# taz.de -- Obama zur Krise in der Ukraine: Drohen geht immer | |
> Weitere Sanktionen nicht ausgeschlossen: US-Präsident Obama setzt Putin | |
> erneut unter Druck. 40.000 russische Soldaten sollen nahe der Ukraine | |
> einsatzbereit sein. | |
Bild: Diplomatisch streng: US-Präsident Barack Obama. | |
WASHINGTON dpa/afp | Nach der russischen Warnung vor einem Stopp der | |
Gaslieferungen an die Ukraine stimmt US-Präsident Barack Obama die | |
westlichen Partner auf weitere Sanktionen im Zusammenhang mit der | |
russischen Ukraine-Politik ein. Obama unterstrich nach Angaben des Weißen | |
Hauses am Donnerstag in einem Telefongespräch mit Kanzlerin Angela Merkel | |
(CDU), die USA, die Europäische Union und andere globale Partner müssten | |
darauf vorbereitet sein, einer weiteren russischen Eskalation mit | |
zusätzlichen Sanktionen zu begegnen. | |
Putin hatte am Donnerstag angedroht, die Gaslieferungen an die Ukraine zu | |
stoppen. In Briefen an 18 EU-Staaten warnte er, dadurch könne der | |
Gastransfer in die EU erheblich beeinträchtigt werden. | |
Obama und Merkel sprachen vor allem über die besorgniserregende Lage in der | |
Ostukraine. Sie forderten Moskau erneut auf, seine Truppen aus dem | |
Grenzgebiet abzuziehen. Die Kanzlerin und der US-Präsident betonten die | |
Wichtigkeit einer starken finanziellen Unterstützung der internationalen | |
Gemeinschaft für die Ukraine. | |
Die Besetzung von Verwaltungsgebäuden im Osten und Süden der Ukraine sei | |
eine „orchestrierte Kampagne der Aufwiegelung und Sabotage“, mit der der | |
ukrainische Staat destabilisiert werden solle, erklärte das Büro des | |
US-Präsidenten. Dies geschehe „offenbar mit Unterstützung aus Moskau“. | |
## Räumung der besetzten Häuser | |
Bei dem Telefonat sei es am Donnerstagabend insbesondere um die Themen des | |
bevorstehenden Treffens der Außenminister der USA, Russlands, der Ukraine | |
sowie der EU-Außenbeauftragten gegangen, sagte ein Regierungssprecher in | |
Berlin. Das Krisentreffen soll am kommenden Donnerstag in Genf stattfinden. | |
Die Regierung in Kiew will am Freitag eine Räumung von besetzten | |
staatlichen Gebäuden erreichen. Interimspräsident Alexander Turtschinow hat | |
den prorussischen Demonstranten im Osten der früheren Sowjetrepublik | |
Straffreiheit in Aussicht gestellt, sollten sie die seit Tagen besetzten | |
Häuser räumen. Die Verhandlungen waren zuletzt aber sehr zäh verlaufen. | |
Am Donnerstag verstärkten die Demonstranten indes ihre Barrikaden mit | |
Stacheldraht und Sandsäcken. Innenminister Arsen Awakow hatte den Besetzern | |
mit Räumung gedroht. Die Demonstranten fordern ein lokales Referendum. | |
Dabei könnte es auch um eine „Unabhängigkeit“ ihrer Region gehen. Die | |
Regierung in Kiew wirft Moskau vor, mit Hilfe von Provokateuren Unruhe zu | |
schüren. | |
## „Beachtliche Streitkräfte“ | |
Nach Ansicht hoher Nato-Militärs sind rund 35.000 bis 40.000 russische | |
Soldaten im Grenzgebiet zur Ukraine jederzeit einsatzbereit. „Dies sind | |
beachtliche Streitkräfte von hoher Einsatzbereitschaft. Und sie sind in der | |
Lage, sich sehr rasch zu bewegen“, sagte der britische Brigadegeneral Gary | |
Deakin, Direktor des Zentrums für Krisenmanagement im militärischen | |
Nato-Hauptquartier in Mons (Belgien), am Donnerstag vor Journalisten. | |
Russland bezeichnete die vorgelegten Satelliten-Aufnahmen dagegen als | |
veraltet. | |
Laut Nato sind an mehr als 100 Standorten Artillerie, Panzerfahrzeuge, | |
Hubschrauber, Spezialeinheiten, Kampfflugzeuge sowie die dazugehörenden | |
