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# taz.de -- Mehr Rassismus im Osten Deutschlands: Knapp zwei Straftaten täglich
> Die Zahl der rechten Straftaten im Osten hat letztjährig massiv
> zugenommen. In zwei Drittel der Fälle handelte es sich um
> Körperverletzung oder versuchte Tötung.
Bild: Einen deutlichen Anstieg rechter Straftaten in ostdeutschen Bundesländer…
BERLIN afp | Die Zahl rechter, rassistischer und antisemitischer Straftaten
in den ostdeutschen Bundesländern inklusive Berlin ist nach Angaben von
Opfer-Beratungsstellen im vergangenen Jahr um fast 20 Prozent gestiegen.
Nach einer Statistik von sechs Beratungsstellen stieg sie von 626 Taten
2012 auf 737 Taten an.
„Das sind etwa zwei Straftaten täglich“, sagte Robert Kusche von der
Opferberatung RAA Sachsen am Donnerstag in Berlin vor Journalisten. Als
Grund für den Anstieg nannte er für das Bundesland Sachsen unter anderem
den „offen rassistisch geführten Diskurs zu Asylunterbringung und Asyl“.
Mit 223 Fällen wurden demnach die meisten rechten und rassistischen
Gewalttaten in Sachsen gezählt. Es folgen Berlin (185), Sachsen-Anhalt
(116), Brandenburg (85), Mecklenburg-Vorpommern (83) und Thüringen (45).
Fast die Hälfte aller dokumentierten Angriffe waren laut Reachout
rassistisch motiviert.
Nur in Brandenburg und Thüringen ging die Zahl rechter Angriffe leicht
zurück. In Sachsen stellte das Beratungsprojekt hingegen einen Anstieg um
43 Prozent fest. In Mecklenburg-Vorpommern gab es nach einer gesunkenen
Zahl von Fällen im Jahr 2012 wieder ähnlich viele Fälle wie zuvor. In
Sachsen-Anhalt nahmen die Angriffe um 10 Prozent zu.
Bei rund 65 Prozent der registrierten 737 Gewalttaten handelte es sich laut
Kusche um Körperverletzung, schwere Körperverletzung und versuchte Tötung,
bei 27 Prozent um massive Bedrohung, Nötigung und versuchte
Körperverletzung. 18 Prozent seien Gewalttaten gegen Menschen zuzurechnen,
die einem „nicht rechten“ Spektrum zugeordnet würden, zum Beispiel Punks.
Einen homophoben Hintergrund hatten demnach acht Prozent, einen
antisemitischen zwei Prozent der Taten.
Die Vertreter der Beratungsstellen kritisierten, dass Polizei und
Staatsanwaltschaft die Hintergründe von rechten, rassistischen oder
antisemitischen Straftaten häufig außer Acht ließen. „Dunkelhäutige Opfer
werden oft wegen ihrer Hautfarbe verdächtigt, Täter zu sein“, sagte Sabine
Seyb von ReachOut Berlin.
## Angriffe auf Berliner Asylunterkünfte
Nach ihren Angaben kam es in der Bundeshauptstadt vermehrt zu Angriffen auf
Asylunterkünfte. Ein weiterer Faktor, der zum Anstieg der Zahlen
beigetragen haben könnte, liege in der verbesserten Registrierung von
Straftaten durch die Beratungsstellen. „Wir konnten das Dunkelfeld im
vergangenen Jahr erhellen“, sagte Kusche.
Die Sprecher forderten die Einrichtung von mehr Beratungsstellen auch in
den alten Bundesländer, wo derzeit noch kein vergleichbares Netz existiert.
Außerdem solle eine permanente Enquête-Kommission im Bundestag zu Fragen
des Rassismus eingerichtet werden. „Wenn der Untersuchungsausschuss des
Bundestags zum NSU seine Arbeit einstellt, darf die Debatte nicht beendet
sein“, sagte Seyb.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann,
nannte die Zahlen „erschreckend“. „Aber wir dürfen uns davon nicht
entmutigen lassen, im Gegenteil“, sagte er dem in Berlin erscheinenden
Tagesspiegel. Alle demokratischen Kräfte müssten zusammenstehen und den
Rechtsextremisten die Stirn bieten. „Es zeigt sich immer wieder, dass sich
Engagement gegen Rechtsextremismus auszahlt.“
Weiter bemerkte Graumann: „Wenn jedoch allzu häufig Antisemitismus und
Rassismus im Alltag toleriert werden, wenn 'Jude' auf Schulhöfen und in
Fußballstadien als Schimpfwort benutzt werden darf ohne Konsequenzen – dann
müssen wir uns nicht wundern, wenn Rechtsextremismus sich ausbreitet. Und
dass ein Verbot der NPD auch vielen anderen rechtsextremen Organisationen
den Boden unter den Füßen wegziehen würde, müsste inzwischen eigentlich
jedem klar sein.“
10 Apr 2014
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