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# taz.de -- Aktivist über Proteste gegen die WM: „Der Fußball ist ein Opfer…
> Caio Lima vom WM-kritischen Comitê Popular da Copa e Olimpíadas do Rio de
> Janeiro über die eher kleinen Proteste in der ersten Woche des Turniers.
Bild: „Pro Fußball und contra WM existieren friedlich nebeneinanderher“, s…
taz: Herr Lima, im Vergleich zum Juni 2013 sind die Proteste gegen die
Weltmeisterschaft sehr klein geblieben. Sind Sie enttäuscht?
Caio Lima: Es gibt sehr viel Protest, in vielen Städten kommt es täglich zu
Aktionen. Auf unserer Demonstration zum Eröffnungstag in Rio waren
vielleicht 5.000 Menschen, das ist viel für ein fußballbegeistertes Land.
Im Übrigen haben sich die Ausgangsbedingungen seit vergangenem Juni stark
verändert. Der Staat hat einen riesigen Repressionsapparat aufgefahren, das
schreckt viele Leute ab. Allerdings: Diejenigen, die von dieser WM
profitieren, sie sind die verschwindende Minderheit. Fifa-Bonzen, korrupte
Bürgermeister, Unternehmensmanager – die sind in jedem Fall weniger als
wir.
Gehen die Leute nur aus Angst vor Gewalt nicht auf die Straße?
Bestimmt gibt es auch viele, die lieber die Spiele anschauen. Aber sogar
dort, wo die Straßen gelb-grün für die WM geschmückt wurden, sind oft
Sprüche gegen die WM gesprüht, und sie werden nicht übermalt. Pro Fußball
und contra WM existieren friedlich nebeneinander her.
Gibt es Meinungsverschiedenheiten in der Bewegung darüber, wie der Protest
angesichts des WM-Jubels ausgerichtet werden soll?
Im Komitee ist Konsens, dass wir die Missstände sichtbar machen wollen und
den Widerstand gegen die dafür verantwortliche Politik stärken wollen.
Unser Motto ist nicht mehr die Frage „WM für wen?“. Wir mobilisieren jetzt
für „Unsere WM ist die Straße“. Die WM findet ja nun statt, und wir setzen
dem eine Alternative entgegen. Andere sagen: „Es wird keine WM geben.“ Das
ist nicht unsere Position, aber die inhaltliche Kritik an der Fifa und der
Art, wie diese WM organisiert wurde, ist ähnlich.
Wie wichtig nehmen Sie das Argument, die Proteste würden der PT-Regierung
in den Rücken fallen und der Rechten in die Hände spielen?
Unsere Kritik bezieht sich auf die Nachteile, die die WM für die
Bevölkerung bedeutet. Das ist keine Unterstützung der Rechten oder deren
Kandidaten bei der kommenden Präsidentschaftswahl.
Das Komitee hatte geplant, alternatives Public Viewing zu veranstalten.
Warum klappt das nicht?
Das ist in meinen Augen eine der besten und radikalsten Aktionsformen, um
die Fifa und deren Sponsoren zu entlarven. Wir nehmen uns das Schöne, das
Populäre am Fußball und lassen das kommerzielle, elitäre Fußballverständnis
der Fifa ins Leere laufen. Der erste Test hat viel Anklang gefunden, aber
intern gab es auch Kritik. Einige sagten, wir würden der Fifa auf dem Leim
gehen, wenn wir die von ihr organisierten Spiele auf unseren
Veranstaltungen übertragen. Für mich reproduziert diese Kritik genau die
Zweiteilung, die Regierung und Presse propagieren: Entweder du guckst
Fußball oder du protestierst gegen die WM.
Ist es aber nicht wirklich so?
Nein! Der Fußball ist ein weiteres Opfer der Fifa, die ihn wieder zu einer
Angelegenheit der Oberschicht machen will. So wie es einst war, als er aus
England nach Brasilien kam und nur Reiche und Weiße mitspielen durften.
Diese Aktionsform ist der Versuch, diese Aufspaltung zu überwinden. Aber
wir hatten leider auch organisatorische Probleme, es ist einfach viel zu
viel zu tun in diesen Tagen. Es wird bestimmt noch mal ein alternatives
Public Viewing geben.
Ist die Strategie der Regierung, den Protest mit Gewalt, Jubel und
Patriotismus zu ersticken, aufgegangen?
Nicht wir sind in der Defensive, sondern die Regierung. Die ganzen sozialen
Widersprüche, die sind auf dem Tisch und werden dort auch bleiben. Das hat
die Regierung, die WM und Olympia als Jubelfeiern wollten, nicht
vorhergesehen. Jetzt versuchen sie nur mit allen Mitteln zu retten, was zu
retten ist.
19 Jun 2014
## AUTOREN
Andreas Behn
## TAGS
Protest
Aktivismus
Rio de Janeiro
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Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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