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# taz.de -- Kolumne Luft und Liebe: So crazy wie goldene Leggins
> Der Kampf um Worte ist wild und die Sehnsucht nach Einfachheit groß.
> Schon ein neues „x“ kann Menschen wahnsinnig machen.
Bild: Unter vielen anderen Möglichkeiten findet sich auch ein X.
Wissenschaft ist eine verrückte Sache. Es gibt Menschen, die erforschen,
wie [1][Heringe] mithilfe von Blasen aus ihrem Analtrakt kommunizieren, und
solche, die ausrechnen, wie man verbrannte [2][Pfannkuchen] nach Größe
sortieren kann. Tatsächlich dient nur das Allerwenigste von dem, was wir
von unseren Steuern bezahlen, dazu, Krieg, Krebs und Rotweinflecken
loszuwerden. Eine Erkenntnis, die man erst mal verkraften muss, je nachdem,
wie komplex man so drauf ist.
[3][Lann Hornscheidt] lehrt Gender Studies und Sprachanalyse an der
Humboldt-Uni. Sie will nicht, dass Menschen ständig in Frauen und Männer
eingeteilt werden, und schlägt vor, ab und zu neue Sprachformen
auszuprobieren, zum Beispiel die Endung „-x“. Neben „Professor“ und
„Professorin“ gibt es dann das Wort „Professx“ (sprich: „Professix“…
nennt sich Hornscheidt auch selber. In ihren Seminaren lässt sie die Leute
unter anderem Gedichte schreiben und mit Sprache rumprobieren.
Das ist ungefähr so crazy wie eine Designerin, die goldene Leggins
entwirft: Niemand muss die tragen. Aber wer Bock hat, kann. Das schadet
niemandem, aber es hilft denen, die sich in schwarzen Leggins nicht
wohlfühlen.
Wer wissen will, wie sehr dieses „x“ Leute wahnsinnig macht, kann die
Kommentare unter einem [4][Facebook-Beitrag] von Deutschlandradio Kultur
lesen. Lann Hornscheidt hat dort ein [5][Interview] gegeben. (Wie auch
schon [6][zwei] [7][mal] in der taz und bei [8][Spiegel Online].)
Schon in den ersten 100 Kommentaren finden sich sämtliche Arten von
Reaktionen, die man unter Beiträgen über Genderforschung eben so findet.
Neben den üblichen Dialogen („Lächerlich!“ – „Nichts ist lächerlich.…
„Doch. Das.“) kriegt man dabei Dinge mit, für die man den Leuten, die das
geschrieben haben, gern bis auf weiteres den Grundschulabschluss aberkennen
möchte.
Die Sehnsucht nach Einfachheit ist groß. Deswegen ist auch die Palette der
Kritikpunkte nicht so unfassbar kompliziert. Die häufigsten Kritiken im
Schnelldurchlauf (Reihenfolge egal): 1. Alles Quatsch. 2. Meine Steuern. 3.
Alles persönliche Probleme. 4. Luxusprobleme. 5. Aber Biologie. 6. Aber
Israel. 7. Problem P437 (Kitaplatzmangel/Müll im Ozean/…) geht davon nicht
weg. 8. Also ich fühl mich ganz wohl mit meinen geilen Brüsten/als hotter
Stecher. 9. Alles Ideologie. 10. Unsere arme Sprache.
Nein, vermutlich hilft die „x“-Endung nicht im Nahostkonflikt. Vielleicht
löst sie überhaupt ganz wenig und wird schon bald durch irgendwas mit „y“
abgelöst. Menschen, die sich an Babyspinat-Mangold-Smoothies gewöhnen,
werden sich mit der Zeit auch an neue Sprachformen gewöhnen. Menschen, die
versuchen, einer Wissenschaftlerin zu erklären, was sie vor geschätzten 37
Jahren in der Schule gelernt haben, von jemandem, der 20 Jahre vorher
Biologie auf Lehramt studiert hat: schwierig.
Und Menschen, die mit Problemen anderer Leute ignorant umgehen: noch
schwieriger. Ihre Haltung lässt sich zusammenfassen in: „Haha, ihr
Arschgeigen, warum habt ihr eigentlich Stress mit Zweigeschlechtlichkeit;
uns geht es doch auch gut“, auch bekannt als: „Sollen sie doch Kuchen
essen!“ Und das ist, wie wir heute wissen, nicht cool.
17 Jul 2014
## LINKS
[1] http://www.br-online.de/kinder/fragen-verstehen/wissen/2007/01850/
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Pfannkuchen-Sortierproblem
[3] http://www.lannhornscheidt.com
[4] http://www.facebook.com/dkultur/posts/819240238087586
[5] http://www.deutschlandradiokultur.de/gender-studies-der-vorschlag-mit-dem-x…
[6] /1/archiv/digitaz/artikel/
[7] /Geschlechtergerechte-Sprache/!138526/
[8] http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/gendertheorie-studierx-lann-horn…
## AUTOREN
Margarete Stokowski
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