# taz.de -- Grundsatzurteil zu Persönlichkeitsrechten: BGH stärkt Anonymität… | |
> Das Bewertungsportal Sanego muss auch nach Falschbehauptungen die Daten | |
> eines anonymen Nutzers nicht preisgeben. Das entschied der | |
> Bundesgerichtshof. | |
Bild: Auch wenn ein Nutzer im Internet falsche Behauptungen aufstellt – er bl… | |
KARLSRUHE dpa | Internetdienste müssen die Namen anonymer Nutzer nicht an | |
Privatpersonen herausrücken. Dies entschied am Dienstag der | |
Bundesgerichtshof in Karlsruhe in einem Fall von grundsätzlicher Bedeutung. | |
Dabei scheiterte ein Arzt aus Baden-Württemberg mit der Forderung, Namen | |
und Anschrift zum Verfasser einer abträglichen Bewertung im Online-Portal | |
Sanego zu bekommen. Der VI. Zivilsenat des Gerichts bekräftigte damit den | |
Schutz der Anonymität im Internet. | |
Die Anonymität dürfe nach den Bestimmungen des Telemediengesetzes (TMG) nur | |
in wenigen Ausnahmen aufgehoben werden, sagte der Vorsitzende Richter | |
Gregor Galke bei der Verkündung der Entscheidung. Er nannte | |
Strafverfolgung, Gefahrenabwehr und die Durchsetzung von Urheberrechten. | |
„Der Schutz der Persönlichkeitsrechte ist nicht genannt“, betonte Galke. | |
Der Senat habe geprüft, ob es sich dabei um ein Versehen des Gesetzgebers | |
gehandelt habe. „Das war nicht der Fall.“ | |
Die Entscheidung bedeutet, dass es bei abträglichen Behauptungen in | |
Internet-Portalen aller Art keine zivilrechtliche Handhabe gibt, um von dem | |
Anbieter Name und Adresse eines anonymen Verfassers zu bekommen. Das | |
könnten Betroffene etwa fordern, um Schadenersatz bei einer Rufschädigung | |
zu verlangen. Sie können jedoch weiterhin eine Strafanzeige bei der Polizei | |
stellen. Ermittelt dann ein Staatsanwalt und erwirkt eine richterliche | |
Anordnung, müssen Internet-Dienste den Behörden die Daten eines anonymen | |
Nutzers vorlegen. | |
Mit der Entscheidung werde „der Schutz des Einzelnen gestärkt, im Internet | |
seine Meinung kundzutun“, sagte der Mainzer Rechtsanwalt Jens Gmerek. | |
Gmerek hatte das Bewertungsportal Sanego während des Verfahrens vor dem | |
Stuttgarter Oberlandesgericht vertreten, dessen Berufung nun vor dem BGH | |
endete. „Die Betroffenen sind ja nicht schutzlos“, sagte Gmerek der | |
Nachrichtenagentur dpa. „Wir haben jetzt nur die Hürde, dass sie bei | |
strafrechtlich relevanten Äußerungen den Staatsanwalt einschalten müssen.“ | |
Anders als bei der mündlichen Verhandlung am 3. Juni war der schwäbische | |
Arzt diesmal nicht nach Karlsruhe gekommen. Seitens der Kanzlei, die den | |
Kläger vor dem BGH vertrat, sagte Rechtsanwalt Jochen Höger, mit der | |
Entscheidung werde „dem Betroffenen die Möglichkeit genommen, sich gegen | |
nachweisliche Falschbehauptungen in solchen Foren zu wehren“. | |
Der klagende Arzt hatte erst vom Landgericht, dann auch vom | |
Oberlandesgericht Stuttgart in allen Punkten Recht bekommen. Das | |
Bewertungsportal mit Sitz in Dreieich bei Frankfurt folgte der Anordnung, | |
die Bewertung des Arztes mit falschen Tatsachenbehauptungen aus dem Netz zu | |
nehmen. Gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung legte Sanego dann | |
aber Revision ein. Der BGH hob nun das Urteil des OLG Stuttgart vom 26. | |
Juni vergangenen Jahres auf. Zuvor hatte auch das OLG Dresden einen | |
Auskunftsanspruch bestätigt, das OLG Hamm hatte dies jedoch verneint. | |
1 Jul 2014 | |
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