| # taz.de -- Zwangsarbeit in der DDR: Alle Branchen machten mit | |
| > Fast alle Wirtschaftszweige in der DDR profitierten von Zwangsarbeit, | |
| > zeigt eine neue Studie von Opferverbänden. Auch West-Firmen waren | |
| > Nutznießer der Gefangenen. | |
| Bild: Zwangsarbeit in der DDR war als zentralwirtschaftliches System angelegt: … | |
| BERLIN afp | Sie schufteten im Bergbau oder mussten in Chemiebetrieben | |
| Drecksarbeit verrichten: In der DDR profitierten fast alle | |
| Wirtschaftszweige von der Zwangsarbeit von Häftlingen. Zu diesem Fazit | |
| kommt eine Studie der Union der Opferverbände kommunistischer | |
| Gewaltherrschaft (UOKG), die am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Auch | |
| West-Firmen waren Nutznießer der Ausbeutung von DDR-Gefangenen. Die | |
| Deutsche Bahn kündigte eine umfassende Untersuchung an. | |
| Die Häftlinge, darunter viele politische Gefangene, wurden laut Studie in | |
| der Regel in Bereichen mit körperlich schwerer Arbeit eingesetzt, wo die | |
| Arbeitsbedingungen so miserabel waren, dass sich keine regulären Arbeiter | |
| fanden. Bereits 1948 gab es nachweislich Pläne, „alle Strafgefangenen nach | |
| sowjetischem Muster für die Wirtschaft nutzbar zu machen“, wie Studienautor | |
| Christian Sachse schreibt. | |
| Zwangsarbeit in der DDR sei von Anfang an als zentralwirtschaftliches | |
| System angelegt gewesen. „Das Ziel bestand in einer maximalen Ausbeutung | |
| der Arbeitskraft Strafgefangener“, heißt es in der Zusammenfassung des | |
| Berichts. Die Arbeitsbedingungen waren dementsprechend schlecht; es gab | |
| viele Unfälle. Anfang der 1960er Jahre war die Unfallquote bei | |
| Strafgefangenen mit 150 Unfällen auf tausend Arbeiter bis zu dreimal höher | |
| als bei regulären Arbeitern. Am Ende der DDR lag die Unfallquote noch etwa | |
| doppelt so hoch. | |
| Laut der Studie, aus der bereits zuvor Details bekannt geworden waren, | |
| mussten die Häftlinge in der Metallurgie, der Elektromotoren-Fertigung, in | |
| Chemiekombinaten oder beim Kamerahersteller Pentacon schuften. Zwischen | |
| 1951 und 1989 leisteten zudem jährlich mehr als 1.200 Häftlinge | |
| Zwangsarbeit bei der Reichsbahn. | |
| ## Deutsche Bahn will auch untersuchen | |
| Die Deutsche Bahn kündigte eine Studie an, die die Ausbeutung von | |
| Gefangenen bei der Reichsbahn untersuchen soll. „Uns liegt sehr daran, dass | |
| dieses bisher weitgehend unbekannte Kapitel aus der Geschichte der | |
| Reichsbahn konsequent durchleuchtet und dokumentiert wird“, erklärte | |
| Bahn-Chef Rüdiger Grube am Montag. | |
| Die Studie nimmt auch Unternehmen und Politik in der damaligen | |
| Bundesrepublik in die Mitverantwortung. Es habe „genügend Verdachtsmomente | |
| gegeben, die westliche Firmen veranlassen mussten, die Herkunft ihrer Waren | |
| zu überprüfen“. Die Bundesregierung wäre verpflichtet gewesen, durch | |
| Zwangsarbeit hergestellte Waren zurückzuweisen. Selbst in den wenigen | |
| Fällen, wo direkte Kontakte zwischen West-Firmen und DDR-Betrieben | |
| bestanden und der Einsatz von Strafgefangenen zwangsläufig bekannt war, | |
| hätten die westlichen Unternehmen nur in wenigen Fällen reagiert. | |
| Der schwedische Möbelkonzern Ikea, der sich an der Finanzierung der Studie | |
| beteiligte, hatte 2012 bereits eingeräumt, dass in der DDR politische | |
| Häftlinge und Strafgefangene unter Zwang Möbel für das Unternehmen fertigen | |
| mussten. Laut der Studie war die Ikea-Vertretung in Ostberlin von Leuten | |
| der DDR-Staatssicherheit durchsetzt, die sich an der Vertuschung der | |
| Herkunft der Waren beteiligten. | |
| Der Dachverband der Opferverbände will einen Runden Tisch zum Thema | |
| DDR-Zwangsarbeit einsetzen. UOKG-Chef Rainer Wagner forderte zudem | |
| „Entschädigungen für die politischen Gefangenen“. Die Beauftragte der | |
| Bundesregierung für die neuen Länder, Iris Gleicke (SPD), begrüßte die | |
| Aufarbeitung der DDR-Zwangsarbeit. Die Studie sei „ein belegt dafür, dass | |
| den politischen Häftlingen in der DDR systematisch Unrecht geschah“. | |
| 16 Jun 2014 | |
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