# taz.de -- Putins Staatsbesuch in China: Zappeln vor dem Megadeal | |
> Russlands Präsident sucht die Nähe zu China. Doch so ganz spielt der | |
> Gastgeber nicht mit. Eine Einigung beim Gasabkommen bleibt aus. | |
Bild: Für die Medien gab es eine herzliche Begrüßung: Wladimir Putin und Xi … | |
PEKING taz | Das Abendessen an Putins erstem Tag in Shanghai sollte | |
eigentlich der krönende Höhepunkt seines zweitägigen China-Aufenthalts | |
werden. Bis dahin sollten die seit nunmehr zwei Jahrzehnten andauernden | |
Verhandlungen um den Liefervertrag für russisches Gas in die Volksrepublik | |
beendet sein. Doch eine Einigung blieb am Dienstag aus. Chinas Führung | |
lässt den russischen Staatspräsidenten weiter zappeln – oder umgekehrt. | |
Wie schon in den vergangenen Jahren konnten sich die Regierungsdelegationen | |
der beiden Großmächte vor allem beim Preis nicht einigen. „Am Preis muss | |
noch gearbeitet werden“, bestätigte ein Kreml-Sprecher am späten | |
Dienstagabend. | |
Moskau besteht weiterhin darauf, dass der Tarif dem Niveau seiner Exporte | |
nach Europa entspricht. Peking will das Gas zu sehr viel günstigeren | |
Konditionen. Doch dieses Mal ist die Situation eine andere. Die chinesische | |
Seite weiß: Putin steht derzeit unter erheblichem Druck. | |
Dabei war das Abkommen bislang vor allem ein Anliegen der chinesischen | |
Seite. Russland soll über die nächsten 30 Jahre China täglich in etwa so | |
viel Gas liefern wie die Russen derzeit in Deutschland absetzen. Rund 38 | |
Milliarden Kubikmeter im Jahr soll die Liefermenge bis 2020 betragen, | |
danach soll die Kapazität schrittweise bis auf das Doppelte aufgestockt | |
werden. | |
## Der Dollar spielt keine Rolle | |
Das Abkommen könnte das Weltgefüge verändern. Denn abgerechnet werden soll | |
direkt in Rubel beziehungsweise auf Yuan-Basis, der chinesischen Währung. | |
Der Dollar spielt bei dem Geschäft keine Rolle mehr. Erstmals blieben | |
Europäer und US-Amerikaner bei einem so umfangreichem Geschäft völlig außen | |
vor. | |
Solange Russlands Gasgeschäfte mit Europa liefen, zeigte Putin nur wenig | |
Eile bei den Verhandlungen. Doch das hat sich im Zuge der Ukraine-Krise | |
drastisch geändert. Die EU-Länder drohen mit Handelssanktionen, Moskau | |
umgekehrt mit einem Lieferstopp. | |
Der China-Besuch und das Abkommen, das auf einen Schlag große Teile des | |
Absatzes in Europa kompensieren würde, kommt dem russischen Präsidenten | |
daher sehr gelegen. „China ist unser verlässlicher Freund“, hatte der | |
Kreml-Chef vor Abflug nach Shanghai zu chinesischen Medien gesagt. Die | |
Zusammenarbeit mit der Volksrepublik auszuweiten sei „zweifellos Russlands | |
diplomatische Priorität“. | |
Doch so ganz wie Putin es sich erwünscht hat scheinen die Chinesen nicht | |
mitzuspielen. Peking hat erkannt, unter welchem Druck der russische | |
Präsident außenpolitisch derzeit steht und versucht, den Verhandlungspreis | |
für die Russen nach oben zu treiben. Zusätzlich zum Gasabkommen will China | |
auch deutliche Investitionserleichterungen, die chinesischen | |
Geschäftsleuten auf russischem Boden bislang verweigert wurde – zu groß ist | |
die Angst der Russen vor der wirtschaftlichen Dominanz der Chinesen. | |
## Wirtschaftsabkommen unterzeichnet | |
Putin hat bereits deutliche Eingeständnisse gemacht. Gemeinsam mit Chinas | |
Staatspräsidenten Xi Jinping nahm Putin am ersten Tag an einer Zeremonie | |
zur Unterzeichnung von 48 Wirtschaftsabkommen im Umfang von mehreren | |
Milliarden US-Dollar teil. | |
Bereits im kommenden Jahr soll Chinas gesamtes Handelsvolumen mit Russland | |
