# taz.de -- Abschlüsse und Ausbildung: Muss man jetzt Metzger werden? | |
> Es mangelt an Fachkräften. Ein gutes Zeichen für alle, die eine | |
> Ausbildung anfangen. Wie wächst eine Generation mit der Aussicht auf | |
> Vollbeschäftigung auf? | |
Bild: Traumberuf Metzger? | |
Alles kann, nichts muss. So etwa lässt sich die Einstellung Jugendlicher zu | |
ihrer eigenen beruflichen Zukunft zusammenfassen, wenn man Umfragen glaubt. | |
Die letzte Shell-Jugendstudie fand im Jahr 2010 heraus, dass 59 Prozent der | |
Jugendlichen ihrer Zukunft optimistisch entgegen blicken. Nur sechs Prozent | |
sehen düstere Zeiten voraus. | |
Diese generelle Zuversicht spiegelt sich in den Ansprüchen wider, die junge | |
Menschen an ihren zukünftigen Beruf haben. Anstatt wie ältere Generationen | |
auf einen sicheren, einträglichen und prestigeträchtigen Job zu hoffen, | |
wollen sich die Kinder der Neunziger in erster Linie einen Job, der sie | |
glücklich macht, hat eine Studie unter Auszubildenden 2013 festgestellt. 72 | |
Prozent der unter 25-Jährigen finden den Spaß an der Arbeit am wichtigsten. | |
Dahinter liegen Arbeitsplatzsicherheit (64 Prozent) nette Kollegen (47 | |
Prozent) oder gute Aufstiegsmöglichkeiten (29 Prozent). | |
Über zwei Drittel der jungen Deutschen glaubt, dass ihr Berufswunsch in | |
Erfüllung gehen wird. Was macht sie so zuversichtlich? | |
## Einmaleins des Arbeitsmarktes | |
Es ist laut taz-Autor Hannes Koch einfache Mathematik. In der | |
Titelgeschichte der [1][taz.am wochenende vom 21./22. Juni] rechnet Koch | |
vor: Mitte der 60er-Jahre kamen in Deutschland | |
[2][//www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Bevoelkerung/Bevoelkerung | |
sbewegung/BroschuereGeburtenDeutschland0120007129004.pdf?__blob=publication | |
File&ei=t5-iU7OfEsqJ0AWvloH4Bg&usg=AFQjCNHVo0_o8-P5UFpmeqdXVSxcYtrjhQ&bvm=b | |
v.69411363,d.d2k: rund 1,4 Millionen Kinder zur Welt]. 30 Jahre später | |
waren es weit unter 800.000. In den nächsten 15 Jahren werden die Jahrgänge | |
der Babyboomer in Rente gehen. Dann müssen die geburtenschwachen Kohorten | |
der 1990er-Jahre und der frühen 2000er die großen Lücken im Arbeitsmarkt | |
füllen. | |
Die Folge scheint Koch eine bequeme Situation für Berufsanfänger: | |
„Unternehmen, Verwaltungen und Institutionen müssen sich dann um die viel | |
zu wenigen Bewerber streiten.“ Die Zuwanderung von Fachkräften schwächt | |
diesen Effekt zwar ab, kann ihn aber nicht ausgleichen. Laut einem | |
[3][OECD-Bericht] zogen im Jahr 2011 nur knapp über 100.000 | |
Arbeitsmigranten nach Deutschland. Das sind bei Weitem nicht genug, um den | |
Geburtenrückgang wett zu machen. Damit, überlegt Koch, könnte sich in | |
Deutschland bald faktische Vollbeschäftigung einstellen, quasi von alleine. | |
Der taz-Autor erinnert sich noch daran, wie der Direktor an seiner Schule | |
ihn mit Schweiß auf der Stirn vor schlimmen Fehlentscheidungen warnte. Bloß | |
nicht Lehrer werden! Wenn er seinen Sohn jetzt bei dessen Praktikum in | |
einer Fahrradwerkstatt besucht, kommt ihm dessen Grundstimmung ganz anders | |
vor. Alles scheint möglich. | |
Was rät man seinen Kindern da? Haben die Anti-Akademiker recht, die | |
beklagen, dass zu viel studiert wird und zu wenige eine Ausbildung machen? | |
Sollten Jugendliche, die gerade ihr Abitur oder ihre Mittlere Reife gemacht | |
haben, auch mal überlegen, Metzger zu werden? Schweißtechniker oder | |
Fahrzeugführer Eisenbahnverkehr? Alles Jobs, die gerade laut der Seite | |
[4][mangelberufe.de] fehlen. Oder macht man einfach, worauf man Lust hat. | |
Es kommt ja eh Vollbeschäftigung. | |
## „Voll“ beschäftigt? | |
Wobei Vollbeschäftigung natürlich nicht heißt, dass auch jeder einen Job | |
hat. Der Begriff ist ein Euphemismus. Davon geredet wird, wenn nur noch | |
etwa zwei Prozent arbeitslos sind. In Deutschland wäre das etwa eine | |
Million Menschen. Sie gelten als 'unvermittelbar'. Man spricht von | |
Sockelarbeitslosigkeit, die zugunsten der Feststellung von | |
Vollbeschäftigung vernachlässigt wird, weil man davon ausgeht, dass es | |
Abgehängte immer geben wird. | |
Heute leben in Deutschland knapp drei Millionen Menschen ohne | |
Erwerbsarbeit, also dreimal so viele wie im Falle der Vollbeschäftigung. | |
Die Arbeitsmarktschwankungen hierzulande wirken aber wie Luxusprobleme, | |
wenn man nach Südeuropa schaut. In Ländern wie Griechenland oder Spanien | |
finden mehr als die Hälfte der Jugendlichen [5][keinen Job]. | |
Die Entwicklung des Jobmarkts hängt stark vom Wirtschaftswachstum ab – und | |
das kann einbrechen. Außerdem kommen die Roboter. Laut einer aktuellen | |
[6][Studie] könnten Maschinen bald 80 Prozent aller menschlichen | |
Arbeitskräfte ersetzen. Vor allem Geringqualifizierte könnten nicht mit den | |
günstigen automatischen Rivalen mithalten. | |
Was bedeuten diese Entwicklungen aber für die Teenager von heute? Sind die | |
künftigen Arbeitnehmer vielleicht zu optimistisch? Und ist es nicht ohnehin | |
ein bisschen zynisch, von Vollbeschäftigung zu sprechen, wenn immer noch | |
hunderttausende ohne Arbeit sind? | |
Diskutieren Sie mit! | |
Die Ganze Geschichte „Spiel des Lebens“ lesen Sie in der der [7][taz.am | |
wochenende vom 21./22. Juni]. | |
20 Jun 2014 | |
## LINKS | |
[1] /!p4662/ | |
[2] http://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&a… | |
[3] http://www.keepeek.com/Digital-Asset-Management/oecd/social-issues-migratio… | |
[4] http://www.mangelberufe.de/ | |
[5] http://de.statista.com/statistik/daten/studie/74795/umfrage/jugendarbeitslo… | |
[6] http://issues.org/30-3/stuart/ | |
[7] /!p4662/ | |
## AUTOREN | |
Ruth Asan | |
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