# taz.de -- Aktionstag gegen die WM in Brasilien: Viele Gründe, sauer zu sein | |
> Der Aktionstag gegen die Fußball-WM in Brasilien hat Tausende auf die | |
> Straße getrieben. Die Regierung hat erkannt: Es geht nicht um die WM. | |
Bild: São Paolo am Donnerstag: Schon tagsüber errichteten Demonstrierende Str… | |
RIO DE JANEIRO taz | „Es wird keine WM geben, aber Streiks!“ Schnell hat | |
sich die WM-kritische Protestbewegung in Rio de Janeiro die unzufriedene | |
Stimmung in der Stadt zu eigen gemacht. Lehrer, die seit Montag im Ausstand | |
sind, streikende Uni-Angestellte und Busfahrer lenkten ihre Demonstrationen | |
dorthin, wo sich am Donnerstagnachmittag Hunderte zum ersten | |
internationalen Protesttag gegen die Copa, die Fußball-Weltmeisterschaft, | |
versammelten. | |
So waren es immerhin an die 4.000 Menschen, die mit kämpferischen Parolen | |
zum Rathaus zogen. Wie bei den Massendemos im vergangenen Juni richtete | |
sich der Protest gegen die hohen staatlichen Ausgaben für das | |
Sportspektakel, die nach Meinung der Demonstranten besser in Bildung, | |
Gesundheit und öffentlichen Nahverkehr investiert werden sollten. | |
Auf Transparenten und Pappschildern wurden die Räumung Tausender aus ihren | |
Wohnungen und die Aufpolierung des Stadtzentrums kritisiert. „WM für wen?", | |
wurde gefragt. „Ohne Rechte für alle wird es keine WM für die Reichen | |
geben", antworteten andere Pappschilder. Am Ende kam es zu einigen | |
Rangeleien, teilweise setzte die Polizei Tränengas ein, um die | |
Demonstration zu beenden. Sonst blieb es weitestgehend friedlich. | |
Auch in rund 50 weiteren Städten wie Belo Horizonte, Porto Alegre oder der | |
Hauptstadt Brasilia gingen Menschen gegen die WM auf die Straße. Ziel waren | |
meist die neuen Stadien, die die meisten nie von innen sehen werden. In der | |
Metropole São Paolo kam es schon tagsüber zu Straßenblocken und | |
Protestzügen in mehreren Stadtteilen. Bei zahlreichen Auseinandersetzungen | |
wurden mindestens 40 Menschen festgenommen. | |
„Ein gelungener Auftakt," freute sich die Aktivistin Beatriz Carvalho, die | |
die Proteste in anderen Städten auf ihrem Handy verfolgte. Sie glaube | |
nicht, dass es wieder zu richtigen Massendemonstrationen kommen werde. | |
„Aber eine ruhige Copa wird es nicht werden. Es gibt zu viele Gründe, sauer | |
zu sein.“ | |
## Die Regierung setzt auf Spaltung | |
Auch viele rote Fahnen von kleinen linken Parteien und den Gewerkschaften | |
waren im Verlauf des Protesttages zu sehen. Die organisierten Linken wurden | |
im vergangenen Juni oft ausgebuht oder von den großen Demonstrationen | |
vertrieben – vielen sahen in ihnen Unterstützer der regierenden | |
Arbeiterpartei PT. Damals protestierten viele Menschen pauschal gegen | |
Korruption und machten alle Politiker, vor allem die Regierenden, für ihre | |
Unzufriedenheit verantwortlich. Teilweise gelang es den oppositionellen | |
Massenmedien gar, rechten Inhalte der breiten Proteste in den Vordergrund | |
zu rücken. | |
Seitdem haben die Proteste eine klarere politische Ausrichtung gewonnen, | |
und sind dementsprechend kleiner. Auch die Angst vor Gewalt hält heute | |
viele vom Demonstrieren ab. Seit im Juni ein Schwarzer Block entstand, kam | |
es immer wieder zu heftigen Straßenschlachten mit der Polizei. | |
Allerorten setzte die Regierung auf Spaltung – in gute, friedliche | |
Demonstranten und die „Vandalen“. Ein geplantes Gesetz, das Unruhestifter | |
als „Terroristen“ anprangert und hohe Haftstrafen vorsieht, ist zwar diese | |
Woche auf Eis gelegt worden. Dennoch sprechen Aktivisten von einer | |
Kriminalisierung der sozialen Bewegungen und machen die aggressive Polizei | |
für die meisten Tumulte verantwortlich. | |
„Heute geht es erst einmal darum, unser Recht auf Meinungsäußerung | |
durchzusetzen, das angesichts des Streits um die WM nicht mehr garantiert | |
ist." sagte Sandra Quintela vom WM-kritischen Comitê Popular da Copa in Rio | |
de Janeiro angesichts des massiven Polizeiaufgebots. | |
Derweil wiegelt die Regierung ab. Es gehe bei den Protesten gar nicht um | |
Missstände rund um die WM, kommentierte Präsidialamtsminister Gilberto | |
Carvalho die zahlreichen Demonstrationen. Die Menschen nutzten nur das | |
Scheinwerferlicht, um „Forderungen zu präsentieren, die legitim sind, aber | |
wenig mit der WM zu tun haben". | |
16 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Andreas Behn | |
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