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# taz.de -- Zwanziger wettert gegen Niersbach: Der Nestbeschmutzer
> Pünktlich zur WM fängt Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger an, seinen
> Nachfolger Wolfgang Niersbach zu kritisieren. Und bekommt eine klare
> Antwort.
Bild: Zwischen Theo Zwanziger (l.) und DFB-Chef Wolfgang Niersbach herrscht dic…
BERLIN taz | Es war ein plötzlicher Angriff. Nur ein faires Tackling, würde
Theo Zwanziger vermutlich sagen. Wiederholtes Nachtreten, der DFB. Runter
vom Platz soll er, der Theo, sagt der DFB. Seinen Posten im
Fußballweltgremium, der Fifa, räumen. Oder, im DFB-Sprech: „Da er nach
Einschätzung des Gremiums auch in der Fifa nicht die Interessen des
deutschen Fußballs angemessen vertritt, fordert das Präsidium des DFB Theo
Zwanziger auf, von seinem Amt im Exekutivkomitee des Weltverbandes
zurückzutreten.“
Lange schon ist Theo Zwanziger raus aus dem Boot des Deutschen
Fußball-Bundes (DFB), verstoßen von der Fußballfamilie. Ein Abgehängter;
einer, der sich kaum mehr blicken lasse in der Familie. Der Tenor des
DFB-Tross: Du nervst. Du störst. Du sollst nicht nestbeschmutzen.
Das ist passiert: Zwanziger hatte neulich in einem Interview mit der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung kritisiert, der DFB habe „kein
ausreichendes politisches Verständnis“ – Anlass war eine Dokumentation der
ARD, die die Rolle des DFB bei dem Todesfall einer deutschen Studentin
während der WM 1978 im Argentinien unter der Militärdiktatur beleuchtete.
Niersbach hatte sich nicht äußern wollen. Sein Konter gegenüber Zwanziger:
„Es kommt von einem Mann, der seit zwei Jahren in der Isolation ist.“
Zwanziger legte nach und erhob den Vorwurf der Heuchelei. Es sei nicht mit
einer ehrenhamtlichen Präsidentschaft zu vereinbaren, wenn man einen
„deutlich sechsstelligen Betrag“ samt vereinbarter Betriebsrente sein Salär
nenne. Der DFB sei schließlich ein gemeinnütziger Verband. Zu den
Rückzugsforderungen aus der Fifa meinte er: „Darüber kann ich nur lachen.“
## Zwei Welten ohne gemeinsame Sprache
Inzwischen will er sich nicht mehr äußern. Gegenüber der taz sagt er, er
hänge auch an dem Team, das nun um den Titel kämpfe – und wolle eine
Emotionalisierung verhindern. Es ist keine Überraschung, dass Zwanziger,
Präsident zwischen 2004 und 2011, ein weiteres Mal mit seinem Nachfolger
Wolfgang Niersbach aufeinanderprallt: zwei Welten und keine gemeinsame
Sprache.
Auf der einen Seite der in Altendiez aufgewachsene Zwanziger mit seinen
Mahnungen. Einer, der den Schwenk zum liberal-progressiven Bürgertum
vollzog. CDU-Mitglied, seit 1992 im DFB-Vorstand. Erst war er
Schatzmeister, dann stand er an der Spitze dieser mächtigen Institution.
Zunächst mit Gerhard Meyer-Vorfelder als Doppelspitze, dann allein. Man
begann, ihm viel übel zu nehmen. Denn Zwanziger hat sich wider die
Geschichtsvergessenheit des DFB gewandt, hat das Thema Homophobie auf die
Agenda gesetzt. Er hat den Frauenfußball gefördert und die WM der
Kickerinnen 2011 ins Heimatland geholt: Zwanziger, der sich als Humanist
versteht, wollte den Verband zur Sozial- und Bildungsinstitution umbauen.
Nun ist da Niersbach. Typ moderner Verwalter. Unter ihm, wird gelobt, gebe
es wieder ein „Klima des Vertrauens“. Ein Präsident, dem es am liebsten
ist, wenn alles in der Familie bleibt. Es passt, was Niersbach zu den
Vorwürfen gegen ihn durchaus zutreffend sagt: „Ich habe bei meinem Wechsel
vom Haupt- ins Ehrenamt größten Wert daraufgelegt, dass alles völlig sauber
und geregelt abläuft.“ Doch wahr ist auch: Die Themen Zwanzigers sind nicht
jene, die Niersbach für förderlich hält.
Zwanziger nun zum Verstummen zu bringen, das ist freilich nicht modern,
sondern die Tradition des DFB vor der Ära Zwanziger. Denn dessen Kritik ist
ernst zu nehmen: Bei all den Fehltritten in der jüngeren Zeit kam die alte
Mentalität des DFB wieder hoch, alles unter die Decke zu kehren, was
unangenehm werden könnte. Zurück zum grölenden Herrenstammtisch.
## Ein Mann von gestern
Über Zwanzigers letzte Monate in Diensten des DFB heißt es von
Verbandsseite, er sei zunehmend zum Alleingänger geworden. Spätestens, als
er bei der Frage nach der Vertragsverlängerung Jogi Löws vor der WM 2010
und beim Selbstmordversuch Babak Rafatis Ende 2011 keine gute Figur mehr
machte, war er für die DFB-Spitzenfunktionärsriege ein Mann von gestern.
Selbstverständlich ist Zwanziger strategisch, verbandsportpolitisch
gewieft. Unerfindlich bleibt, dass er sich in der Fifa nicht gegen eine
erneute Kandidatur Sepp Blatters ausspricht. Blatter steht doch ganz genau
für das, was Zwanziger auf nationaler Ebene verurteilt: Korrumpierbarkeit
und Intransparenz.
Trotzdem: Die Art, Zwanziger zum wirren Alten zu machen, ist von jener
Methode, die den DFB einst schlecht beleumundete – eine Organisation mit
Korpsgeist von gestern mit ganz alten, neuen Kameraden.
17 Jun 2014
## AUTOREN
Jens Uthoff
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