# taz.de -- Kommentar Klimakonferenz: Der Kampf ums Klima geht erst los | |
> Die Zivilgesellschaft muss eigenständig handeln, wenn der Klimawandel | |
> nicht mit einem allgemeingültigen Vertrag verhindert werden kann. | |
Bild: Heizt dem Weltklima ein: massiver CO2-Ausstoß, hier in China | |
Für die meisten Klimaschützer ist das eine bittere Pille: Sollte 2015 | |
wirklich in Paris ein allgemeines Abkommen unterschrieben werden, das den | |
Klimawandel irgendwo rund um zwei Grad Celsius bremsen soll, dann wird es | |
[1][höchstens Klimaschutz light] enthalten: Keine harten Emissionsgrenzen | |
für die Staaten, keine Sanktionen, die wehtun, keine einklagbaren | |
Verpflichtungen für finanzielle Hilfen. Wenn sich in der internationalen | |
Politik und Wirtschaft nicht noch etwas grundsätzlich ändert, wird das | |
„Paris-Protokoll“ kein großer Wurf, sondern nur ein kleiner Schubs. | |
Das ist meilenweit entfernt von der Idee von Kopenhagen: 2009 sollte dort | |
mit einem Schlag ein Abkommen unterzeichnet werden, das den Klimawandel | |
begrenzt, den armen Staaten ihre Entwicklung sichert und eine gerechtere | |
Welt entstehen lässt. Und zwar alles bis ins Detail ausformuliert und fein | |
juristisch abgesichert. Dieser Ansatz musste scheitern, wie man heute weiß. | |
Die Kohlenstoff-Supermächte China und USA, die gemeinsam fast die Hälfte | |
der weltweiten Emissionen ausmachen, lehnten und lehnen solche | |
Verpflichtungen ab: Die USA wollen sich nicht international binden und | |
haben nicht einmal das Kyoto-Protokoll in Kraft gesetzt, das sie | |
mitverhandelt haben. China lässt sich von außen keine Fesseln anlegen, was | |
sein Wirtschaftswachstum angeht. Von der Verweigerungshaltung anderer | |
Staaten wie Indien, Saudi-Arabien oder Bolivien ganz zu schweigen. Die EU, | |
die vor Kopenhagen für einen echten Vertrag geworben hat, hat an Bedeutung | |
verloren: Erstens machen ihre Emissionen nur noch zehn Prozent des | |
weltweiten Problems aus. Und zweitens können sich die Europäer intern auch | |
nicht auf effektiven Klimaschutz einigen. | |
Ein abgespecktes „Paris-Protokoll“ wäre also das kleinste Übel: Nach den | |
hohen Zielen, die keiner einhalten wollte (Kopenhagen), gäbe es dann | |
unzureichende Ziele, die alle mittragen. In Paris gäbe es rechtlich | |
verbindliche Zusagen über das Ziel, Klimaschutz zu betreiben und | |
offenzulegen, wieviel man dafür tut - oder eben nicht tut. Wer sich drückt, | |
kommt dann an den globalen Klimapranger, so die letzte Hoffnung der | |
Klimaschützer: Wer seine Ziele nicht erreicht, wird von einer | |
Klima-Ratingagentur herabgestuft. Das schadet dem Image und könnte | |
irgendwann einmal zu Klagen von Klimaopfern führen. Das Rating könnte auch | |
wirksam werden, wenn es etwa als Grundlage für Handelsabkommen herhält: Öl | |
aus kanadischen Teersänden mit einer mörderischen Ökobilanz? Kommt uns | |
nicht ins Haus! | |
Die Hoffnungsschimmer dabei: Es gibt bald für alle Staaten Alternativen zu | |
Kohle und Co: Die erneuerbaren Energien werden konkurrenzfähig. Und | |
inzwischen ist eine globale Zivilgesellschaft entstanden, die Druck in | |
vielen wichtigen Teilen der Welt aufbauen kann. Das vereinte Lobbying von | |
Umwelt- und Sozialgruppen, Gewerkschaften, Religionen, | |
Forschungsinstituten, Medien und UN-Organisationen kann für Veränderungen | |
sorgen. Das aber heißt, dass die vielbeschworene Zivilgesellschaft nicht | |
resignieren darf, wenn das Klimaproblem nicht mit einem sauberen Vertrag | |
als gelöst ad acta gelegt werden kann. Im Gegenteil: Der Kampf ums Klima | |
geht dann gerade erst los. | |
16 Jun 2014 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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