# taz.de -- Osten der Ukraine: Russische Truppen ziehen ab | |
> Wladimir Putin hält ein Referendum im Osten der Ukraine für verfrüht, in | |
> Donezk soll es trotzdem stattfinden. Ein verordneter Krimlehrplan sorgt | |
> in Russland für Protest. | |
Bild: Ob das was bringt? Ein prorussischer Aktivist randaliert an einem Firmeng… | |
MOSKAU ap/afp | Angesichts der Eskalation im Osten der Ukraine sendet | |
Russlands Präsident Wladimir Putin Signale der Entspannung: Die russischen | |
Truppen an der ukrainischen Grenze seien zurückgezogen worden, sagte Putin | |
am Mittwoch. Auch appellierte er an die prorussischen Kräfte in Donezk, ihr | |
für Sonntag geplantes Referendum zu verschieben. | |
In Moskau empfing der Kreml-Chef den schweizerischen Präsidenten Didier | |
Burkhalter, der auch Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und | |
Zusammenarbeit in Europa ist. | |
„Wir glauben, dass es das Wichtigste ist, einen direkten, vollständigen | |
Dialog zwischen den Behörden in Kiew und den Repräsentanten im Südosten der | |
Ukraine zu etablieren“, sagte Putin. „Deswegen bitten wir die Vertreter der | |
Südostukraine, Unterstützer der Föderalisierung des Landes, verschiebt das | |
am 11. Mai geplante Referendum, um die notwendigen Voraussetzungen für | |
einen solchen Dialog zu schaffen.“ | |
Das Referendum über die Autonomie vom Rest der Ukraine wird von | |
prorussischen Kräften in Donezk vorbereitet. Sie haben bereits | |
Hunderttausende Wahlzettel gedruckt. Der Vorsitzende der Wahlkommission der | |
sogenannten Donezker Volksrepublik, Roman Ljagin, sagte der | |
Nachrichtenagentur ap, trotz Putins Äußerung werde an dem Referendum | |
festgehalten. | |
## Orte für „reguläre Manöver“ | |
Putin sagte, die russischen Kampfverbände seien von der Grenze in | |
Stützpunkte und Orte für „reguläre Manöver“ verlegt worden. Ein Sprecher | |
des Moskauer Verteidigungsministeriums wollte auf Nachfrage keine Angaben | |
zu den genauen Standorten machen. | |
Russland hatte nach westlichen Erkenntnissen Zehntausende Soldaten an der | |
Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Dies nährte Befürchtungen, dass ein | |
Einmarsch bevorstehen könnte. Putin hatte sich nach dem Umsturz in der | |
Ukraine Ende Februar eine Militärintervention vom Parlament genehmigen | |
lassen. | |
Putin rief zugleich die ukrainischen Streitkräfte auf, alle Operationen | |
gegen prorussische Aktivisten einzustellen. Diese haben in mindestens einem | |
Dutzend ostukrainischer Städte Polizeiwachen und öffentliche Gebäude | |
besetzt. Ukrainische Truppen waren in den vergangenen Tagen vor allem in | |
Slawjansk gegen Aufständische vorgegangen. Dabei gab es nach Kiewer Angaben | |
mindestens 35 Tote. In der Schwarzmeerstadt Odessa waren am Wochenende bei | |
Zusammenstößen prorussischer und proukrainischer Demonstranten mehr als 40 | |
Menschen ums Leben gekommen. | |
## Dezentralisierung der Macht in der Ukraine | |
Putin bezeichnete die für den 25. Mai geplante Präsidentenwahl in der | |
Ukraine als „Schritt in die richtige Richtung“. Er wiederholte aber den | |
russische Standpunkt, dass vor Wahlen in der Ukraine eine Verfassungsreform | |
stattfinden sollte. Moskau wünscht föderale Strukturen in der Ukraine, was | |
den Einfluss der Zentralregierung in Kiew reduzieren würde. Der nach dem | |
Sturz des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch in Kiew gegründeten | |
Übergangsregierung spricht Moskau die Legitimität ab. | |
Neben der OSZE intensivierten auch die Vereinten Nationen und | |
Großbritannien ihre diplomatischen Bemühungen zur Schlichtung des | |
Konflikts. Am Mittwoch traf von Moskau kommend der UN-Untergeneralsekretär | |
für politische Angelegenheiten, Jeffrey Feltman, in Kiew ein. Auch der | |
britische Außenminister William Hague nahm in der ukrainischen Hauptstadt | |
Gespräche mit der Übergangsregierung auf. | |
Einer der aussichtsreichsten ukrainischen Präsidentschaftsbewerber, der | |
Milliardär Petro Poroschenko, sagte bei einem Besuch in Berlin, die | |
Aufständischen im Osten des Landes verstünden nur „die Sprache der Gewalt�… | |
Für bewaffnete Separatisten dürfe es „null Toleranz“ geben. Zu | |
Verhandlungen über eine Dezentralisierung der Macht in der Ukraine und ein | |
Referendum sei er aber bereit, vorausgesetzt die Volksabstimmung sei frei | |
und fair. | |
## Protest in Russland | |
An russischen Schulen muss indes die Sichtweise der Regierung zur Annexion | |
der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim gelehrt werden. Wegen der | |
offiziellen Anweisung werfen immer mehr Lehrer Moskau | |
Indoktrinierungsversuche wie zu Sowjetzeiten vor, wie die Tageszeitung | |
Kommersant am Mittwoch berichtete. „Die Regierung trägt offen ihre | |
Ideologie in die Schulen“, sagte der Geschichtslehrer und Schulbuchautor | |
Leonid Kazwa dem Blatt. | |
Das Bildungsministerium veröffentlichte auf seiner Website einen Lehrplan, | |
der Lehrern das Thema vorschreibt: „Krim und Sewastopol: ihre historische | |
Rolle für Russland.“ Der Anweisung zufolge hatte die Annektierung einen | |
„friedenssichernden und humanitären“ Charakter und diente dem Ziel, „die | |
geopolitischen Interessen und die Interessen der russischen und | |
russischsprachigen Bevölkerung zu schützen“. | |
Nicht alle Lehrer wollen ihren Schülern diese Interpretation aufdrängen. | |
„Offenkundig denkt das Bildungsministerium, Schulen seien zu Propaganda | |
verpflichtet“, sagte Iwan Kurilla von der Universität in Wolgograd | |
Kommersant. Die Schüler würden von sich aus Fragen zur Krim stellen, und | |
diese müssten „offen und ehrlich besprochen werden“, sagte die | |
Schuldirektorin Natalja Ljubomirskaja aus Moskau. | |
7 May 2014 | |
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