Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Rambazamba: Gefühlt ein 5:5
> Obwohl die furiosen Türken nicht dabei sind, ist diese WM bislang ein
> Knaller. Viele Tore, keine nervigen Diskussionen – so geht gute
> Unterhaltung.
Bild: Hochspannend, hochtorig, hochtragisch: Die WM in Brasilien ist bislang be…
Es ist schon jetzt das furioseste Turnier des Jahrhunderts. Und zwar nicht
nur aus fußballinternen Gründen. Das sowieso. Angefangen beim
Eröffnungsspiel versetzte die erste WM-Woche durch hochspannende,
hochtorige und hochtragische Spiele in Hocheuphorie. Man war froh, als es
endlich mal ein Spiel gab (Frankreich – Honduras), das tendenziell eher mau
war, obwohl es nach dem Maßstab anderer Weltmeisterschaften immer noch
überdurchschnittlich aufregte.
Und selbst der erste wirkliche Langweiler (Nigeria – Iran) war nur deshalb
langweilig, weil es das erste Spiel war, in dem kein Tor fiel und das
unentschieden ausging – und es war bereits das 13. Spiel des Turniers. Das
nächste Unentschieden (Brasilien – Mexiko) war dafür gleich wieder so
atemberaubend, dass es gefühlt 5:5 und nicht 0:0 ausging. Dass die Türken
nicht dabei sind, merkt man gar nicht, die Mexikaner und Holländer und
Costa-Ricaner übernehmen die Rolle der irren Trouble-Shooter.
Es ist aber auch das Drumherum, das dieses Turnier einmalig macht. Es gibt
keinerlei Diskussionen, ob der Ball, das Klima, die Spielerfrauen, die
gekauften Fans (WM 2002), die Geräuschkulisse im Stadion (Südafrika 2010),
die Schiedsrichter (außer mal kurz am Anfang), die Überforderung der
Spieler durch Ligabetrieb, Champions League und Werbeverträge schuld am
schlechten Unterhaltungswert sind. Denn: Schlechte Unterhaltung gibt es bei
dieser WM so gut wie gar nicht.
Dank der Camp-Queen Katrin Müller-Hohenstein sind sogar die Einschaltquoten
der Öffentlich-Rechtlichen (selbst bei den Mitternachtsspielen) so hoch wie
zuletzt während der Primetime-Spiele der Schland-WM. Höchst erfreulich ist
auch, dass sich das Massen-Public-Viewing kleinerer Beliebtheit erfreut.
Das WM-Gucken hat das Hysterische verloren. Man muss nicht mehr drei
Stunden vorher irgendwo Plätze sichern, sondern geht einfach zum Kiosk um
die Ecke.
Und dann die großen anarchischen Momente: Fans singen im Stadion ihre
Hymnen einfach weiter, obwohl die Musik längst aufgehört hat, und
Wettquoten spielen verrückt, weil selbst die Buchmacher nicht mehr wissen,
wer jetzt noch Favorit ist. Und am allergroßartigsten: Gastgeber Brasilien.
Wer die Seleção für „enttäuschend“ hält, hat keine Ahnung. Das ist
Gastfreundlichkeit: So wie man bei Tisch erst mal die Gäste bedient, lassen
die Brasilianer erst mal die ganze Welt sich am Spiel der anderen erfreuen.
Wer dann noch zum Aperitif bleibt, wird sicher mit einem besonders
raffinierten Dessert belohnt.
22 Jun 2014
## AUTOREN
Doris Akrap
## TAGS
WM 2014
Brasilien
Katrin Müller-Hohenstein
Public Viewing
Nationalhymne
WM 2014
WM 2014
Ramadan
WM 2014
Homosexualität
WM 2014
WM 2014
Rambazamba
Rambazamba
Brasilien
Jogi Löw
WM 2014
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hymnen-Singen bei der WM: Der Ton ist keine Bagatelle
Hinter dem Verständnis für Özil und Khediras Stummbleiben steht ein
völkischer Gedanke: Die sind gar keine echten Deutschen.
Frauen im Sportjournalismus: „WM ist die heilige Kuh der Männer“
Die weibliche Fußballberichterstattung muss eine Marke werden, sagt Carmen
Thomas. Die erste Sportmoderatorin in Deutschland über Männer, Mäntel,
Schuldfragen.
Kolumne Rambazamba: Der Tag, an dem der Fußball starb
Griechenland hatte die ganze Welt gegen sich. Dabei hat das griechische
Team daran erinnert, was Fußball wirklich ist: Arbeit, Arbeit, Arbeit.
Kolumne Rambazamba: Den Ramadan schwänzen
Die Fifa ist der Salafist unter den Weltverbänden. Ein verordnetes Fasten
ist auch dann einzuhalten, wenn die tropische Sonne knallt.
Kolumne Rambazama: Peinlich, Ghana!
Algerien gehört zwar nur halb zu Afrika, steht aber im Achtelfinale. Was
ist da bei Ghana los? Wie lange wollen wir uns dieses Elend noch ansehen?
Schwulenfeindlichkeit in WM-Stadien: Kulturgut Homophobie
Rassismus im Stadion gilt mittlerweile als pfui. Schwulenfeindlichkeit
dagegen stört nur wenige. Auch die Fifa verhält sich scheinheilig.
Kolumne Rambazamba: Tippen versaut die WM
Wer Wettkönig werden will, muss auf entspanntes WM-Schauen verzichten.
Chronik eines Ausstiegs, der auch ein Anfang sein kann.
Überaschungsteam Costa Rica: Mit Tom Bartels auf Safari
Bei der ARD weiß man: Costa Rica ist der sympathische Underdog, profitiert
aber vom Klima. Das ist Blödsinn. Was ist dann das Geheimnis?
Kolumne Rambazamba: Wo ist die Schland-Hysterie?
Das Land schwächelt zur WM: In Deutschland weicht gewöhnlicher
multikultureller Patriotismus sachlicher Fußballatmosphäre.
Kolumne Rambazamba: Der Stadionreiniger
Gibt es Fans, die nach der Niederlage ihrer Mannschaft auch noch die
Tribüne putzen? Ja, diese höflichen Schlachtenbummler kommen aus Japan.
Kolumne Aufm Platz: Spielt Brasilien profan?
Die Selecao ist eher mittelmäßig ins Turnier gestartet. Dem Team fehlt die
gewohnte Ästhetik, weil es sich am europäischen Spitzenfußball orientiert.
Von Klopp erreicht, von Guardiola überholt: Das Prinzip Löw
Was kann man von der WM in Brasilien erwarten? Weder Analogien zwischen
Kicken und Politik noch einen deutschen Titel.
WM-Senioren Gerrard und Pirlo: Last Men Standing
Zwei große alte Männer des Weltfußballs treffen am Samstag aufeinander: der
Engländer Steven Gerrard und der Italiener Andrea Pirlo.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.