Logistikeinheiten stationiert. Die meisten Einheiten befänden sich in | |
provisorischen Unterkünften, Flugzeuge und Fahrzeuge stünden im Freien. | |
„Das sind keine Truppen, die sich immer dort befinden, wo sie gerade sind“, | |
sagte Brigadegeneral Deakin. Die Einheiten würden seit drei bis vier Wochen | |
auch nicht - etwa zu Manöverzwecken – bewegt: „Es ist sehr ungewöhnlich, | |
eine so große Truppe so lange einfach in der Landschaft stehen zu lassen.“ | |
Russlands stellvertretender Verteidigungsminister Anatoli Antonow sprach | |
von einer „Gruselgeschichte“ der Nato. „Auf den Bildern sind Einheiten des | |
Südlichen Wehrbezirks zu sehen, die im Sommer 2013 geübt haben. Damals | |
fanden auch im Raum der ukrainischen Grenze Manöver statt“, sagte ein | |
Offizier des Generalstabs am Donnerstag in Moskau der Staatsagentur Ria | |
Nowosti. | |
Die Nato sprach zudem von gepanzerten Verbänden, die an verschiedenen Orten | |
nur 40 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt entlang großer | |
Fernstraßen stationiert seien. „Sie sind zweifellos in der Lage, sehr rasch | |
in die Ukraine vorzurücken, falls ihnen das befohlen wird.“ Allerdings gebe | |
es keine Klarheit über die Absichten des russischen Militärs. Die Zahl der | |
Soldaten – die Schätzungen der Nato beruhen vor allem auf der Menge von | |
Fahrzeugen und Zelten – habe sich ungeachtet russischer Abzugsankündigungen | |
nicht verändert. | |
Deakin sagte, er rechne in der kommenden Woche, auf jeden Fall aber | |
innerhalb der kommenden 14 Tage, mit einer Entscheidung des Nato-Rates über | |
eine verstärkte Militärpräsenz der Nato in den östlichen Bündnisstaaten. | |
Die Militärs haben auf Anweisung der Nato-Außenminister „sichtbare | |
Maßnahmen“ vorgeschlagen, die den östlichen Nato-Mitgliedern den Schutz | |
durch das Bündnis demonstrieren. | |
## „Angemessen und deeskalierend“ | |
Deakin wollte nicht sagen, welche Maßnahmen die Militärs vorschlagen. Neben | |
einer verstärkten Luftüberwachung gelten auch Manöver als wahrscheinlich. | |
Eine ständige Stationierung substanzieller Streitkräfte sei aber nicht | |
geplant. Der General versicherte, die Maßnahmen seien „angemessen und | |
deeskalierend“. | |
Die USA werfen Russlands Präsident Wladimir Putin in der Ukraine-Krise vor, | |
Gaslieferungen als Machtmittel missbrauchen zu wollen. „Wir verurteilen die | |
russischen Versuche, Energie als ein Zwangsmittel gegen die Ukraine zu | |
nutzen“, sagte die Sprecherin im Außenamt in Washington, Jen Psaki. | |
Ähnlich äußerte sich das Weiße Haus. Es sei „völlig unangemessen, | |
Energieexporte einzusetzen, um diplomatische oder geopolitische Ziele zu | |
erreichen“, sagte Regierungssprecher Jay Carney am Donnerstag. Dies habe | |
man gegenüber Moskau deutlich gemacht. | |
Putin hatte mehrere Staats- und Regierungschefs der EU über die kritische | |
Lage in der Ukraine wegen wachsender Gasschulden bei Russland informiert. | |
Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, Putin habe in einem Brief vor den Folgen | |
für den Gastransit gewarnt und zugleich einen Dialog für eine Krisenlösung | |
vorgeschlagen. | |
Wegen unbezahlter Rechnungen hatte Russland der Ukraine zuletzt 2009 das | |
Gas zeitweilig abgestellt, was auch zu Lieferengpässen in der EU geführt | |
hatte. Zudem hatte Moskau im Zuge der Spannungen mit Kiew jüngst die Preise | |
für die Ukraine erhöht. Experten halten einen neuen Gas-Konflikt für | |
möglich. | |
11 Apr 2014 | |
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