# taz.de -- Tempelhof-Debatte in der taz: Alles ist offen | |
> Bei einer Veranstaltung im taz-Café prallten am Mittwoch die Positionen | |
> von Gegnern und Befürwortern des Tempelhofer Felds aufeinander. | |
Bild: Bei der Veranstaltung im tazcafé. Senator Michael Müller ließ sich ab … | |
BERLIN taz | Ohne eine Breitseite gegen den parteipolitischen Widersacher | |
konnte es nicht abgehen: „Ich finde es zutiefst unehrlich, wie Sie hier mit | |
dem Bürgerwillen umgehen“, warf Stadtentwicklungssenator Michael Müller | |
(SPD) seinem Kontrahenten Daniel Wesener, Landesvorsitzender der Grünen, an | |
den Kopf. | |
Dessen offene Flanke: Die Grünen werben zwar für den Gesetzentwurf der | |
Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“, der am Sonntag zur Abstimmung | |
steht und eine Bebauung auf der riesigen Freifläche verbietet. Aber | |
eigentlich hätten sie gar kein Problem damit, wenn das Feld entwickelt | |
würde – nur eben nicht so, wie der Senat es will. | |
Die Berlin-Redaktion der taz hatte am Mittwochabend zu einer | |
Diskussionsveranstaltung unter dem Motto „Wohnen oder Leben“ ins tazcafé | |
geladen. An die hundert Interessierte waren gekommen – fast ausschließlich | |
Mitglieder oder Befürworter der Initiative, weshalb Müller und der Chef der | |
landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land, Ingo Malter, sich | |
mehr als einmal gegen aufgebrachte Zwischenrufe wehren mussten. | |
Der Senator, für den die Entscheidung am Sonntag auch eine Imagefrage ist, | |
kämpfte engagiert für die Bau-Pläne und kritisierte indirekt auch seine | |
Amtsvorgängerin Ingeborg Junge-Reyer: Ja, man habe zu lange abgewartet, | |
während die Spannung auf dem Wohnungsmarkt gewachsen sei. Jetzt müsse aber | |
dringend gehandelt und neuer Wohnraum „in innerstädtischen Lagen mit dem | |
vollem Mobilitätsangebot“ geschaffen werden: „Den Menschen, die nach Berlin | |
ziehen, können wir doch nicht sagen: Schön, dass ihr kommt, aber wohnen | |
könnt ihr hinter den sieben Bergen.“ | |
Für Wesener geht der Masterplan des Senats an den Bedürfnissen der Stadt | |
vorbei. „Sie wollen eine Berliner Mischung in den Wohnquartieren auf dem | |
Tempelhofer Feld“, kritisierte er Müller und Malter, „aber ein Viertel der | |
BerlinerInnen hat gar keine Chance, dort eine Wohnung zu bekommen.“ | |
Dazu seien die angestrebten Kaltmieten zwischen 6 und 8 Euro für einen Teil | |
der Wohnungen immer noch zu hoch. Den Kompromiss-Entwurf, der in Gesprächen | |
zwischen allen Fraktion hergestellt werden sollte, habe der Senat platzen | |
lassen, weil er sich auf nichts Konkretes habe festlegen wollen. | |
Michael Schneidewind, der für die Volksinitiative auf dem Podium saß, hielt | |
sich aus der wohnungspolitischen Debatte weitgehend heraus und machte | |
lieber ein anderes Fass auf: Die bestehenden Formen der Bürgerbeteiligung | |
seien obsolet und spiegelten den Willen der Mehrheit nicht wider. | |
Sein Vorschlag: Bei „Schlüsselprojekten“ wie der Entwicklung des | |
Tempelhofer Feldes solle es am Ende immer ein Referendum geben. Was | |
Stadt-und-Land-Chef Malter zu der Replik verleitete, man könne nicht alle | |
Entscheidungen von den Bürgern treffen lassen, sondern müsse sich an das | |
Urteil der Fachleute halten. „Wenn ich Zahnschmerzen habe, gehe ich zum | |
Zahnarzt und frage nicht die Leute in meiner Straße.“ | |
Im Laufe des Abends bestätigte sich vor allem ein Eindruck: Alles ist | |
möglich am Sonntag. Weder die eine noch die andere Seite ist sich ihrer | |
Sache sicher – oder will es nicht zeigen. | |
Nicht zu überhören war auch das Schweigen des SPD-Politikers Müller zum | |
Neubau der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB), dem Leib-und-Magen-Projekt | |
seines Genossen Klaus Wowereit. Am Ende hatte das jüngst vom | |
Landesrechnungshof kritisierte Vorhaben nur einen einsamen Fürsprecher im | |
Publikum. | |
22 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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