| # taz.de -- Kolumne Rambazamba: Der Tag, an dem der Fußball starb | |
| > Griechenland hatte die ganze Welt gegen sich. Dabei hat das griechische | |
| > Team daran erinnert, was Fußball wirklich ist: Arbeit, Arbeit, Arbeit. | |
| Bild: Die griechische Mannschaft bejubelt den Ausnahmefall: ein Tor. | |
| Sie haben verloren. Verloren gegen Costa Rica, einer [1][nichtigen | |
| Mannschaft] aus einem unbedeutenden Land, die plötzlich alle ganz furchtbar | |
| süß finden, weil sie ja so überraschend ins Viertelfinale gekommen ist und | |
| aus so sympathischen Underdogs besteht. Bullshit. Costa Rica ist so | |
| Underdog wie die Grüne Partei. So nonkonformistisch wie der Prenzlauer | |
| Berg. So sympathisch wie der Karneval der Kulturen. | |
| Nein, der wahre Underdog dieser WM war die einzige Mannschaft, die die | |
| ganze Welt gegen sich hatte. Verachtet, verhöhnt, verhasst. Und trotzdem | |
| hat sie alles gegeben. Für ihr Land. Und vor allem: für den Fußball. Diese | |
| Mannschaft hat daran erinnert, was Fußball eigentlich ist und woher er | |
| kommt. Fußball ist kein Event für die ganze Familie und Tore aus 78 | |
| Kameraeinstellungen und debil winken, wenn man sich selber auf der | |
| Großbildleinwand sieht und Eintrittskarten, die einen halben Monatslohn | |
| kosten. | |
| Fußball, das ist ein 0:0 zwischen Rot-Weiss Essen gegen Rot-Weiß Oberhausen | |
| an einem nasskalten Novemberabend mit labbriger Bratwurst und schalem (aber | |
| nicht alkoholfreiem Bier). Das ist Doxa Drama gegen FC Xanthi auf einem | |
| staubigen Ascheplatz in der Abendhitze vor 200 Zuschauern. Das ist bei | |
| strömendem Regen FC Millwall gegen Charlton Athletic. Fußball, das sind | |
| behaarte Männerbeine mit Schürfwunden. Fußball ist weder Kunst noch | |
| Wissenschaft, Fußball ist Arbeit, Arbeit, Arbeit. Ein Spiel, in dem ein Tor | |
| keine Normalität ist, sondern der Ausnahmefall. | |
| Diese Mannschaft hat an die schmutzigen und schweißigen, also | |
| proletarischen Wurzeln dieses Sports erinnert. Ihr Spiel – [2][zwei Tore | |
| aus drei Vorrundenspielen] – war ein Aufbegehren gegen das Spektakel, zu | |
| dem die Fifa den Fußball machen will. | |
| Ihre doppelte Abwehrreihe: eine Barrikade gegen die Kommerzialisierung. Ihr | |
| Konterspiel: eine Reminiszenz des Klassenkampfs. Ihr kampfbetontes Spiel: | |
| ein Bekenntnis, dass das Leben nicht, wie von den Reklametafeln des | |
| Kapitalismus verkündet, die Suche nach dem Glück ist, sondern die | |
| Vermeidung von Unglück. Schließlich ihr Unvermögen, gegen eine | |
| mittelmäßige, dezimierte Mannschaft ein [3][zweites Tor zu erzielen]: das | |
| in steingemeißelte Bekenntnis, dass Fußball kein Mädchentennis ist. | |
| Griechenland ist raus. Masada ist gefallen. Der Fußball ist tot. | |
| 30 Jun 2014 | |
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| Deniz Yücel | |
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