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# taz.de -- Flüchtling in besetzter Berliner Schule: Nichts zu verlieren
> Ahmad al-Nour hat die Ernsthaftigkeit der Verzweifelten. Aus dem Sudan
> geflohen, harrt er auf dem Dach der Schule aus, um ein Bleiberecht zu
> erhalten.
Bild: Eine der prägenden Figuren der Berliner Flüchtlingsproteste: Ahmad al-N…
Mit hochgezogenen Schultern steht Ahmad al-Nour zwischen seinen beiden
Gefährten vor dem Tor der besetzten Schule in Berlin-Kreuzberg. Dutzende
Polizisten rechts und links, hinten und vorne schirmen die Pressekonferenz
ab.
Es ist Freitagnachmittag und das erste Mal seit Tagen, dass die Flüchtlinge
direkt mit den Journalisten reden dürfen. Sie sprechen von ihren
Forderungen nach einem Bleiberecht. Sie erzählen, dass sie aus dem Sudan
stammen und ihre Asylanträge abgelehnt wurden. Sie schreien nicht, sie
toben nicht. Sie haben diese Ernsthaftigkeit der Verzweifelten.
„Wenn die Polizei reinkommt, werden wir vom Dach springen“, sagt der junge
Mann rechts von Al-Nour mit großer Bestimmtheit. Man glaubt es ihnen. Schon
möglich, dass die Öffentlichkeit die drei in diesem Moment zum letzten Mal
sieht. Sie haben nichts zu verlieren.
Al-Nour floh nach eigenen Angaben vor drei Jahren wegen des Bürgerkriegs in
Darfur aus dem Sudan. Über Ägypten und Griechenland erreichte er Italien.
2012 kam er in Deutschland an, in Niedersachsen lebte er in einer
Flüchtlingsunterkunft – bis er sich den Protesten anschloss und nach Berlin
kam.
Im Mai sei sein Asylantrag abgelehnt worden, erzählt er. Der schmächtige
Sudaner ist 27 Jahre alt, wirkt aber jünger. Auf der Pressekonferenz
spricht er nicht viel. Dabei ist er durchaus eine der prägenden Figuren der
Berliner Flüchtlingsproteste. Im Sudan habe er als Maler und Maurer
gearbeitet, sagt er. Im Camp auf dem Oranienplatz übernahm er die Rolle des
Küchenchefs. Er war einer von denen, die den Laden am Laufen hielten, trotz
aller Widrigkeiten. Bis der Senat Einzelfallprüfungen versprach und das
Camp abgebaut wurde.
Viele Flüchtlinge sehen das im nachhinein als Fehler, den sie nicht
wiederholen wollen. Al-Nour und seine Leute sagen, sie harren auf dem Dach
der Schule aus, bis sie tatsächlich ein Bleiberecht bekommen – was
Innensenator Frank-Henkel (CDU) ablehnt. Eine verfahrene Situation.
Auch der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele kletterte am Wochenende
auf das Dach, um zu vermitteln. Die Polizei hat am Montagabend angekündigt,
sich zurückzuziehen, wenn es nicht bald voran gehe in der Schule. Bis
Dienstagmittag muss sich der Bezirk entscheiden, ob er das Gebäude räumen
lässt. Und damit möglicherweise Tote und Verletzte riskiert.
1 Jul 2014
## AUTOREN
Antje Lang-Lendorff
## TAGS
Berlin
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