| # taz.de -- Hetzkampagne gegen „Spiegel“-Reporter: Kehle durchschneiden | |
| > Ausländische Medien geraten in der Türkei zunehmend unter Druck. | |
| > „Spiegel“-Reporter Hasnain Kazim verließ vorerst das Land. | |
| Bild: Hasnain Kazim, 40, ist seit August 2013 „Spiegel“-Korrespondent in Is… | |
| ISTANBUL taz | Seitdem der größte Teil der türkischen Presse von der | |
| regierenden AKP und ihrem Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan entweder | |
| auf Linie gebracht oder eingeschüchtert wurde, richtet sich der Zorn des | |
| Regierungschefs jetzt immer häufiger auch gegen die ausländischen Medien. | |
| Jüngstes Opfer ist der Spiegel-Reporter Hasnain Kazim. Weil er in einer | |
| Spiegel-Online-Reportage über das Bergwerksunglück in Soma einen | |
| aufgebrachten Kumpel mit dem Satz zitiert hatte, Erdogan solle sich zur | |
| Hölle scheren, setzten Anhänger der AKP eine Kampagne gegen ihn in Gang, | |
| die letztlich sogar in Morddrohungen gipfelte. | |
| Obwohl Hasnain Kazim in einem weiteren Artikel klarstellte, dass er | |
| lediglich einen Bergarbeiter in Soma zitiert und keineswegs selbst über | |
| Erdogan geurteilt habe, riss die Kampagne nicht ab. Kazim erhielt Tausende | |
| Tweets, Facebook-Einträge und E-Mails, in denen ihm aufgebrachte | |
| Erdogan-Fans mitteilten, „Fahr selbst zur Hölle“ oder sogar damit drohten, | |
| ihm die Kehle durchzuschneiden, damit er schneller in die Hölle komme. | |
| Erdogan selbst verurteilte die Berichterstattung ausländischer Medien über | |
| die Katastrophe in Soma am Dienstag in einer Rede vor seiner Fraktion als | |
| unausgewogen und falsch, ohne jedoch auf einzelne Zeitungen oder | |
| Fernsehsender einzugehen. Es ist aber nicht das erste Mal, dass der | |
| türkische Regierungschef sich über die Berichterstattung ausländischer | |
| Zeitungen oder Fernsehsender beschwert. Bei Pressekonferenzen pflegt er | |
| unbequeme Fragensteller selbst anzugehen, sodass es schon zu einer Art | |
| Mutprobe geworden ist, dem türkischen Regierungschef überhaupt noch eine | |
| kritische Frage zu stellen. | |
| Insbesondere in Krisensituationen mussten ausländische Sender bereits | |
| mehrfach als Blitzableiter herhalten. So wurde die CNN-Moderatorin | |
| Christiane Amanpour, nachdem sie im letzten Jahr eine kritische Sendung | |
| über die Gezi-Proteste moderiert hatte, von verschiedenen | |
| Regierungsmitgliedern und der regierungsnahen türkischen Presse geradezu | |
| gemobbt und CNN-Reporter wurden bei Demonstrationen von der Polizei mehr | |
| verfolgt als geschützt. | |
| Besonderen Zorn hat sich die BBC-Korrespondentin Rengin Arslan zugezogen, | |
| die wegen ihrer kritischen Berichte vom AKP-Bürgermeister von Ankara, Melih | |
| Gökcek, sogar als israelische Spionin denunziert wurde. Wegen ihrer | |
| kritischen Soma-Berichterstattung warfen regierungsnahe Zeitungen ihr vor, | |
| sie hätte statt einer Betroffenen eine Schauspielerin interviewt, die dann | |
| ein vorgefertigtes Statement abgegeben habe – ein Vorwurf, den die BBC als | |
| glatte Lüge zurückwies. | |
| Aus dem Land ausgewiesen wurde in letzter Zeit aber lediglich ein | |
| unglücklicher Kollege aus Aserbaidschan, der als Reporter der Gülen-nahen | |
| Zeitung Zaman zwischen die Fronten der Regierung und der Gülen-Bewegung | |
| geraten war. Bei einem holländischen Kollegen wurde im letzten Jahr mit dem | |
| Entzug der Akkreditierung gedroht, die Drohung aber letztlich doch nicht | |
| umgesetzt. | |
| Hasnain Kazim ist zwar jetzt für einige Tage nach Hamburg gereist bis die | |
| Kampagne etwas abgeflaut ist, will dann aber wieder nach Istanbul | |
| zurückkehren, um als Korrespondent weiterzuarbeiten. Am Samstag wird er | |
| erst einmal über Erdogans Auftritt in Köln berichten. „Bei der | |
| Akkreditierung hat man mich geradezu zuvorkommend behandelt“, meinte | |
| Hasnain Kazim am Telefon. „Ich hoffe, dass die Affäre nicht weiter | |
| aufgebauscht wird, auch nicht von den Erdogan-Gegnern, die teilweise | |
| ebenfalls versucht haben, die Geschichte für ihre Interessen zu | |
| instrumentalisieren.“ | |
| 22 May 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürgen Gottschlich | |
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