| # taz.de -- Konsequenz aus Ukraine-Krise: EU sagt Gazprom den Kampf an | |
| > Die Europäische Kommission stellt ihre neue Strategie zur | |
| > Energiesicherheit vor. Sie will Schutz vor EU-fremden Staatskonzernen und | |
| > sparsame Autos. | |
| Bild: Vorne Gazprom-Werbung, hinten passend dazu der Regierungssitz des russisc… | |
| BERLIN taz | Die EU macht Ernst mit langfristigen Konsequenzen aus der | |
| Ukrainekrise: Am Mittwoch präsentiert EU-Energiekommissar Günther Oettinger | |
| in Brüssel eine Strategie zur Energiesicherheit in Europa. Der taz liegt | |
| eine Vorabversion des 20-seitigen Papiers vor, das eine eindeutige | |
| Kampfansage gegen Konzerne wie Gazprom enthält. | |
| Die EU-Kommission fordert darin den „Schutz kritischer Infrastruktur“ wie | |
| Gaspiplines und Stromtrassen – nicht nur Naturkatastophen, sondern auch vor | |
| der Übernahme durch „Staatsfirmen, Nationalbanken oder Staatsfonds von | |
| Versorgerländern, die mehr darauf aus sind, auf den EU-Energiemarkt | |
| vorzudringen oder dessen Diversifikation zu behindern, als eine EU-weite | |
| Infrastruktur zu entwickeln“, heißt es in dem Papier. | |
| Der russische Staatskonzern Gazprom wird zwar nicht explizit erwähnt, das | |
| ganze Strategiepapier ist aber im Kontext einer Reaktion auf die | |
| Abhängigkeiten von Russland entstanden: Die EU bezieht 27 Prozent, | |
| Deutschland ein Drittel des Gases von dort, beim Öl sieht es ähnlich aus. | |
| Bereits seit der Gaskrise im Januar 2009 versucht die EU, das zu ändern: | |
| Damals stellte Gazprom für 20 Tage Erdgaslieferungen für die Ukraine ein, | |
| das Land leitete daraufhin zu wenig in die EU weiter. In einigen | |
| osteuropäischen Ländern saßen die Menschen in unbeheizten Wohnungen. | |
| ## Nie wieder ohne Heizung | |
| Kurzfristig will sich die EU zunächst für den nächsten Winter wappnen. Etwa | |
| durch mehr Gasvorräte, besonders im Baltikum, das zu 100 Prozent von | |
| russischem Erdgas abhängt. Langfristig sollen auch heimische fossile | |
| Rohstoffe besser ausgebeutet werden, etwa durch die umstrittene | |
| Fracking-Fördertechnik, die in den USA teilweise Trinkwasser verschmutzt. | |
| Aus den USA soll künftig auch mehr importiert werden: Die EU-Kommission | |
| will das umstrittenene Freihandelsabkommen TTIP nutzen, um die Regeln für | |
| die Einfuhr von verflüssigtem Erdgas zu erleichtern. | |
| Doch auch Energiewende spielt eine Rolle. „Langfristig ist die | |
| Energiesicherheit der EU untrennbar verbunden mit der Entwicklung hin zu | |
| einer wettbewerbsfähigen, CO2-armen Wirtschaft“, heißt es in dem Papier. | |
| Mittelfristig will die EU-Kommission die Energieeffizienz schneller | |
| verbessern als geplant und hat auch einen Angriff auf Angela Merkel parat: | |
| Die EU-Abgasnormen sollen nochmals überdacht werden, heißt es. | |
| Sie sollen den Verbrauch von Neuwagen ab 2020 senken und ist erst im | |
| vergangenen Jahr unter Einsatz der Bundeskanzlerin und auf Druck der | |
| deutschen Autoindustrie hin deutlich verwässert worden. Allerdings traut | |
| sich die EU-Kommission nicht, ein explizites, europaweites Ziel zur | |
| Energieeffizienz zu fordern. Das fehlt auch in den klima- und | |
| energiepolitischen Zielen bis 2030, die derzeit verhandelt werden. „Wenn | |
| die EU von russischem Gas unabhängiger werden will, muss sie vor allem ihre | |
| energie- und klimapolitischen Ziele für 2030 massiv anschärfen“, sagt der | |
| Grüne EU-Abgeordnete Reinhard Bütikofer. | |
| ## Die nächste Gaskrise | |
| Er kritisiert zudem, dass die EU statt konsequent auf erneuerbare Energien | |
| in ihrer Strategie auch auf Fracking und Freihandel setzt. „Das ist der | |
| komplett falsche Weg“, sagt Bütikofer. | |
| Die nächste Gaskrise könnte bald kommen: Am Montag hatte Oettinger | |
| vergeblich versucht, zwischen der Ukraine und Russland zu vermitteln, die | |
| sich um Altschulden streiten. Die Ukraine steht bei Gazprom mit mindestens | |
| 2,5 Milliarden US-Dollar für vergangene Gaslieferungen in der Kreide. Die | |
| EU schlägt vor, das Land solle bis Donnerstag zwei Milliarden Dollar | |
| begleichen, weitere 500 Millionen eine Woche später. Die Ukraine will das | |
| nur akzeptieren, wenn Russland die Gaspreise wieder reduziert. Nun droht | |
| Moskau mit einem Lieferstopp. | |
| Nach einer Einigung sieht es nicht aus: Auf einmal fordert die Ukraine eine | |
| Milliarde Dollar von Moskau. Angeblich der Wert des Gases, den sich | |
| Russland bei der Annexion der Krim mit einverleibt hat. | |
| 27 May 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Ingo Arzt | |
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