| # taz.de -- Außenbeauftragter der Krimtataren: „Ich vertraue nur noch Allah�… | |
| > Russland muss gestoppt werden, meint Krimtatar Ali Khamzin. Sonst drohe | |
| > die Radikalisierung der Krimtataren und die Weltherrschaft des Chaos. | |
| Bild: „Wenn man einem Menschen das eigene Haus wegnimmt, wird er sich erheben… | |
| taz: Herr Khamzin, bis zum 18. April sollen sich die Krimbewohner | |
| entscheiden, ob sie ihren ukrainischen Pass behalten oder einen russischen | |
| Pass annehmen wollen. Welchen Pass werden Sie wählen? | |
| Ali Khamzin: Wir haben nicht die Wahl zwischen zwei Staatsbürgerschaften. | |
| Bis zum 18. April können wir lediglich einen Antrag stellen, um | |
| ukrainischer Staatsbürger zu bleiben. Gleichzeitig müssen wir einen | |
| russischen Aufenthaltstitel für die Krim beantragen. Jeder, der den Antrag | |
| auf einen russischen Aufenthaltstitel bis zum besagten Datum nicht stellt, | |
| wird automatisch zum Staatsbürger Russlands erklärt. | |
| Kann die Regierung in Kiew etwas dagegen tun? | |
| Das ukrainische Recht sieht keine doppelte Staatsbürgerschaft vor. Deswegen | |
| wäre es sinnvoll, wenn die ukrainische Regierung für die Bewohner der Krim | |
| eine doppelte Staatsbürgerschaft einführen würde. | |
| Welche Konflikte befürchten Sie in nächster Zukunft? | |
| Im Bereich des Grundbesitzes wird es sehr schwierig. Viele Bewohner der | |
| Krim, nicht nur Krimtataren, haben Häuser und Grundstücke, die bisher nicht | |
| im Grundbuch eingetragen sind. Welche Auswirkungen die Änderung der | |
| Staatsbürgerschaft darauf hat und wie sich Russland in diesem Punkt | |
| verhalten wird, weiß niemand. | |
| Gäbe es dafür eine Lösung? | |
| Weder die Ukraine noch Russland noch irgendwelche internationalen | |
| Organisationen kümmern sich um dieses Problem. Sollte es wirklich dazu | |
| kommen, dass man uns die Grundstücke wegnehmen will, kann das der Anlass | |
| einer Radikalisierung sein. | |
| Was konkret meinen Sie mit Radikalisierung? | |
| Wenn man einem Menschen das eigene Haus wegnimmt, in dem er jahrzehntelang | |
| gewohnt hat, wird er sich erheben und zum Knüppel greifen. Noch haben die | |
| Enteignungen nicht begonnen. Aber sollten sie stattfinden, könnten sie zu | |
| einem Ausbruch von Gewalt führen. | |
| Es heißt, dass sich Tschetschenen auf der Krim aufhalten, um junge | |
| Krimtataren zu rekrutieren. Was hat es damit auf sich? | |
| Es gibt in der Tat Tschetschenen auf der Krim. Dass sie aber von Tür zu Tür | |
| gehen und rekrutieren, höre ich zum ersten Mal. Ich denke nicht, dass die | |
| Tschetschenen für uns ein Problem darstellen. Sie erinnern sich noch zu gut | |
| daran, dass wir während der Tschetschenienkriege ihre Kinder aufgenommen | |
| haben. Unsere beiden Völker waren immer solidarisch, wobei sich | |
| Tschetschenien unter Präsident Ramsan Kadyrow verändert hat. | |
| Fürchten Sie, dass die Krimtataren keine Zukunft mehr auf der Krim sehen | |
| und sie in Scharen verlassen werden? | |
| Wir haben alle Krimtataren im Medschlis, dem Rat der Krimtataren, dazu | |
| aufgerufen, zu bleiben. Unser Mufti hat öffentlich erklärt, dass | |
| Krimtataren, die emigrieren wollen, nicht mehr als Muslime gelten können | |
| und ihre Nächsten sich von ihnen abwenden sollen. | |
| Unterstützen Sie diese Sichtweise? | |
| Das ist eine harte Aussage, aber sie ist richtig. | |
| Und was ist mit den Krimtataren, die ihre Heimat längst verlassen haben? | |
| Bislang waren das hauptsächlich Mitglieder einiger religiöser und | |
| politischer Strömungen, wie der Partei Hizb ut-Tahrir, die in Russland | |
| bereits seit Jahren als terroristisch eingestuft wird. Wir haben sie nie | |
| großartig beachtet, sie aber auch nicht als Terrororganisationen | |
| eingestuft. Die Prinzipien dieser Organisationen lehne ich allerdings ab. | |
| Was kann zu einer Lösung des Konflikts beitragen? | |
| Die Krimtataren sind nicht schuld daran, dass Russland die Krim eingenommen | |
| hat. Eine Lösung kann nur über Verhandlungen zwischen der Ukraine, Russland | |
| und dem Westen gefunden werden. | |
| Wladimir Putin versucht die Krimtataren zu beruhigen und verspricht ihnen | |
| Geld und kulturelle Autonomie. Was halten Sie davon? | |
| Wir brauchen keine Versprechen. Wir wünschen uns, dass Putin konkrete | |
| Schritte unternimmt, um die Rechte des krimtatarischen Volkes | |
| wiederherzustellen. Das ist das Einzige, was unserem Volk Sicherheit geben | |
| würde. | |
| Und die kann Putin nicht gewährleisten? | |
| Es gibt Informationen, dass Russland versuchen wird, die Lebensumstände der | |
| Krimtataren so zu verschlechtern, dass wir zur Emigration genötigt werden. | |
| Das muss vermieden werden! | |
| Was erwarten Sie von den USA und Großbritannien, die 1994 das Budapester | |
| Memorandum und damit die Garantie für eine territoriale Einheit der Ukraine | |
| unterzeichneten? | |
| Das Budapester Memorandum hat dazu geführt, dass die Ukraine ihre | |
| Atomwaffen abgegeben hat. Hätte die Ukraine heute noch Atomwaffen, würde | |
| sich keiner anmaßen, so mit uns umzugehen. Der damalige Präsident der | |
| Ukraine, Leonid Krawtschuk, hat unsere Atomwaffen gegen ein bedeutungsloses | |
| Blatt Papier eingetauscht. | |
| Was soll und was kann der Westen tun? | |
| Die internationale Gemeinschaft muss Russland davon überzeugen, die Krim | |
| zurückzugeben. Nicht mit kriegerischen Mitteln, sondern durch | |
| Verhandlungen. Andernfalls wird man sie später für unglaubwürdig halten. | |
| Haben die westlichen Staaten die Tragweite des Konflikts begriffen? | |
| Manche nicht. Wenn wir dem Westen die krimtatarische Positionen vorlegen, | |
| wollen wir nicht nur unsere eigenen Interessen verteidigen. Die | |
| Überschreitung der roten Linie durch Russland führt zu einer veränderten | |
| Weltordnung. In der Folge würde bald nicht nur der Stärkere die Welt | |
| beherrschen, sondern das Chaos. | |
| Das Budapester Memorandum wurde von Russland gebrochen. Die anderen | |
| Unterzeichnerstaaten haben das geschehen lassen. Wem vertrauen Sie | |
| überhaupt noch? | |
| Das ist eine gute Frage. Nur noch Allah. Wir glauben und hoffen, dass er | |
| uns durch diese schwierigen Zeiten führen wird. | |
| 11 Apr 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Ljuba Naminova | |
| Thomas Gerlach | |
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