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# taz.de -- DFB-Elf bleibt bescheiden: Keine Übermannschaft
> Nach dem Auftaktsieg feiert die Presse die deutschen Spieler. Die üben
> sich nun in Zurückhaltung. Ein klassischer Fall von Understatement?
Bild: „Jetzt bleiben wir erst mal alle ruhig.“ Thomas Müller will den Auft…
SALVADOR taz | Sie sind wieder zu Hause, in der Stille und Abgeschiedenheit
ihres WM-Domizils am Atlantik. Der erste Ausflug der deutschen
Nationalmannschaft in die brasilianische Wirklichkeit hat ja nicht so
schlecht funktioniert. Vier zu null gegen den Weltranglistenvierten
Portugal in Salvador. Eine kleine taktische Meisterleistung.
Drei Tore von Thomas Müller. Sogar die englische Boulevardpresse, die ja
gern mal die deutschen Panzer auf dem Fußballfeld rollen sieht, ist voll
des Lobes. „Die Deutschen waren großartig“, titelt die Sun. „Die Deutsch…
sehen erstklassig aus“, findet der Daily Mirror. Und Maradona ist der
Meinung, Deutschland mache Angst.
Jogi Löw und sein Team könnten sich mitreißen lassen von dieser Welle des
Überschwangs und der Lobhudelei, aber sie sind vorsichtig. Löw weiß, dass
in dieser Partie fast alles für die DFB-Elf lief: frühe Tore, eine gute
Chancenauswertung, ein indisponierter Ronaldo und Überzahl ab der 37.
Minute.
Auch Mats Hummels, der wegen eines offenbar nicht so gravierenden
muskulären Problems im rechten Oberschenkel in der zweiten Halbzeit
ausgewechselt werden musste, relativierte den Sieg: „Die ersten Momente
hatten wir schon ein paar Probleme, da hätte es auch mal klingeln können in
unserem Kasten“, gestand der 24-Jährige. „Es war wichtig, dass wir da
rausgekommen sind aus der Situation, als wir noch nicht ganz drin waren im
Spiel.“
## Kein Grund abzuheben
Keeper Manuel Neuer sieht auch ein paar Verbesserungsmöglichkeiten: „Die
Räume waren ein bisschen groß, gerade zwischen den Reihen.“ Sie müssten
sich halt noch ein bisschen einspielen, sagt Jérôme Boateng, der eigentlich
Innenverteidiger ist, aber von Löw auf die rechte Verteidigungsseite
gestellt wurde. Auch links hinten steht ein Umgelernter: Benedikt Höwedes.
Und vorn ist eh alles noch recht ungewohnt mit der offensiven Dreierkette
(Thomas Müller, Mesut Özil und Mario Götze), mit der die Deutschen den
Gegner am Montagabend heftig strangulierten.
Auch Thomas Müller hielt sich zurück nach seinen WM-Toren sechs, sieben und
acht. „Jetzt bleiben wir erst mal alle ruhig. Es war das erste Spiel. Wir
müssen die Kirche auch mal im Dorf lassen“, sagt der Angestellte des FC
Bayern München, der seinen Vertrag vor der WM bis 2019 verlängert hatte.
„Der Spielverlauf kam uns zugute. Wir brauchen nicht so zu tun, als hätten
wir als Übermannschaft agiert.“ Als hätten sie sich abgesprochen, ergänzt
Toni Kroos: „Wir werden uns davon nicht blenden lassen.“
Ja, sie wollen auf keinen Fall den Eindruck erwecken, ab jetzt laufe alles
von alleine. Die Bürde des Favoriten wollen sie (noch) nicht tragen. Auch
2010 startete das DFB-Team mit einem 4:0 gegen Australien ins WM-Turnier,
um in der anschließenden Partie gegen Serbien mit 0:1 zu verlieren. Am
Samstag treffen die Deutschen in Fortaleza auf Ghana, das nach der
Niederlage gegen die USA unbedingt Punkte sammeln muss. Physisch robust
seien die Ghanaer, und schnell, warnt Löw.
## Müllers „unorthodoxe Spielweise“
Schnell ist auch Thomas Müller, der nach dem Spiel mit der wohl
hässlichsten und überflüssigsten Trophäe des Sportbusiness ausgezeichnet
wurde, dem Man-of-the-Match-Pokal, gesponsert von einem US-Biermulti.
Müller musste sich besonders heftig wehren gegen die Umarmungen der
Fußballexperten und der Fachpresse. „Bei Weltmeisterschaften läuft es
sicherlich nicht schlecht für mich“, sagt er lapidar, während Löw seine
„unorthodoxe Spielweise“ rühmt: „Er hat immer ein Näschen, selbst als
Trainer weiß man nie, welche Laufwege er geht.“
Müller hatte schon als Neunjähriger Torinstinkt: 1999 schoss er im Sturm
des TSV Pähl in einer Saison sage und schreibe 120 Tore. Sein Team kam auf
insgesamt 175 Treffer. Wenig später wurde er von einem Späher der Bayern
entdeckt und geholt. Peter Hackl, sein erster Trainer beim TSV Pähl, blieb
immer in Kontakt zu Müller; man spielt gelegentlich Schafkopf miteinander.
Ja, so ist er, der Müller. Einerseits recht bodenständig, andererseits nie
um eine Blödelei verlegen. Vor vier Jahren entdeckte er auf seiner
WM-Expedition neue Länder („Mexitinien“) und neue Leute („Jogi van Gaal�…
am Montag in Salvador bekam er eine Ahnung davon, dass es seine WM werden
könnte.
18 Jun 2014
## AUTOREN
Markus Völker
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