# taz.de -- Anschläge in Nigeria: Boko Harams neue Taktik | |
> Bei zwei Attentaten in Jos wurden am Dienstag dutzende Menschen getötet, | |
> viele weitere verletzt. Die Islamisten von Boko Haram werden als Täter | |
> vermutet. | |
Bild: Rauch steigt nach dem Bombenanschlag an einer Bushaltestelle auf. | |
ABUJA taz | Nach Kano nun also Jos. Zwei Autobomben haben in der Stadt in | |
Zentralnigeria am Dienstagnachmittag offenbar mindestens 118 Menschen in | |
den Tod gerissen, was die staatliche Agentur für Katastrophenmanagement | |
(NEMA) am Morgen danach bestätigt hat. 64 Verletzte werden nun in | |
verschiedenen Krankenhäusern behandelt. Die zeitgleichen Explosionen am | |
Terminus Market, der im Stadtzentrum liegt, waren offenbar kilometerweit zu | |
hören. Die Suche nach weiteren Opfern sollte am Mittwochmorgen fortgesetzt | |
werden. | |
Es ist bereits der zweite Anschlag in einer der großen Städte in Nord- und | |
Zentralnigeria innerhalb einer Woche. Erst am Montag war in Kano, | |
Millionenmetropole und Wirtschaftszentrum des Nordens, im Stadtteil Sabon | |
Gari eine Bombe explodiert. Sabon Gari – übersetzt heißt das so viel wie | |
neue Stadt – ist jenes christliche Viertel mit vielen Kneipen, die | |
versteckt im Hinterzimmer Bier und Schnaps anbieten. Es ist die Ausgehmeile | |
in der durch und durch muslimisch geprägten Stadt. | |
Bisher hat sich noch niemand zu den Anschlägen bekannt. Es gilt aber als | |
wahrscheinlich, dass die islamistische Gruppierung Boko Haram Drahtzieher | |
ist und nun den Druck auf die Regierung erhöhen will. Vor einer Woche hatte | |
deren Chef, Abubakar Shekau, per Videobotschaft gefordert, die mehr als 200 | |
entführten Schülerinnen aus Chibok gegen alle inhaftierten Terroristen | |
auszutauschen. Die nigerianische Regierung hatte das abgelehnt. Während des | |
Terrorismus-Sondergipfels in Paris am Wochenende sagten die Teilnehmer Boko | |
Haram den Krieg an. Boko Haram reagierte mit neuen Anschlägen darauf. | |
## Für wenig Geld und ein paar Drogen | |
Dabei waren die Städte Kano und Jos in den vergangenen Monaten | |
weitestgehend in Ruhe gelassen worden, obwohl es auch dort in der | |
Vergangenheit schwere Anschläge gegeben hatte. In Kano starben im Januar | |
2012 beispielsweise knapp 200 Menschen bei zeitgleichen Angriffen. Es war | |
ein Schock für ganz Nigeria. Ein gutes Jahr später wurde der Busbahnhof zum | |
Ziel. | |
Auch Jos war vermehrt ins Visier der Terroristen gerückt. So hatte es im | |
März 2012 einen Anschlag auf eine katholische Kirche gegeben. Gerade in Jos | |
sowie im gesamten Bundesstaat Plateau – dessen Slogan heißt bis heute „Home | |
of Peace and Tourism“ – gilt die Lage als besonders fragil. Seit mehr als | |
zehn Jahren kommt es dort regelmäßig zu blutigen Ausschreitungen, die nach | |
einem Religionskrieg aussehen. Gerade arbeitslose Jugendliche werden für | |
wenig Geld und ein paar Drogen rekrutiert, um angeblich im Namen der | |
Religion gegen Andersgläubige zu kämpfen. Tatsächlich geht es jedoch um die | |
Frage, wer in der Region Land und Landrechte besitzt. Zugezogene, oftmals | |
muslimische Haussa, seit mehr als 100 Jahren in Plateau, gelten noch immer | |
als Siedler ohne Rechte auf Land. Ein Anschlag von Boko Haram gilt dort wie | |
ein brennendes Streichholz, das in Benzin geworfen wird. | |
Am Dienstagabend hatte auch der nigerianische Präsident Goodluck Jonathan | |
den Anschlag verurteilt. Über Twitter ließ dessen Sprecher Reuben Abati | |
verkünden, die Anstrengungen im Kampf gegen den Terrorismus sollen erhöht | |
werden. | |
21 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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