# taz.de -- Zukunftspläne von Jugendlichen: Was will ich werden? | |
> Sie beenden bald die Schule. Und dann? Ausbildung, Reisen, Studium? Wir | |
> haben junge Erwachsene zu ihren Plänen befragt. | |
Bild: Irgendwo da hinten liegt die Zukunft | |
## „Ich will forschen“ | |
Natürlich habe ich mir schon Gedanken über meine Zukunft gemacht. Ich gehe | |
ja in die 11. Klasse und mache bald Abitur. Danach möchte ich auf jeden | |
Fall studieren. Am liebsten würde ich später forschen, ich sehe mich im | |
Labor stehen und durch Mikroskope gucken. Deswegen will ich etwas in | |
Richtung Biologie studieren. | |
Ich kann mir aber auch vorstellen, in die Landwirtschaft zu gehen, wie mein | |
Vater. Das hat ja auch mit Biologie zu tun. Meine Mutter sagt manchmal, | |
dass sie das nicht so gerne will. Aber ich glaube, sie macht nur Spaß. | |
Meine Eltern haben beide nicht studiert. Mein Vater ist in seiner Familie | |
in die Landwirtschaft hereingewachsen, meine Mutter ist gelernte Friseurin. | |
Das war damals in der DDR wohl ein guter Beruf. Heute arbeitet sie in der | |
Chemiebranche. Da macht sie aber jeden Tag dasselbe, darauf hätte ich keine | |
Lust. | |
Meine Eltern unterstützen mich in meiner Entscheidung zu studieren. Ich | |
soll aber auf jeden Fall etwas machen, womit man hinterher einen Job | |
bekommt. Aber ich weiß ja auch nicht, wie der Arbeitsmarkt sein wird, wenn | |
ich fertig bin mit dem Studium. Das weiß man ja vorher nie. Im Prinzip | |
könnte ich alles machen, wo mir der Numerus clausus nicht im Weg steht. Es | |
gibt viele Studienfächer, für die man heute extrem gute Noten braucht. | |
Ärztin könnte ich wohl nicht werden. Aber ich will sowieso in Holland | |
studieren, da gibt es keinen NC. Dort würde ich auch Bafög bekommen, in | |
Deutschland nicht, weil meine Eltern zu viel verdienen. Außerdem gefallen | |
mir die Menschen dort, die sind viel offener. | |
Frieda Jäger, 17 Jahre, besucht die 11. Klasse eines Gymnasiums in Halle an | |
der Saale | |
## „Ich habe schon Angst“ | |
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mir nie existenzielle Sorgen machen | |
muss. Wenn man ambitioniert ist, kann man heute immer etwas finden. In den | |
Nachrichten hört man ja, dass sie besonders für Ausbildungsberufe immer | |
Leute suchen. Da bin ich optimistisch. Bei meiner Mutter war das anders, | |
sie hat Abitur in der DDR der Wendezeit gemacht. Sie hatte eine unsichere | |
Zukunft vor sich und konnte nicht das studieren, was sie eigentlich wollte. | |
Mein Vater war gerade aus Litauen gekommen und konnte gar nicht studieren, | |
weil sie so früh ein Kind bekommen haben. Ich habe schon in der Grundschule | |
angefangen, leistungsorientiert zu arbeiten. Das kam vom Leistungssport, | |
Eiskunstlauf. | |
Seit der Oberstufe beschäftige ich mich intensiv mit meiner Zukunft. Meine | |
Mutter ist Berufsberaterin für Abiturienten, sie füttert mich mit | |
Informationen. Dabei haben mich meine Eltern aber nie in eine bestimmte | |
Richtung gedrängt. Sie haben sogar eher versucht, mich ein bisschen in | |
meiner Leistungsfixiertheit zu bremsen. „Schalt mal nen Gang zurück“, hat | |
mein Vater manchmal gesagt. | |
Ich habe in den letzten Jahren an mehreren praxisnahen Workshops zur | |
Berufsorientierung teilgenommen, die junge Frauen in technische Berufe | |
locken sollen. Bei mir hats funktioniert: Ich will Mechatronik studieren. | |
Danach will ich Entwicklungsingenieurin werden, in der Forschung oder der | |
freien Wirtschaft. An dem Beruf reizt mich, dass man kreativ sein und viel | |
