| # taz.de -- Nach dem Grubenunfall in der Türkei: Grubenmanager festgenommen | |
| > Die Führung des Grubenbetreibers ist festgenommen, und Soma bleibt | |
| > abgeriegelt. In Istanbul planen Gezi-Aktivisten unterdessen weiteren | |
| > Protest. | |
| Bild: Mit Tränengas und Wasserwerfern ging die Polizei am Samstag gegen Protes… | |
| ISTANBUL taz/afp/rtr | Fünf Tage nach dem folgenschwersten Grubenunglück in | |
| der Geschichte der Türkei sind laut Medienberichten 24 Menschen | |
| festgenommen worden, darunter die Führung des Zechenbetreibers. Die | |
| Staatsanwaltschaft wolle Haftbefehl gegen fünf Manager der Betreiberfirma | |
| beantragen, unter ihnen Generaldirektor Akin Celik, berichtete der | |
| türkische Fernsehsender NTV. | |
| Dutzende Staatsanwälte waren am Freitag mit den Ermittlungen zum | |
| Bergwerksunglück von Soma beauftragt worden, bei dem am Dienstag nach | |
| amtlichen Angaben 301 Bergarbeiter getötet wurden. Laut türkischen | |
| Medienberichten werfen die Ermittler den Betreibern der Zeche | |
| Fahrlässigkeit vor. Die Regierung in Ankara hatte dem Bergbauunternehmen | |
| Soma Kömür Isletmeleri dagegen tagelang öffentlich bescheinigt, nicht gegen | |
| Sicherheitsauflagen verstoßen zu haben. | |
| Die Zeitung Milliyet verwies am Samstag unter Berufung auf einen | |
| vorläufigen Ermittlungsbericht auf zahlreiche Sicherheitsmängel in der | |
| Grube, etwa das Fehlen von Rauchmeldern oder Fluchträumen. Grubenchef Alp | |
| Gürkan hatte sich 2012 damit gebrüstet, die Produktionskosten von 130 | |
| Dollar (rund 95 Euro) auf 24 Dollar pro Tonne gesenkt zu haben. | |
| Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte bei einem Besuch in Soma am | |
| Mittwoch Grubenunglücke als unvermeidbar bezeichnet und damit wütende | |
| Massenproteste ausgelöst. | |
| ## Soma ist abgeriegelt | |
| Am Sonntag blieb Soma zur Unterdrückung von Protesten abgeriegelt. Hunderte | |
| von Polizisten patrouillierten seit Ende der Bergungsarbeiten am Samstag in | |
| den Straßen, während andere an der Zufahrtstraße Ausweise kontrollierten. | |
| Sogenannte „Provokateure“, sagte der zuständige Polizeichef, würden nicht | |
| mehr in die Stadt gelassen. Wer damit gemeint ist, musste am Samstag eine | |
| Gruppe linker Anwälte aus Istanbul feststellen, die in Soma Angehörige von | |
| Opfern des Unglücks bei den bevorstehenden Verhandlungen um Entschädigungen | |
| beraten wollte. Die Anwälte wurden am Ortseingang festgehalten und weil sie | |
| sich angeblich weigerten sich auszuweisen, in eine abgedunkelte Lagerhalle | |
| verschleppt und verprügelt. Einer der Anwälte musste anschließend mit einem | |
| gebrochenen Arm ins Krankenhaus, die anderen mussten die Stadt verlassen. | |
| Angehörige von Opferfamilien reden seit Freitag nicht mehr mit der Presse, | |
| weil sie von der Minengesellschaft und der Polizei unter Druck gesetzt | |
| werden. Sie haben Angst, die in Aussicht gestellte Entschädigung zu | |
| verlieren. | |
| Auch am Sonntag kontrollierte die Polizei die Stadtgrenzen von Soma. Alle | |
| ortsfremden Fahrzeuge wurden angehalten und durchsucht. Türkische Reporter | |
| berichten, die Menschen von Soma seien mittlerweile so eingeschüchtert, | |
| dass niemand mehr wagt den Mund aufzumachen. | |
| ## Vorbereitungen für den Gezi-Jahrestag | |
| Doch nicht nur in Soma versucht die Polizei, Proteste gegen die dreiste | |
| Haltung der Regierung, die jede Verantwortung für die Katastrophe | |
| kategorisch zurückweist, zu unterdrücken. In Istanbul, Ankara, Izmir und | |
| weiteren Städten wurden Demonstrationen und andere Proteste mit dem Einsatz | |
| heftiger Polizeigewalt unterbunden. | |
| Selbst stumme Trauer ist nicht erlaubt. Als am Freitagabend im Istanbuler | |
| Stadtteil Kadiköy hunderte junge Leute eine lange Schlange bildeten, Kerzen | |
| aufstellten und sich auf die Straße setzten, schritt die Polizei ein und | |
| prügelte die Jugendlichen aus dem Weg. | |
| Am Sonntagnachmittag findet erstmals seit Monaten wieder eine große | |
| Versammlung verschiedener Gezi-Initiativen in einem Park in Istanbul statt. | |
| Es sollen Vorbereitungen für den Jahrestag am 31. Mai und Reaktionen auf | |
| das Unglück in Soma diskutiert werden. | |
| 18 May 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürgen Gottschlich | |
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