# taz.de -- Unruhen im Osten der Ukraine: Blutiger Anti-Terror-Einsatz | |
> In der Stadt Slawjansk soll es bei einer Anti-Terror-Aktion gegen | |
> prorussische Separatisten Tote und Verletzte gegeben haben. Ein | |
> Krisentreffen in Genf droht zu platzen. | |
Bild: Ausnahmezustand: Über der ostukrainischen Stadt Slawjansk kreisen Milit�… | |
SLAWJANSK/KIEW dpa/afp/ap | Bei dem Einsatz der ukrainischen Polizei gegen | |
prorussische Gruppen in der östlichen Stadt Slawjansk hat es nach Angaben | |
des Innenministeriums am Sonntag „Tote und Verletzte auf beiden Seiten“ | |
gegeben. Ein Geheimdienstagent sei getötet und fünf weitere Menschen seien | |
verletzt worden, bei den „Separatisten“ habe es eine unbekannte Zahl an | |
Opfern gegeben, teilte Innenminister Arsen Awakow auf seiner Facebook-Seite | |
mit. | |
Awakow warf der Gegenseite vor, „menschliche Schutzschilde“ einzusetzen. | |
Zuvor hatte der Minister den Einwohnern der Stadt geraten, ihre Häuser | |
nicht zu verlassen und sich von Fenstern fernzuhalten. Er warf den | |
Bewaffneten vor, auf die Spezialkräfte zu feuern, „um zu töten“. Nach | |
Angaben des Innenministeriums hatten am Samstagabend rund 20 Angreifer in | |
Kampfanzügen die Kontrolle über das Polizeikommissariat und den Sitz des | |
Geheimdienstes SBU von Slawjansk übernommen. | |
Demnach war Ziel des Angriffs die Erbeutung von 20 Maschinengewehren und | |
400 Makarow-Gewehren in der Polizeiwache, um damit Mitstreiter zu | |
bewaffnen. Slawjansk liegt rund 60 Kilometer von der Großstadt Donezk | |
entfernt. Auch dort stürmten prorussische Gruppen das Hauptquartier der | |
Polizei. In den Städten Kramatorsk und Krasnyi Lyman gab es nach Attacken | |
"bewaffneter Kämpfer" auf Verwaltungsgebäude Schusswechsel mit den | |
Sicherheitskräften. | |
Augenzeugen hatten am Sonntag von einer gespannten Lage in Slawjansk | |
gesprochen. Militärhubschrauber kreisten über der Stadt mit etwa 100.000 | |
Einwohnern, hieß es. „In Slawjansk hat ein Anti-Terror-Einsatz begonnen. Es | |
wurden Kräfte aus allen Landesteilen herangezogen. Möge Gott mit uns sein“, | |
hatte Awakow im Online-Netzwerk Facebook geschrieben. | |
## „Die Polizei hat zurückgeschossen“ | |
AFP-Reporter sahen vor der Polizeiwache bewaffnete und maskierte Männer in | |
Kampfanzügen. Abzeichen trugen sie nicht, sie hatten aber Bänder in den | |
russischen Nationalfarben bei sich. In den Straßen rund um das | |
Polizeigebäude errichteten die Angreifer Barrikaden. | |
Die Bürgermeisterin von Slawjansk, Nelja Schtepa, sagte, die Männer, die | |
die örtliche Polizeistelle eingenommen hätten, forderten ein Referendum | |
über Autonomie und einen möglichen Anschluss an Russland. Einem Reporter | |
der Nachrichtenagentur AP erklärte sie, sie habe mit den Besetzern der | |
Polizeiwache gesprochen und wisse, dass es keine Russen, sondern Anwohner | |
der Stadt seien. Sie „wollen gehört werden, wollen einen Dialog mit den | |
Verantwortlichen in Kiew“, sagte sie. | |
Seit Wochen fordern prorussische Gruppen eine Angliederung der Ostukraine | |
an Russland nach dem Vorbild der Halbinsel Krim oder zumindest ein | |
Referendum über mehr Autonomie der Region. | |
Nach Angaben Awakows fanden in mehreren ostukrainischen Städten Kämpfe | |
statt, vor allem in Kramatorsk und Krasnyi Lyman. Demnach griffen | |
prorussische Bewaffnete in Kramatorsk ein Verwaltungsgebäude an. „Die | |
Polizei hat zurückgeschossen“, erklärte der Innenminister. In Krasnyi Lyman | |
griffen „bewaffnete Kämpfer“ demnach die Polizei mit „AK100-Waffen | |
russischer Herstellung“ an, die es „nur bei den russischen Streitkräften“ | |
gebe. Nach Angaben Awakows fanden in mehreren ostukrainischen Städten | |
Kämpfe statt. | |
## Kerry: inszenierte und abgestimmte Aktionen | |
„Die ukrainischen Behörden betrachten die Ereignisse des heutigen Tages als | |
eine externe Aggression der Russischen Föderation“, schrieb Awakow auf | |
Facebook. Außenminister Andrej Deschtschyzja forderte seinen russischen | |
Kollegen Sergej Lawrow nach Angaben aus Kiew in einem Telefonat auf, „die | |
provokanten Aktionen russischer Spezialeinheiten“ in der Ostukraine zu | |
stoppen. Lawrow wies die Anschuldigungen nach Angaben aus Moskau | |
entschieden zurück. Ähnliche Behauptungen hätten auch schon die USA | |
aufgestellt, es gebe aber "keine konkreten Beweise". | |
US-Außenminister Kerry drohte in einem Telefonat mit Lawrow mit „weiteren | |
Konsequenzen“, sollte Russland keine Schritte zur Deeskalation der Lage in | |
der Ostukraine unternehmen und seine Truppen von der Grenze abziehen. Er | |
sprach von „inszenierten und abgestimmten“ Aktionen, die sich so ähnlich | |
auch schon auf der Krim ereignet hätten. Nach Angaben der NATO hat Russland | |
40.000 Soldaten in der Nähe der russischen Grenze in der Ostukraine | |
abgestellt. Moskau bestreitet dies. | |
Wie das Weiße Haus mitteilte, wird US-Vizepräsident Biden am 22. April nach | |
Kiew reisen, um die „starke Unterstützung“ der USA für eine „vereinigte, | |
demokratische Ukraine“ zu unterstreichen. Das US-Außenministerium | |
bestätigte zudem einen Termin für Vier-Parteien-Gespräche zur | |
Ukraine-Krise. Demnach sollen am Gründonnerstag in Genf Kerry und Lawrow, | |
der ukrainische Außenminister Deschtschyzja und die EU-Außenbeauftragte | |
Catherine Ashton gemeinsam über eine Lösung des Konfliktes beraten. Lawrow | |
warnte jedoch, ein gewaltsames Eingreifen der Regierung in Kiew würde das | |
Treffen in Genf gefährden. | |
13 Apr 2014 | |
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