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# taz.de -- Debatte Neuer Kalter Krieg: Der Kriegslogik entgehen!
> Militärische Muskelspiele sind ein Zeichen von Schwäche – und vor allem
> ein gefährliches Spiel mit dem Feuer.
Es ist im Westen nichts Neues: Jedes Mal, wenn irgendwo ein Konflikt
eskaliert, werden all jene, die zur Zurückhaltung und Mäßigung raten, als
naive Deppen denunziert. Das gilt hierzulande umso mehr, wenn „wir“ oder
befreundete Staaten involviert sind. Wer gegen den Irakkrieg war, musste
sich vorwerfen lassen, geheime Sympathien für Saddam Hussein zu hegen. Wer
die segensreiche Wirkung der israelischen Feldzüge gegen Hisbollah und
Hamas bezweifelte, geriet in den Verdacht, ein Antisemit zu sein. Und wer
jetzt nicht davon überzeugt ist, das kräftiges Säbelrasseln der Nato einen
Putin zum Einlenken bringen wird, der gilt als Putin-Versteher. So weit, so
öde und altbekannt.
Neu ist aber, wie schnell manche Linke und Liberale heute dieser Propaganda
erliegen und bereit sind, einer Militarisierung von Konflikten das Wort zu
reden, wenn sie nur ausreichend mit einer der beiden Konfliktparteien
sympathisieren. Vom Konflikt selbst muss man dafür gar nicht so viel
verstehen: es genügt eine diffuse Solidarität mit einer der beiden Seiten
und lautstarke Betroffenheit, wenn diese in die Defensive gerät. Zwar ist
es angesichts der Ostblock-Vergangenheit nur verständlich, dass gerade in
Osteuropa viele Menschen der Meinung sind, der Westen müsste mehr tun, um
das russische Hegemonialstreben in der Region in die Schranken zu weisen.
Aber auch die russische Minderheit in der Ukraine hat Grund, sich vor einer
weiteren Loslösung ihres Landes vom großen Nachbarn zu fürchten.
Was der Westen genau über die bereits verhängten Sanktionen hinaus tun
sollte, darauf gibt es keine Antwort, die nicht unkalkulierbare Risiken
bergen würde. Dass militärische Drohgebärden Putin zum Einlenken zwingen,
ist längst nicht ausgemacht. Es befördert ganz im Gegenteil die Gefahr,
dass es zu ungewollten Kettenreaktionen kommt. Genau so ist Europa einst in
den Ersten Weltkrieg geschlittert, aus dieser Erfahrung lernte die erste
deutsche Friedensbewegung. Auch deren prominente Vertreter wie Albert
Einstein, Carl von Ossietzky oder Berta von Suttner mussten sich einst als
humanitätsduselige „Sittlichkeitsfanatiker“ beschimpfen lassen. Heute wür…
man sie wohl gönnerhaft als „Gutmenschen“ bezeichnen.
Wer aber glaubt, die Rezepte aus dem Kalten Krieg würden heute noch taugen,
verweist gerne darauf, schon die Sowjetunion wäre ja am Wettrüsten mit den
westlichen Staaten zugrunde gegangen. Das aber ist ein Mythos. Vielmehr
waren es die Entspannungspolitik von Willy Brandt und die Verführungskraft
von Kapitalismus und Demokratie, die dazu geführt haben, dass die Mauern
des Ostblocks zu bröckeln begannen. Oder, mit anderen Worten: „Soft Power“
und Diplomatie. Ein längerer Atem und mehr Selbstbewusstsein, was deren
Überlegenheit betrifft, würde den westlichen Staaten gut zu Gesicht stehen.
Militärische Muskelspiele dagegen sind ein Zeichen von Schwäche – in
Russland wie auch bei uns, im Westen.
## Waffen für den Weltfrieden? Vier Debattenbeiträge:
Chefredakteurin Ines Pohl führt in den Debattenstand ein: [1][Der Krieg in
unseren Köpfen.]
Bernd Pickert fordert uns auf, Russland zu verstehen, schließlich könne
einen Krieg, aber auch den Frieden nur gewinnen, wer seinen Feind versteht.
[2][Russland verstehen!]
Dem hält Dominic Johnson entgegen, dass nur wer Stärke zeige, eine
gewaltbereiten Aggressor in die Schranken weisen kann. [3][Stärke zeigen!]
Klaus Hillenbrand schließlich mahnt ein Ende der rhetorischen Gewaltspirale
an, da, wer den Gegener dämonisiere, dabei das rationale Denken ausschalte
und den Krieg herbeirede. [4][Keine Dämonisierung!]
29 Apr 2014
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## AUTOREN
Daniel Bax
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Nato
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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