100 Milliarden Dollar erreichen, fünf Jahre später stehen bereits 200 | |
Milliarden Dollar in Aussicht. „China mausert sich zum großen Gewinner der | |
Krise“, analysiert Moritz Rudolf vom Mercator Institut für China-Studien | |
(Merics) die neue Situation. Die chinesische Führung nutze Russlands | |
Konflikt um die Ukraine und betreibe eine Schaukelpolitik zwischen Europa | |
und Russland um sich maximale Vorteile zu verschaffen. | |
Beim so umfangreichem Gasabkommen will Putin nicht so leicht klein beigeben | |
– zumindest nicht am ersten Tag seiner Reise. Es gibt ja noch Tag Zwei. | |
20 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
## TAGS | |
Wladimir Putin | |
Russland | |
China | |
Wirtschaftsabkommen | |
Gaslieferungen | |
China | |
Ukraine | |
Russland | |
Präsidentschaftswahl | |
Russland | |
Ukraine | |
Indien | |
Nato | |
Handel | |
Ukraine | |
Aufrüstung | |
China | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bundeskanzlerin in China: Merkel schätzt verschlossene Türen | |
Bei ihrem Besuch in der Volksrepublik spricht die Bundeskanzlerin sehr wohl | |
Menschenrechtsfragen an – aber nicht öffentlich. | |
Energiepolitik im Ukraine-Konflikt: EU will sich von Russland lösen | |
Die EU-Kommission fordert mehr Energieeffizienz und mehr Flüssiggas aus | |
Golfstaaten, um unabhängiger von Russland zu werden. Erneuerbare kommen im | |
Konzept nicht vor. | |
Kommentar Putin in China: Echte Freunde – für den Westen | |
Sind Russland und China nach dem Milliarden-Deal nun beste Gas-Kumpels? | |
Nein – aber Putin und Xi Jinping haben Interesse daran, diesen Anschein zu | |
erwecken. | |
Ukrainische Präsidentenwahl: Massenaufgebot an Polizisten | |
55.000 Polizisten und 20.000 Freiwillige sollen am Sonntag während Wahl für | |
Sicherheit sorgen. Der Runde Tisch tagt erneut. Die USA drohen Russland mit | |
härteren Sanktionen. | |
Energiepolitik in Russland: Für dreißig Jahre flüssig | |
Russland wird drei Jahrzehnte lang Gas an China liefern. Die beiden Staaten | |
haben nach jahrelangen Verhandlungen einen Vertrag über 290 Milliarden Euro | |
beschlossen. | |
Krise in der Ukraine: Mit Kanonen auf Spatzenschiffe | |
Russland hat inmitten der Krise eine Interkontinentalrakete getestet. In | |
der Ukraine werden per SMS Spenden für die Kriegsflotte gesammelt. Die | |
Verhandlungen gehen weiter. | |
Kommentar Machtwechsel in Indien: Die multipolare Welt | |
Der Sieg in Indien markiert eine neue Etappe der Weltpolitik: Die Dominanz | |
des Westens ist vorbei, doch die Menschheitsziele gehen verloren. | |
Debatte Ukraine: Keine Angst um die Nato | |
Russland erhöht ständig seine Militärausgaben, Putin setzt fast nur auf die | |
Macht der Waffen. Muss der Westen jetzt aufrüsten? Keineswegs. | |
Russland: Im Zweifel für den Handel | |
Ungeachtet der sich zuspitzenden Krise in der Ukraine präsentiert sich | |
Bremen stolz auf der „Deutschen Woche“ in Wladimir Putins Heimatstadt St. | |
Petersburg. | |
Russland und die Ostukraine: Die Waffenschmiede Moskaus | |
Nicht nur die Ukraine ist von Russland abhängig. Auch Moskau ist auf | |
Rüstungsimporte aus den Ostprovinzen seines Nachbarlands angewiesen. | |
Bericht zu globalen Militärausgaben: 1. USA, 2. China, 3. Russland | |
Fast alle Länder haben 2013 mehr Geld in Waffen gesteckt als im Vorjahr, | |
wie der Bericht des Instituts Sipri zeigt. Ausnahme: die USA. | |
Debatte Deutschlands China-Politik: Ewig grüßt die Doppelmoral | |
Solange die Deutschen weiter Panzer nach Saudi-Arabien liefern, wird | |
Merkels Kritik an Chinas Menschenrechtspolitik ins Leere laufen. |