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# taz.de -- Nationalismus zur WM: Deutscher als die Polizei erlaubt
> Die Deutschlandparty war nicht nur harmlos, es kam auch zu
> nationalistischen Ausbrüchen. Auf der Facebook-Seite „Schland-Watch“
> wurden sie gesammelt.
Bild: Dienstliche Neutralität? Nee, Deutschland!
BERLIN taz | Autokorsos sind voll 2006. Die meisten Jubelbekundungen finden
mittlerweile in den sozialen Netzwerken statt. Keine Timeline, die sich in
diesen Tagen nicht, zumindest teilweise, schwarz-rot-gold färbte. Facebook,
ein Fahnenmeer. Und mittendrin taucht dieses Bild auf: Eine
Deutschlandflagge mit Hakenkreuzschmiererei, drapiert um eine Figur des
Freiburger Siegesdenkmals, angeblich aufgenommen nach dem deutschen
[1][Gewinn des WM-Titels].
“Dieses Bild wird von uns in kritischer Absicht dargestellt“, steht
daneben. Die Betreiber der [2][Facebook-Seite Schland-Watch] haben es sich
zur Aufgabe gemacht, die gesamte Fußball-WM kritisch zu begleiten. Die über
die letzten Wochen entstandene Sammlung erlaubt eine Turnierrückschau der
anderen Art. [3][Merkwürdige Fan-Artikel] wie die Deutschland-Klobürste,
stehen neben einem vor Pathos nur so triefenden Fan-Gedicht aus einer
Lokalzeitung, gefolgt von einem Adorno-Zitat.
Das Schland-Watch-Team, das gerne anonym bleiben möchte, steht „deutschen
Menschenaufläufen, die Fahnen schwenken und ‚Sieg, Sieg, Sieg‘ rufen, auch
historisch betrachtet sehr skeptisch gegenüber“. Während des Turniers
wollten sie keiner bestimmten Elf die Daumen drücken. Doch da sie in
Deutschland leben und den transportierten Nationalismus innerhalb der
deutschen Fan-Kultur als besonders bedrückend wahrnehmen würden, drückten
sie dafür die Daumen, dass Deutschland möglichst schnell ausscheidet.
Die „Mission Vorrundenaus“ scheiterte. Dennoch oder gerade deswegen fand
die Seite sehr viele Fans: Erst kurz vor der WM ins Leben gerufen, zählt
sie heute über 17.000 „Gefällt mir“-Angaben. Doch die Kritiker zogen auch
Kritik auf sich. So seien sie teilweise übel beschimpft worden. „Wenn der
Ton einigermaßen OK war, haben wir geantwortet und versucht unsere Haltung
zu erklären. War es uns zu anmaßend, dann haben wir die Mails ignoriert“,
sagen die Betreiber der Seite.
## Täglich 50 Mails
Die vielen Nachrichten der Nutzer waren jedoch auch hilfreich.
Recherchierte das Team anfangs noch selbst, bekam es im Laufe des Turniers
das gesamte Material aus Zuschriften. „Zum Schluss hatten wir an die 50
Mails täglich im Postfach.“ Dazu gehörte zum Beispiel [4][ein Foto] aus
Bochum, das einen Reichsadler und die Zahl 1945 auf weißem T-Shirt-Grund
zeigt. Dazu die Überschrift in Fraktur: Vizeweltmeister.
Während die Nationalmannschaft vielerorts für ihre multikulturellen Wurzeln
gefeiert wird und es auch oftmals Menschen mit Migrationshintergrund waren,
[5][die besonders laut für die DFB-Elf jubelten], steht das
Schland-Watch-Team dem Multikulti-Aspekt kritisch gegenüber.
Gegenüber der taz sagten sie: „Migrant*innen, die sich zum Vorteil des
nationalen Kollektivs verwerten lassen (z. B. ökonomisch oder auf dem Weg
zum WM-Titel), werden hier toleriert (und mehr auch nicht), während
vermeintlich ‚nutzlose‘ Migrant*innen weiter ausgegrenzt werden. Diese auch
im deutschen Einwanderungsrecht verankerte und aus unserer Sicht
menschenverachtende Sortierung von Personen nach ihrer Nützlichkeit, wird
durch das Prinzip Nationalmannschaft nicht nur repräsentiert, sondern in
der Gesellschaft verfestigt.“
Eine Leserin der Seite findet „alles so unendlich traurig hier :-( Und zwar
von BEIDEN Seiten.“ Zwar sei sie zutiefst angewidert von einigen der
geposteten Bilder, doch finde sie es „unter aller Sau, jeden, der zur WM
eine Deutschlandflagge hisst, als Nationalist zu verunglimpfen“.
15 Jul 2014
## LINKS
[1] /DFB-Elf-ist-Weltmeister/!142369/
[2] http://www.facebook.com/schlandwatch.original?fref=ts
[3] /
[4] http://www.facebook.com/photo.php?fbid=504345223031827&set=pb.472527202…
[5] /WM-und-Integration-in-Berlin/!142407/
## AUTOREN
Marco Wedig
## TAGS
WM 2014
Deutschland
Nationalismus
Emanzipation
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Fußball
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