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# taz.de -- Bibliothek auf dem Tempelhofer Feld: Sag mir, wo die Kosten sind
> Anders als behauptet weiß der Senat nicht, wie viel der Neubau der
> Zentral- und Landesbibliothek an verschiedenen Standorten kosten würde.
Bild: Können Sie die Erdkrümmung in der Weite des Feldes erkennen?
Der Senat weiß nicht, welche Kosten an verschiedenen möglichen Standorten
für die geplante Zentral- und Landesbibliothek entstehen würden. Die
„Nutzwertanalyse“, auf die der Senat hierfür verweist, ist für einen
solchen Kostenvergleich jedenfalls völlig ungeeignet. Die Behauptung des
Senats, ein Neubau auf dem Tempelhofer Feld sei die günstigst4e
Alternative, entpuppt sich damit als haltlos. Somit entfällt auch ein
wichtiges Argument des Senats gegen den Volksentscheid am Sonntag, „100 %
Tempelhofer Feld“.
Vor zwei Wochen hatte der Landesrechnungshof erhebliche Vorwürfe gegen den
Senat erhoben: Dieser habe bei der Planung gegen ein Gesetz verstoßen.
Dieses schreibt vor: „Für alle finanzwirksamen Maßnahmen sind angemessene
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen.“
Mit dem Wort „wirtschaftlich“ ist dabei nicht gemeint, dass ein Bauprojekt
sich durch seine Einnahmen selbst tragen muss – eine Bibliothek wird sich
nie selbst finanzieren. Es geht stattdessen um einen möglichst
wirtschaftlichen Einsatz der Haushaltsgelder. Wo bekommt man am meisten
Bibliothek für sein Geld? Oder andersherum gefragt: Wo bekommt man die
Bibliothek, die man braucht, mit möglichst geringen Bau- und Folgekosten?
Dazu muss, so will es das Gesetz, ein Vergleich der „relevanten
Lösungsmöglichkeiten und deren Nutzen und Kosten“ vorliegen.
Der Rechnungshof kritisierte vor zwei Wochen, der Senat habe diese Vorgabe
verletzt: Die „Kosten und Folgekosten wurden nicht beziehungsweise nicht
nachvollziehbar angegeben“.
Volker Heller, Vorstand der Zentral- und Landesbibliothek, wies den Vorwurf
noch am gleichen Tag zurück: „Der Rechnungshof bezieht sich auf einen
veralteten (…) Stand der Dinge.“ Der Rechnungshof habe nicht bei der ZLB
selbst nachgefragt. Die Ansinnen wären „lange vorhanden und einfach auf
unserer Website nachzulesen gewesen“.
Auch die Senatskanzlei wies die Vorwürfe des Rechnungshofes zurück. Man
habe „die Wirtschaftlichkeit – insbesondere im Vergleich zu anderen in
Betracht kommenden Lösungsalternativen – durch systematische
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen nachgewiesen“, hieß es in einer
Pressemitteilung.
Auf taz-Nachfrage können ZLB und Senatskanzlei nun aber nur beantworten,
wie hoch die Kosten für den Neubau auf dem Tempelhofer Feld sein sollen:
270 Millionen Euro. Für die alternativen Standorte gibt es überhaupt keine
Schätzung der Baukosten. Stattdessen verweisen ZLB und Senatskanzlei auf
eine „Nutzwertanalyse potenzieller Standorte“.
In dieser Nutzwertanalyse werden die fünf verschiedenen
Standortalternativen einzeln aufgeführt, in verschiedenen Kategorien werden
jeweils 1 bis 10 Punkte vergeben. Eine dieser Kategorien beschäftigt sich
mit den Baukosten. Die Kategorie lautet allerdings nicht „absolute Höhe der
Baukosten“, sondern „bautechnische Risiken/Kostenrisiken des Baus“. Der
Neubau auf dem Tempelhofer Feld erhält darin 9 Punkte, ein Erweiterungsbau
auf dem Gelände der Amerika-Gedenkbibliothek 7 Punkte, der Umbau des
bisherigen Standortes an der Breiten Straße 4 Punkte.
Zehn weitere Kategorien beschäftigen sich mit den Kosten für den laufenden
Betrieb der Bibliothek. In der Kategorie „Kompakte Organisierbarkeit der
Betriebsabläufe“ zum Beispiel erhält der Neubau auf dem Tempelhofer Feld 10
Punkte, ein Anbau zur Amerika-Gedenkbibliothek 8 Punkte. In der Kategorie
„Bibliotheksspezifische technische Ausrüstung“ erhält der Neubau ebenfalls
10 Punkte. Am Ende werden alle Punkte zusammengezählt: Der Neubau kommt auf
131 Punkte, die Amerika-Gedenkbibliothek auf 113 Punkte.
Das macht deutlich: Es existiert kein Kostenvergleich – sondern ein
Punktvergleich verschiedener Kostenkategorien, in dem die Höhe der
wichtigsten Kosten, also der Baukosten, nicht vorkommt.
„Die Kosten sind schwer kalkulierbar“, rechtfertigt das ZLB-Sprecherin Anne
Jacobi gegenüber der taz. In einer Broschüre der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung zum Kostenvergleich von Bauprojekten heißt es dazu:
„Natürlich kann niemand voraussagen, wie hoch bestimmte Kosten in Zukunft
sein werden. Auch Wirtschaft, Politik und ihre Berater gehen von Annahmen
aus. Zukünftige Kosten aus Mangel an ’objektiven‘ Daten zu ignorieren
bedeutet aber letztlich nur, so zu tun, als ob diese gar nicht entstünden.“
21 May 2014
## AUTOREN
Sebastian Heiser
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