Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Korruption im griechischen Fußball: Reger Wechsel von Geldkoffern
> Ein Komitee der Fifa soll im griechischen Fußball für Ordnung sorgen.
> Verbandswahlen wurden wegen Bestechungsversuchen abgesagt.
Bild: Die Bengalos auf den Tribünen – hier Anfang Oktober bei Olympiakos Pir…
Athen taz | Michael Skibbe, seit genau einem Jahr griechischer
Nationaltrainer, kann sich glücklich schätzen. Denn: Er kann kaum
Griechisch. Verstünde er besser, was sich in diesen Tagen im ohnehin
chronisch krisengebeutelten griechischen Profifußball abspielt, triebe dies
dem 51-Jährigen wohl ein paar Sorgenfalten mehr auf die Stirn.
Skibbes Arbeitgeber bleibt zwar formal der griechische Fußballverband
HFF/EPO. Doch seit Ende voriger Woche hat der Weltfußballverband Fifa die
Macht in Athen übernommen. Ein sogenanntes Normalisierungskomitee werde in
Athen eingesetzt, wie Fifa-Generalsekretär Fatma Samoura am vorigen Freitag
in einem zweiseitigen Fax-Schreiben an die EPO mitteilte. Es steht unter
der Ägide des Fifa-Griechenlandbeauftragten Kostakis Koutsokoumnis.
Das Komitee habe die Aufgabe, so heißt es in dem dieser Zeitung
vorliegenden Fifa-Schreiben, die „täglichen Geschäfte des Verbandes zu
führen“, ferner die „Verbandsstatuten – falls notwendig – an die
Fifa-Standards anzupassen“, zudem „in enger Konsultation mit der Fifa und
Uefa die Gespräche mit der griechischen Regierung mit Blick auf die
nationale Sportgesetzgebung fortzusetzen“ – und nicht zuletzt „Wahlen für
eine neue Verbandsspitze zu organisieren“ – all dies bis spätestens Ende
Mai nächsten Jahres.
Anlass für die Intervention in Griechenland war ein Urteil des
EPO-Schiedsgerichts, nach dem die für den 26. Oktober angesetzten
Verbandswahlen zunächst abzusagen seien. Buchstäblich in letzter Minute
hatte ein einflussreicher Zeitungsverleger und Ex-Fußballfunktionär sowie
ein EPO-Regionalverband besagtes Gericht angerufen – mit Erfolg. Ihr
Vorwurf: Koffer seien prall gefüllt mit Euro-Geldscheinen quer durch
Griechenland getragen worden, um im Vorfeld der Verbandswahl bestimmte
wahlberechtigte EPO-Regionalverbände zu bestechen. Sogar Namen und Adressen
fielen, konkrete Summen auch.
Bestochen hätten alle aufs Tiefste zerstrittene Lager, um jeweils ihre
Kandidaten an die Spitze zu bringen. Mehrere Hunderttausend Euro seien
dabei geflossen, insgesamt rund vier Millionen Euro, wie griechische Medien
errechneten. Prompt schaltete sich Athens Justizminister ein. Die
Links-rechts-Regierung unter dem gezähmten Spargegner Alexis Tsipras hat
sich seit ihrer Machtübernahme im Januar 2015 ohnehin auf die Fahnen
geschrieben, den Sumpf der Korruption, der im hellenischen Fußball seit
Jahrzehnten blüht, konsequent auszutrocknen.
## Fragwürdige Entscheidungen
Sportminister Stavros Kontonis, ein enger Tsipras-Vertrauter, hatte den
diesjährigen Saisonstart in Griechenlands 16 Klubs umfassender Super League
schon zuvor kurzerhand um zwei Wochen verschoben.
In einem offenen Brief begründete Kontonis seinen Schritt unverhohlen mit
Wettskandalen, dubiosen Schiedsrichteransetzungen samt fragwürdiger
Entscheidungen auf dem Rasen, Missständen in der Sportgerichtsbarkeit und
daher drohender Fangewalt:
Der bisherige EPO-Chef Georgios Girtzikis warf zuletzt das Handtuch. Er kam
so seinem Rauswurf auf Geheiß des Staates zuvor. Der Grund: Wie fast der
gesamte bisherige EPO-Vorstand ist er in diversen Korruptionsskandalen
angeklagt. Allein im Fall um die Vergabe eines Gesundheitspasses für
Profifußballer geht es um exorbitante 29 Millionen Euro. Sie seien schlicht
versickert.
Unterdessen hat sich eine Opposition gegen „das korrupte Establishment“
gebildet. Die Großklubs Panathinaikos Athen, AEK Athen und Paok Saloniki
haben eine Allianz gebildet. Sie wettern schon lange gegen die bisherige
EPO-Spitze, insbesondere ob der Schiedsrichteransetzungen. Der Verband,
beklagen sie, stünde seit Langem unter den Fittichen von Olympiakos Piräus,
Griechenlands Serienmeister.
## Opposition ist geschockt
Die Fifa-Intervention stieß bei der Opposition auf Empörung. Er sei
„geschockt“, erklärte Paok-Boss Iwan Savvidis. Die Fifa gebe den bisherigen
Machthabern im griechischen Verbandswesen nur Zeit, um sich neu zu
formieren, monieren die Kritiker. Sportminister Kontonis sieht das anders.
Er begrüßte die Fifa-Intervention als „positive Entwicklung“.
Allerdings ist weder die genaue Zahl noch wer konkret mit dem Segen der
Fifa im Normalisierungskomitee mitmachen darf, bekannt. So wundert es
nicht, dass hinter den Kulissen abermals ein heftiges Gerangel entbrannt
ist. Diesmal geht es darum, wer die Plätze des besagten Komitees besetzt.
Alle Lager haben sich in Windeseile in Stellung gebracht. Das Hauen und
Stechen geht munter weiter.
25 Oct 2016
## AUTOREN
Ferry Batzoglou
## TAGS
Fußball
Griechenland
Schwerpunkt Korruption
Fifa
Schiedsgericht
Funktionäre
Japan
Weltjustiz
WM 2014
WM 2014
## ARTIKEL ZUM THEMA
Fußballfunktionäre in Italien: Wettstreit der Betrüger
Viele italienische Fußballfunktionäre gehen recht außergewöhnlichen,
kriminellen Geschäften nach – oft ohne größere Folgen.
Japaner im deutschen Fußball: Fukuhara kickt am Rhein
Rund 50 Japaner spielen derzeit in der fünftklassigen Mittelrheinliga. Ihr
Ziel ist es, Profi-Fußballer zu werden.
Die Wahrheit: Alle verhaften!
Wann greift die Weltjustiz einmal richtig durch? Kommt endlich die große
Säuberungswelle? Politiker sollten sich warm anziehen.
Kolumne Rambazamba: Der Tag, an dem der Fußball starb
Griechenland hatte die ganze Welt gegen sich. Dabei hat das griechische
Team daran erinnert, was Fußball wirklich ist: Arbeit, Arbeit, Arbeit.
Griechenland – Elfenbeinküste (Gruppe C): Endlich Hoffnung für Europa
In einem spannenden Spiel besiegt Griechenland in letzter Sekunde die
Elfenbeinküste und zieht mit zwei Toren aus drei Spielen ins Achtelfinale
ein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.