# taz.de -- Kommentar WM-Aktionstag in Brasilien: Die Aufbruchstimmung ist vorb… | |
> Nur einige Tausende sind in Brasilien auf die Straße gegangen. Zwar ist | |
> ihre Kritik berechtigt, doch so schlecht sind die Zustände im Land nicht. | |
Bild: Ungeliebte Weltmeisterschaft: wütende Demonstranten in Rio. | |
Vier Wochen vor dem Anpfiff hat mit einem Aktionstag am Donnerstag der | |
[1][Protest gegen die Fußball-WM in Brasilien] begonnen. Im ganzen Land | |
gingen Menschen auf die Straße, um ihrem Unmut über die politischen und | |
sozialen Zustände im Land Luft zu machen. | |
Aber es waren nicht die Hunderttausende, die im vergangenen Juni plötzlich | |
demonstrierten und ein politisches Erdbeben auslösten. Es herrscht keine | |
Aufbruchstimmung, zum Protest versammelten sich am Donnerstag vor allem | |
Aktivisten, Gewerkschafter und linke Splitterparteien – kaum mehr als | |
einige Tausend in den Großstädten. | |
Die Gründe sind vielfältig. Viele haben Angst vor brutalen | |
Polizeiübergriffen oder keine Lust auf die Randale der Schwarzvermummten, | |
die immer häufiger die Schlagzeilen bestimmen. Die Regierung trägt zur | |
Abschreckung bei: Gegen Unruhestifter müsse konsequent vorgegangen werden, | |
ließ sie wissen, verlor aber kaum ein Wort über die prügelnden Polizisten | |
und die Tränengasschwaden. Die bedrohliche Aufteilung in gute und böse | |
Demonstranten hält viele davon ab, überhaupt noch zu demonstrieren. | |
Wichtiger noch ist die politische Polarisierung: Die Massen waren | |
unzufrieden, hatten aber keine klaren Vorstellungen, wie die Zustände | |
verbessert werden können. Gegen „korrupte Politiker“ aller Couleur zu sein | |
ist einfacher, als Veränderungen voranzutreiben. Derzeit wird der Protest | |
von linken Aktivisten und sozialen Bewegungen getragen, denen sich viele | |
Unzufriedene nicht zugehörig fühlen. Sie warten ab, wie sich die Dinge | |
entwickeln. | |
## Zwiespältige Rolle der Rechten | |
Zwiespältig ist dabei die Rolle der Rechten. Im vergangenen Jahr sprangen | |
sie rechtzeitig auf den Zug auf und versuchten – teils mit Erfolg –, die | |
Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit in Unmut gegen die regierende | |
Arbeiterpartei PT zu verwandeln. Nun steht die Präsidentschaftswahl vor der | |
Tür: Das Chaos samt genüsslich vorgeführter Organisationsmängel ist gute | |
Munition im Wahlkampf. Letztlich hält Präsidentin Dilma Rousseff für das | |
nationale Projekt der „Copa" den Kopf hin. | |
Nicht zuletzt geht es auch um das Image. Auch wenn von rechts zu | |
Wahlkampfzwecken alles schlecht geredet wird und die nationale wie | |
internationale Presse Brasilien kurz vor dem Zusammenbruch sieht, sind die | |
Zustände jenseits der Debatte um die WM nicht so katastrophal. | |
Zwar ist die Kritik der WM-Gegner in jedem Punkt berechtigt, und Rousseff, | |
ihre Partei und ihre oft dubiosen Koalitionspartner werden zurecht zur | |
Verantwortung gezogen. Dennoch ist heute in Brasilien vieles besser als vor | |
10 oder 20 Jahren. So mancher unzufriedener Brasilianer hat die Lust zu | |
demonstrieren verloren, wenn das Land vor den Augen der Welt dann als | |
gescheitert dargestellt wird. | |
16 May 2014 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Behn | |
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