reisen kann. Ob ich damit glücklich werde, steht aber trotzdem noch in den | |
Sternen. Ich habe schon Angst, dass ich trotz der ganzen Infos, die ich | |
eingeholt habe, irgendwann merke, dass ich dem Studium nicht gewachsen bin. | |
Noch mehr Angst habe ich aber, dass ich bisher noch gar nicht entdeckt | |
haben könnte, wofür ich wirklich brenne. | |
Anna C., 18 Jahre, hat gerade ihr Abitur an einem Gymnasium in Berlin | |
gemacht | |
## „Eintönig darf es nicht sein“ | |
Ich denke ziemlich viel darüber nach, was ich mal werden will. Das ändert | |
sich ständig. Für mich kommt diese Entscheidung auch früher als für die | |
meisten anderen. Ich habe die erste Klasse übersprungen, weil ich schon | |
lesen konnte. | |
Meine Mutter sagt, ich habe sie schon im Kindergarten angebettelt, mir das | |
Lesen beizubringen. Da hat sie mir eine Buchstabentabelle aufgehängt. Heute | |
hilft sie mir, indem sie naturwissenschaftliche Wettbewerbe und Workshops | |
heraussucht, die mich interessieren könnten. Aber sie ist nicht so eine, | |
die mich auf Erfolg trimmen will. Sie weiß einfach,dass ich mich für so was | |
interessiere. Auch, wenn sie selber als Grundschullehrerin nicht so viel | |
Ahnung davon hat. | |
Ich versuche, so viele Optionen wie möglich zu sammeln, damit ich mich dann | |
entscheiden kann. Hätte man mich vor ein paar Jahren gefragt, was ich mal | |
machen will, hätte ich gesagt: „Irgendwas mit Sprachen.“ Dann habe ich mich | |
ein wenig erkundigt und festgestellt, dass es in dem Bereich kaum Jobs | |
gibt, in denen man einigermaßen anständig verdient. Heute weiß ich, dass es | |
etwas mit Naturwissenschaften sein soll. Auf jeden Fall möchte ich ins | |
Ausland gehen, das steht für mich fest. Und: Eintönig darf es nicht sein, | |
das habe ich bei meinem Praktikum in der Buchhandlung gemerkt. | |
Carlotta Hellmann, 14 Jahre, besucht die 10. Klasse eines Gymnasiums in | |
Horn-Bad Meinberg (NRW) | |
## „Ich will Erfolg und Spaß“ | |
Meine Eltern wollen beide, dass ihre Kinder erfolgreich sind. Mein Vater | |
ist Ende der 1970er mit seiner Familie nach Deutschland gekommen. Danach | |
hat er meine Mutter in der Türkei geheiratet und sie nach Deutschland | |
geholt. Ich weiß gar nicht, ob sie Schulabschlüsse haben. Mein Vater | |
arbeitet auf dem Bau, meine Mutter ist nach der fünften Klasse von der | |
Schule abgegangen. | |
Meine älteren Brüder studieren schon beide. Ich wollte eigentlich | |
Elektriker werden, aber meine Mutter meinte, ich soll lieber was anderes | |
machen. Sie hat mich dann auf ein Praktikum bei einer Anwaltskanzlei | |
gebracht. Seitdem steht für mich fest, dass ich Verkehrsanwalt werden will. | |
Dafür muss ich nach dem Mittleren Schulabschluss noch ans Gymnasium. Mit | |
meinem Notendurchschnitt von 1,8 schaffe ich das bestimmt. Das sah aber | |
nicht immer so aus. Ich war vorher an einer Schule, an der ich die Lehrer | |
nicht mochte und sie mich auch nicht. Da hatte ich gar keine Lust aufs | |
Lernen. An meiner jetzigen Schule fühle ich mich sehr wohl. Ich habe | |
freiwillig eine Klasse wiederholt, der Unterricht macht mir hier sogar | |
Spaß. Im Beruf will ich vor allem Erfolg haben und Spaß. Mein Kühlschrank | |
soll immer voll sein. Und ich will in Deutschland bleiben. Es muss nicht | |
unbedingt Berlin sein, aber hier bin ich aufgewachsen. | |
Emre Çam, 16 Jahre, besucht die 9. Klasse einer Integrierten Sekundarschule | |
in Berlin | |
22 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Ruth Asan | |
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