# taz.de -- Erneuerbare-Energien-Gesetz: Einigung in letzter Minute | |
> Union und SPD wollen die Bagatellgrenze für Eigenstromproduzenten | |
> beibehalten. Ein wichtiger Konflikt mit der EU bleibt ungelöst. | |
Bild: „Unwürdiges Chaos“ für Eigenstromproduzenten: Photovoltaikanlage in… | |
BERLIN taz | Für kurze Zeit sah es am Dienstag so aus, als würde Sigmar | |
Gabriels zentrales Projekt auf der Zielgeraden scheitern. Nachdem sich | |
Union und SPD in der vergangenen Woche nicht über wichtige Details des | |
Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) einigen konnten, gab es am Montag | |
plötzlich auch noch neue Änderungswünsche der Europäischen Kommission. | |
Weder ein abendlicher Koalitionsgipfel noch hektische Beratungen der | |
zuständigen Fachpolitiker konnten die Probleme bis Dienstagmorgen lösen: | |
Der Wirtschaftsausschuss, der um 8 Uhr morgens zu einer Sondersitzung | |
einberufen worden war, musste diese abbrechen, weil noch kein neuer | |
Gesetzestext vorlag. „Sitze in einem Ausschuss der nichts beraten will weil | |
Regierung nicht weiß was sie beantragen will“, twitterte die | |
Grünen-Abgeordnete Katharina Dröge. | |
Am Mittag dann die Wende. „Mir fällt ein Stein vom Herzen“, sagte | |
Unionsfraktionsvize Michael Fuchs, als er zusammen mit Hubertus Heil (SPD) | |
einen Kompromiss präsentierte. Wichtige Änderungen gibt es beim sogenannten | |
Eigenstrom; das ist Strom aus Kraftwerken, den die Betreiber selbst | |
verbrauchen, ohne ihn durchs öffentliche Netz zu leiten. Auch auf diesen | |
Strom muss bei neuen Anlagen künftig die EEG-Umlage bezahlt werden, mit dem | |
der Ausbau der erneuerbaren Energien finanziert wird. So soll verhindert | |
werden, dass durch verstärkte Eigenstrom-Nutzung die Umlage für alle | |
anderen Verbraucher weiter steigt. | |
Anders als von Wirtschaftsminister Gabriel zunächst geplant, gibt es beim | |
Eigenstrom nun einheitliche Sätze für Industrie, Gewerbe und | |
Privathaushalte: Für Strom aus erneuerbaren Energien und effizienter | |
Kraft-Wärme-Kopplung müssen zunächst 30, ab 2017 dann 40 Prozent der Umlage | |
bezahlt werden, für konventionelle Kraftwerke 100 Prozent. | |
Ausnahmen gelten nur für energieintensive Unternehmen, die auch beim | |
sonstigen Strom von der EEG-Umlage teilweise befreit sind. Und für kleine | |
Solaranlagen auf Ein- und Zweifamilienhäusern, bei denen die Erhebung der | |
Umlage ein großer bürokratischer Aufwand gewesen wäre, gibt es – anders als | |
zwischenzeitig geplant – weiterhin eine Bagatellgrenze. Bestehende Anlagen | |
genießen Bestandsschutz; dieser soll 2017 evaluiert werden. | |
## „Das würde das ganze System infrage stellen“ | |
Vor allem auf Wunsch der CSU werden bestehende Biogas-Anlagen besser | |
gestellt als bisher geplant. Für neue Anlagen bleibt es hingegen bei | |
starken Einschnitten, die den Zubau begrenzen sollen. | |
Auf Druck der EU-Kommission werden zudem die Ausnahmen für die Industrie | |
etwas eingeschränkt: Unternehmen, die die alten Bedingungen dafür erfüllt | |
haben, unter den neuen aber herausfallen, bekommen nun doch keine | |
dauerhafte Härtefall-Regelung, sondern nur eine temporäre bis 2018. Andere | |
Firmen werden hingegen durch veränderte Details entlastet; die genauen | |
Auswirkungen waren am Dienstag noch unklar. | |
Keine Lösung gab es für die Forderung der EU, importierten Strom von der | |
EEG-Umlage auszunehmen. „Das würde das ganze System infrage stellen“, meint | |
Heil. Hier will es die Regierung darum auf einen Konflikt mit der EU | |
ankommen lassen. | |
Die Opposition hält es angesichts der vielen kurzfristigen Änderungen für | |
unzumutbar, das 200-seitige Gesetz wie geplant am Freitag zu verabschieden. | |
Union und SPD produzierten ein „unwürdiges Chaos“ und setzten die | |
Opposition unter „künstlichen Zeitdruck“, kritisierte Eva Bulling-Schröter | |
(Linke). Oliver Krischer (Grüne) sprach von einer „Bankrotterklärung“" der | |
großen Koalition. Um das Gesetz „sauber und rechtssicher“ zu beraten, sei | |
eine Verschiebung der Abstimmung in die nächste Sitzungswoche notwendig. | |
Die Regierung will davon hingegen nichts wissen - und verweist darauf, dass | |
das Gesetz zum 1. August in Kraft treten muss, damit Unternehmen | |
rechtzeitig ihre Ausnahmen für das nächste Jahr beantragen können. Darum | |
solle trotz des „zugegebenermaßen großen Zeitdrucks“ am Abstimmungstermin | |
festgehalten werden, sagte SPD-Fraktionsvize Heil. CDU-Mann Fuchs kann die | |
Aufregung um die fehlende Beratungszeit überhaupt nicht nachvollziehen und | |
sieht ein „normales Verfahren“. | |
24 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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