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# taz.de -- Deutsche Bundesstiftung Umwelt: Ein Lobbyist als Aufseher
> Jahrelang war er Chef der mächtigen Bundesstiftung Umwelt. Nun bekommt
> Fritz Brickwedde einen Sitz im Kuratorium der Stiftung.
Bild: Für den ehemaligen DBU-Chef Fritz Brickwedde hat die Bundesregierung ext…
BERLIN taz | In der Wirtschaft ist die Praxis verboten: Wenn ein Vorstand
in den Aufsichtsrat seiner Firma wechseln will, muss er mindestens zwei
Jahre in einer Art „Abkühlphase“ warten. Das beschloss die Große Koalition
im Jahr 2009, um Interessenskonflikte zwischen altem und neuem Job zu
vermeiden. Für die bundeseigene „Deutsche Bundesstiftung Umwelt“ (DBU)
gelten andere Regeln. Und so bekommt die DBU, die größte Umweltstiftung der
Welt, jetzt ein neues Kuratorium, in dem der Ex-Chef der DBU zur CDU-nahen
grauen Eminenz wird.
Am Mittwoch hat das Bundeskabinett die 16 neuen Mitglieder des
Aufsichtsgremiums berufen – und das Kuratorium gleichzeitig um den
ehemaligen Generalsekretär der DBU, Fritz Brickwedde erweitert. Mit diesem
juristisch einwandfreien, aber ungewöhnlichen und intern umstrittenen
Schritt sichert sich die Union Einfluss auf zweistellige Millionenbeiträge,
die jährlich in die Umweltforschung in Deutschland fließen.
Brickwedde gilt als Vertrauter von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und
ist inzwischen Präsident der Lobbyorganisation „Bundesverband Erneuerbare
Energien“ (BEE). Das Kuratorium setzt sich ansonsten aus Vertreterinnen von
Politik, Wissenschaft, Unternehmen und Gewerkschaften zusammen. Es wird für
fünf Jahre berufen.
Mitglieder sind etwa die Abgeordneten Eva Bulling-Schröter (Linke), Cajus
Cäsar (CDU) und Bärbel Höhn (Grüne), der Umweltminister von Niedersachsen,
die Staatssekretäre aus den Bundesministerien für Umwelt, Finanzen und
Forschung. Neben Petra Gerstenkorn von der Gewerkschaft Verdi sollen auch
die Wissenschaftler Christoph Leuschner (Ökosystemforschung), Martin zur
Nedden (Urbanistik) oder Marion Weissenberger-Eibl (System- und
Innovationsforschung) die Arbeit der DBU kontrollieren und begleiten.
## 22 Jahre DBU aufgebaut und geleitet
Generalsekretär der DBU ist seit Oktober 2013 Heinrich Bottermann, der
zuvor an der Spitze des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz
in Nordrhein-Westfalen stand. Er folgte auf Brickwedde, der 22 Jahre lang
die DBU aufgebaut und geleitet hatte.
Das Stiftungsvermögen der DBU von inzwischen etwa zwei Milliarden Euro
stammt ursprünglich aus der Privatisierung der bundeseigenen Salzgitter AG.
Bislang hat die Stiftung etwa 1,5 Milliarden Euro an Projektförderungen
etwa für Passivhäuser, Forschung an Energieeffizienz, erneuerbaren Energien
oder Konsumverhalten ausgegeben.
Die Zuschüsse sollen laut Satzung besonders der Umweltforschung des
deutschen Mittelstands zu Gute kommen. Bottermann hat angekündigt, er wolle
sich als DBU-Chef vermehrt um die Förderung der Energiewende kümmern. Da
kommt die Berufung von Brickwedde offenbar gerade recht. Der gut vernetzte
Ex-DBU-Chef war erst im Oktober 2013 zum neuen Präsidenten des BEE gewählt
worden. Dieser „Dachverband der Erneuerbaren Energien-Branche“ vertritt
nach eigenen Angaben „die Interessen von 26 Verbänden und Organisationen
mit 30.000 Einzelmitgliedern, darunter 5000 Unternehmen.“ Solche Vertreter
von Wirtschaftsverbänden gab es bisher im Kuratorium der DBU nicht.
## „Keine privaten wirtschaftlichen Vorteile“
Brickwedde sagte der taz, durch seine Berufung würden alle Regeln der
Bundesregierung zum Umgang mit Ämtern eingehalten. Er werde sich auch im
Kuratorium „aus bestimmten Bereichen heraushalten“, etwa bei der Kontrolle
des Geschäftsführers und des operativen Geschäfts. „Ich bin Diener der
Stiftung, die mir eine Herzensangelegenheit ist“, so Brickwedde. Auch durch
seine ehrenamtliche Tätigkeit als BEE-Präsident sieht er keinen
Interessenkonflikt. „Ich habe keine privaten wirtschaftlichen Vorteile. Und
bei den Zielen des BEE und der DBU gibt es keinen Unterschied. Die DBU
macht seit 23 Jahren Energiewende.“
Das Bundesumweltministerium begründete die Erweiterung des Kuratoriums um
zwei Plätze mit dem „erweiterten Ressortzuschnitt“, des Hauses, der nun
auch Bauen und Stadtentwicklung umfasst. Intern hatte sich die SPD
allerdings vergeblich gegen eine Berufung von Brickwedde gewehrt. Dessen
Karriere als Herr über die DBU-Milliarden hatte aber schon 2005 der
damalige grüne Umweltminister Jürgen Trittin nicht aufhalten können.
Bei einer Kampfabstimmung über die Verlängerung seiner Amtszeit setzte sich
Fritz Brickwedde durch. Gegen ihn votierte die damalige Staatssekretärin im
Finanzministerium: Barbara Hendricks - heute SPD-Bundesumweltministerin.
Und Brickweddes unterlegener Gegenkandidat damals hieß Jochen Flasbarth –
heute Umwelt-Staatssekretär bei Hendricks.
1 May 2014
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Erneuerbare Energien
Lobbyismus
Umweltpolitik
Europa
Erneuerbare Energien
Natur
Forschungspolitik
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