| # taz.de -- Sonneborn im Europaparlament: Jedermanns Steigbügelhalter | |
| > Die Partei will in Brüssel mit permanentem Rücktritt viel Geld absahnen. | |
| > Das Spaßkonzept dürfte scheitern, prophezeien die Grünen. | |
| Bild: Kurzzeit-Abgeordneter Martin Sonneborn. | |
| BERLIN taz | Das Konzept des früheren Titanic-Chefredakteurs Martin | |
| Sonneborn klingt konsequent: „Wir melken die EU wie ein kleiner | |
| südeuropäischer Staat“, verspricht der Satiriker, kaum dass er für „Die | |
| Partei“ ins Europaparlament gewählt worden ist. 185.000 Wähler hatten sich | |
| hinter seinem Slogan „Ja zu Europa, nein zu Europa“ versammelt, das | |
| entsprach 0,6 Prozent der Stimmen und reichte für einen Sitz. | |
| Zur Umsetzung ihres Steuergeldverschwendungsprogrammes haben die | |
| Polit-Satiriker bereits einen konkreten Rotationsplan entworfen: Sonneborn | |
| selbst will nach nur einem Monat seinen Sitz im Europaparlament aufgeben. | |
| Und sein Parteifreund Leo Fischer kündigte der taz an: „Wir werden die Zeit | |
| vor allem damit verbringen, unsere Rücktritte zu organisieren und uns zu | |
| bereichern.“ | |
| Ansonsten wolle man „Kontakte zu Lobbyisten pflegen und das Büro für den | |
| Nachfolger aufräumen“. Das Ziel: 60 Parteimitglieder sollen in fünf Jahren | |
| durchs Parlament geschleust werden. Jeder soll dabei die Möglichkeit | |
| erhalten, 33.000 Euro abzusahnen und anschließend noch sechs Monate | |
| Übergangsgeld zu kassieren. | |
| Doch der Nonsens-Plan könnte an einer Hürde scheitern, die schon ganz | |
| andere Ideen gestoppt hat: der Brüsseler Bürokratie, in der für Spaß selten | |
| Platz ist. Einer von Sonneborns Parlamentskollegen, der grüne | |
| Spitzenkandidat und Finanzexperte Sven Giegold, hatte am Montagnachmittag | |
| schon die entsprechenden Paragraphen herausgewühlt, über die „Die Partei“ | |
| stolpern dürfte: Erstens bekämen Abgeordnete laut Artikel 13 des | |
| Abgeordnetenstatuts des Europaparlaments erst nach einem Jahr überhaupt | |
| einen Anspruch auf Übergangsgeld. | |
| ## „Schon in Bürokratie verstrickt“ | |
| In der einschlägigen Passage aus dem Handbuch für Abgeordnete, die Giegold | |
| zitiert, heißt es: „Der Abgeordnete des Europäischen Parlaments, der sein | |
| Mandat nach einer Amtszeit von mindestens einem Jahr niederlegt, hat | |
| Anspruch auf die Zahlung eines Übergangsgeldes, das der Entschädigung | |
| entspricht.“ | |
| Auch die Idee einer monatlichen Rotation wird nach Ansicht des Grünen nicht | |
| so einfach umsetzbar sein, wie „Die Partei“ ankündigt. Schließlich dürfe | |
| das Parlament „ausgiebig“ prüfen, ob ein Abgeordneter freiwillig seinen | |
| Sitz räume. „Solche Prüfungen können sich hinziehen“, orakelt der Grüne… | |
| er persönlich jedenfalls werde bei Sonneborn und dessen Parteifreunden für | |
| eine sehr intensive Kontrolle plädieren. In dieser Prüfphase dürfe der neue | |
| Abgeordnete den Posten aber noch nicht antreten. Pech für „Die Partei“. | |
| „Sonneborn ist noch nicht mal in Brüssel angekommen – aber er hat sich | |
| schon in der Bürokratie verstrickt“, lästert Giegold. Wer am Ende als | |
| Gewinner aus der Sache herausgehe – die Bürokratie oder „die Partei“, das | |
| sei offen. | |
| Die Kreativität der Satire-Partei ist also gefordert. Ob sie sich in | |
| Brüssel einer anderen Fraktion anschließt und dort erfahrenere Partner für | |
| ihr Melkkuh-Konzept findet, wird sich zeigen. „Wir sind bereit, uns | |
| jedermann als Steigbügelhalter anzubieten“, sagt jedenfalls Leo Fischer – | |
| es müsse sich einfach nur lohnen. | |
| 26 May 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Astrid Geisler | |
| Erik Peter | |
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