten Ausgaben kamen vom Papier und der Optik wie eine etwas | |
zu bunt geratene Tageszeitung daher. Mit diesem seriös wirkenden und für | |
eine Technozeitschrift wahnsinnig ungewöhnlichen Look wollte man sich von | |
dem Grellen der damals pleite gegangenen Technozeitung Frontpage abgrenzen. | |
Raving Society, Loveparade, Großraum-Raves, das alles war voll Neunziger, | |
das Millennium jedoch stand vor der Tür und damit die Versprechen eines | |
neuen Zeitalters. Dass dieses vom Internet bestimmt werden sollte, war den | |
Machern der De:Bug damals klar. Mit Friede, Freude, Eierkuchen wollte man | |
nichts zu tun haben, den Hedonismus der Frontpage übernahm man trotzdem, | |
verknüpfte diesen aber mit Themen wie Technik und Netzkultur. Ja, die | |
De:Bug war immer auch eine Nerdzeitung. „Musik und Technik fanden bei uns | |
von Anfang an kongruent zusammen“, sagt Anton Waldt, „man hat im Techno | |
damals sozusagen gehört, was die Technik gerade macht.“ Für diesen | |
Schulterschluss aus Musik, Technik und allem rund ums Netz fand man dann | |
den längst berühmt gewordenen Claim „Elektronische Lebensaspekte“. | |
Nun könnte man bestimmt mehrere Erklärungsversuche zusammentragen, warum es | |
jetzt einfach nicht mehr weiterging mit der De:Bug. Etwa: Die allgemeine | |
Krise von Print. Oder: Elektronische Musik hat sich durchgesetzt, dieses | |
ursprüngliche Anliegen des Magazins zählt nicht mehr. Und: Das Internet ist | |
überall und durchdringt uns immer totaler, da wirkte die permanente | |
Netzapologetik der De:Bug gelegentlich etwas naiv. Anton Waldt aber, der | |
selbst mal vier Jahre lang Chefredakteur der De:Bug war, findet für das | |
Scheitern profanere Gründe. „Nach den Kriterien für vernünftiges | |
Wirtschaften, wäre eine Zeitung wie die De:Bug von Anfang an nicht | |
tragfähig gewesen“, sagt er, „von Anfang an hat uns ein echter ökonomisch… | |
Wille gefehlt. Und so hat man hier immer von der Hand in den Mund und der | |
Selbstausbeutung gelebt, das war der Dauerzustand. Es ist eher erstaunlich, | |
dass es überhaupt so lange geklappt hat.“ | |
## „Ein schleichender Prozess“ | |
Es gab keinen Abo- oder Anzeigen-Einbruch, „das Ganze war eher ein | |
schleichender Prozess“, sagt Waldt. Und irgendwann ging allen dann die | |
Puste aus. Jetzt, wo raus ist, dass es so nicht mehr weitergeht, sei die | |
Stimmung beinahe gelöst. Wolfgang Tillmans, ein weiterer prominenter Fan | |
der Zeitung, wollte finanzielle Hilfe im fünfstelligen Bereich anbieten, | |
doch das hätte, so Waldt, die ganze Problematik nur verschleppt. So hat man | |
Insolvenz angemeldet, in den nächsten Monaten soll das Büro abgewickelt | |
sein und alles, was sonst noch so ansteht. | |
Damit wäre die Zäsur gemacht. Und dann, so Waldt, könne man schauen, „wie | |
stark der eigentliche inhaltliche Kern der De:Bug überhaupt noch ist.“ Man | |
sei durchaus bereits dabei, auszuloten, ob man die „Elektronischen | |
Lebensaspekte“ irgendwo anders weiterleben lassen könne. Sei es angedockt | |
an ein anderes Printmedium – Gespräche, so Waldt, gebe es bereits – oder: | |
[3][natürlich im Internet]. „Es ist sowieso eine der großen Absurditäten, | |
dass wir von Anfang an so netzaffin waren, aber nie adäquat einen | |
Onlineauftritt hinbekommen haben, auch wenn das vor allem an den fehlenden | |
Kapazitäten lag.“ Vielleich geht sie am Ende dann doch ganz im Netz auf, | |
die De:Bug. Für das technophile Magazin wäre das ein echtes Happy End. | |
8 Apr 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://de-bug.de/ | |
[2] http://de-bug.de/ | |
[3] http://de-bug.de/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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