# taz.de -- Nachruf auf Musiker Juan Formell: Lokführer der Salsa | |
> „Los Van Van“ heißt Kubas berühmteste Salsaband. Am Donnerstag starb ihr | |
> Mitbegründer, der geniale Songwriter Juan Formell, in Havanna. | |
Bild: Juan Formell erhielt 2013 den Latin Grammy für sein Lebenswerk. | |
„Ich bin doch nur der historische Direktor, habe den Job doch lange | |
abgegeben“, erklärte Juan Formell mit einem kecken Lächeln bei einem seiner | |
letzten Interviews. Understatement war typisch für den Bandleader von Kubas | |
berühmtester Salsakapelle Los Van Van. Formell ist am Donnerstag in Havanna | |
gestorben wie das staatliche Fernsehen bekanntgab. Die Urne mit seiner | |
Asche wird im Nationaltheater Kubas am Platz der Revolution aufgebahrt, | |
berichtete die Juventud Rebelde, die Zeitung des kommunistischen | |
Jugendverbandes. | |
Auch wenn sich Juan Formell in den letzten Jahren mehr und mehr | |
zurückgezogen und seinem Sohn Samuel, Schlagzeuger und Arrangeur, die | |
Leitung von Los Van Van übertragen hatte, kommt die Nachricht vom Tod des | |
71-jährigen drahtigen Mannes doch sehr überraschend. | |
Schließlich hatte Juan Formell im letzten Jahr noch einmal seine | |
Kreativität unter Beweis gestellt und mehrere Stücke zum aktuellen Album | |
„La Fantasía“ beigesteuert. Wenige Monate später erhielt er den Latin | |
Grammy für sein Lebenswerk. | |
Zu Recht, denn der zurückhaltende Bassist und Komponist, ist eine der | |
prägenden Figuren der kubanischen Salsa. Hits wie „La Habana no aguanta | |
más“ oder „Este te pone la cabeza mala“ haben sich generationsübergreif… | |
in den Gehörgängen einer ganzen Nation festgesetzt. Los Van Van, die Band, | |
die Juan Formell gemeinsam mit dem Pianisten Cesar „Pupy“ Pedroso und dem | |
Percussionisten José Luis „Changuito“ Quintana 1969 aus der Taufe hob, | |
betraten immer wieder musikalisches Neuland. | |
## Die Charanga aufgepeppt | |
Erst wurde die Charanga, das bis dahin gängige Orchesterformat, mit | |
Elektro-Bass und Keyboards aufgepeppt, dann Pop- und Funk-Elemente in den | |
kubanischen Bigband-Sound aufgenommen. Dabei balancierte die „Lokomotive | |
der kubanischen Pop-Musik“, wie Los Van Van in Kuba genannt werden, auf dem | |
schmalen Grad zwischen Internationalisierung und nationaler Identität. | |
Dafür sorgten Congas und Timbales, genuine kubanische | |
Percussion-Instrumente. Aus ihnen entstand der Sound, der in Kuba als | |
„Songo“ bekannt wurde. Er geht vor allem auf Juan Formell zurückgeht. Davon | |
zeugen unzählige Preise, die Los Van Van erhielten. Mittlerweile tun sie | |
sich zwar schwerer sich gegenüber dem omnipräsenten Reggaetón zu behaupten, | |
schon allein deshalb fehlt Juan Formells Ideenreichtum. | |
Er überraschte immer wieder, sei es durch die Kooperation mit Flamenco-Star | |
David El Cigala oder durch den Einsatz neuer Musiker. Nun muss sein Sohn | |
Samuel zeigen, dass er in die Fußstapfen des Lokomotivführer der Salsa | |
Cubana treten kann. | |
2 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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