# taz.de -- Besetzte Bezirksverwaltung in Donezk: Volksrepublik hinter Barrikad… | |
> Im Inneren des Gebäudes stellen sich die Aktivisten auf eine längere | |
> Blockade ein. Die Eingänge sind verrammelt, der Einlass ist streng | |
> begrenzt. | |
Bild: Pro-russischer Kämpfer vor dem Schutzwall im Zentrum von Donezk. | |
DONEZK taz | Eng wie ein Nadelöhr ist der Eingang durch die Barrikaden vor | |
der Donezker Bezirksverwaltung, die seit ihrer Besetzung Anfang April durch | |
Kämpfer der „Volksrepublik Donezk“ Zentrum der Aufständischen in der | |
ostukrainischen Metropole ist. Dieser Eingang ist die einzige Möglichkeit, | |
das von den Aufständischen hermetisch abgeriegelte Gelände zu betreten. | |
Stacheldraht, Barrikaden aus Möbeln, Sandsäcken, Holzpfeilern und | |
bewaffnete Posten machen ein Betreten der Bezirksverwaltung ohne einen | |
Passierschein der „Volksrepublik Donezk“ oder einen von der „Volksrepubli… | |
ausgestellten Ausweis nicht möglich. Bekommen kann man den Passierschein in | |
einem Zelt der Kommunistischen Partei der Ukraine. | |
Hinter dem Barrikadeneingang hören über hundert Menschen die russischen | |
Nachrichten, die über einen Lautsprecher über den Platz schallen. Aus den | |
Fenstern in den höheren Stockwerken wehen Fahnen der „Volksrepublik“, ein | |
Transparent mit der Aufschrift „Referendum“ zieht sich fast über das ganze | |
Gebäude. | |
Beim Betreten des Erdgeschosses wird man zum ersten Mal aufgefordert, den | |
Passierschein vorzuzeigen. Die verbarrikadierten Türen und Fenster lassen | |
kaum Licht in das Innere. Doch auch im Dunkeln des Erdgeschosses ist die | |
Zerstörung der Wände und Böden zu erkennen. | |
Auf dem Gang und im Treppenhaus herrscht ein emsiges Treiben. Uniformierte, | |
Männer in Anzug und Krawatte, Studentinnen und Rentnerinnen bieten ein | |
buntes Bild. Man richtet sich ein auf eine Belagerung. Kaum einer, der kein | |
Sankt-Georgs-Bändchen trägt. Diese Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg ist | |
zum einigenden Symbol der prorussischen Bewegung in der Ostukraine | |
geworden. | |
## Plakate und Gefangene | |
An den Wänden des Treppenhauses rufen Plakate zur Teilnahme am Referendum | |
auf, warnen vor faschistischen Provokateuren und erinnern daran, dass im | |
Haus Alkoholverbot herrscht. | |
Im Gegensatz zum Erdgeschoss ist der siebte Stock weitgehend unversehrt | |
geblieben. Hier ist der Sitz der Presseabteilung der „Volksrepublik | |
Donezk“. Plötzlich dringen Schreie und wütende Rufe vom Vorplatz der | |
Bezirksverwaltung nach oben. „Sieht ganz so aus, als hätten unsere Leute | |
wieder einen Faschisten enttarnt“, kommentiert Klavdia von der Pressestelle | |
die Szene. Ungewöhnlich scheint es nicht, dass ein Mensch vom anderen Lager | |
von den Kräften der „Volksrepublik“ in Gewahrsam genommen wird. Schließli… | |
könne man Faschisten ja nicht einfach so laufen lassen. „Doch wir behandeln | |
unsere Gefangenen fair“, sagt sie. „Wir geben ihnen anständig zu essen, | |
versorgen sie medizinisch. Die andere Seite ist da anders. Wer denen in die | |
Hände gerät, wird brutal gefoltert.“ | |
Hundert Meter vor der besetzten Bezirksverwaltung warten Kamerawagen mit | |
ihren Satellitenantennen auf ein gutes Bild. Ukrainische Teams sind nicht | |
darunter. Die haben Drehverbot. | |
7 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
## TAGS | |
Ostukraine | |
Donezk | |
Referendum | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Ukraine | |
Ukraine | |
Ostukraine | |
Donezk | |
Wladimir Putin | |
Kyjiw | |
Ukraine | |
Ukraine | |
Ukraine | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Geschichtsbilder in der Ukraine: Der Krieg um den Krieg | |
Am 9. Mai drohen Konflikte zwischen ukrainischen Nationalisten und | |
prorussischen Kräften. Denn das Land ist erinnerungspolitisch gespalten. | |
Krise in der Ostukraine: „Wie in einem Irrenhaus“ | |
Es gibt Anzeichen für eine Entspannung in der Ostukraine – und für eine | |
weitere Eskalation. Aber auch einige der Russland-Befürworter haben Angst. | |
Referenden im Osten der Ukraine: Separatisten bleiben bei Abstimmung | |
Russlands Präsident hatte sich für die Verschiebung der Referenden in der | |
Ostukraine ausgesprochen. Die Separatisten wollen trotzdem am 11. Mai | |
abstimmen. | |
Osten der Ukraine: Russische Truppen ziehen ab | |
Wladimir Putin hält ein Referendum im Osten der Ukraine für verfrüht, in | |
Donezk soll es trotzdem stattfinden. Ein verordneter Krimlehrplan sorgt in | |
Russland für Protest. | |
Referenden in der Ostukraine: Putin fordert Verschiebung | |
Rückschlag für die Separatisten in Donezk und Lugansk: Der russische | |
Präsident ist vorerst gegen die umstrittenen Unabhängigkeitsreferenden in | |
der Ostukraine. | |
Kommentar Abstimmungen Ukraine: Chaotische Abstimmungen | |
Im Osten wird gekämpft. In Kiew verweigert das Parlament seine Mitwirkung | |
an einer Volksbefragung. Und weitere Konflikte sind bereits in Sicht. | |
Presse in der Ukraine: Die ungeliebten Berichterstatter | |
Journalisten werden in der Ukraine nicht selten brutal an der Ausübung | |
ihres Berufs gehindert. Und zwar von beiden Konfliktparteien. | |
Kommentar Lösung der Ukraine-Krise: Eine Aufgabe für die OSZE | |
Der Weg von Kugeln in der Ukraine zu runden Tischen ist weit – und führt | |
über Genf. Doch Dialog können nur internationale Vermittler ermöglichen. | |
Alltag in der Ostukraine: Die Parallelwelten von Donezk | |
Die einen hoffen auf eine russische Invasion. Andere haben Angst. Die | |
Mehrheit in der „Volksrepublik Donezk“ aber lebt weiter, als sei nichts | |
geschehen. |