| # taz.de -- Genderneutrale Sprache in Frankreich: „Français·e·s“ | |
| > Die französische Grammatik zeugt von Männerdominanz. Doch Premier Edouard | |
| > Philippe ist gegen geschlechtergerechte Formulierungen. | |
| Bild: Kritiker befürchten, dass eine geschlechtergerechte Sprache das Französ… | |
| Paris taz | Braucht es für die Gleichstellung von Mann und Frau in | |
| Frankreich auch eine Reform der Schriftsprache? In Frankreich gibt es | |
| derzeit heftige Auseinandersetzungen über den Versuch, die von einer | |
| jahrhundertelangen Männerdominanz geprägte Grammatik der französischen | |
| Sprache einer genderneutraleren oder nichtdiskriminierenden Schreibweise | |
| anzupassen. Sogar Frankreichs Premier Edouard Philippe mischt in der | |
| Debatte über inklusive Sprache mit. Er wies die Ministerien an, gewisse | |
| geschlechtergerechte Formulierungen nicht zu verwenden. | |
| Es gibt seit Jahren Versuche, die krasse männliche Vorherrschaft in der | |
| französischen Sprache abzubauen. Für anderssprachige BeobachterInnen tönt | |
| es immer noch kurios oder grotesk, wenn ein weibliches Regierungsmitglied | |
| hochoffiziell als „Madame le ministre“ angesprochen und angeschrieben wird | |
| oder eine in den Senat gewählte Politikerin als „Madame le sénateur“. Dab… | |
| wäre es so einfach, das maskuline „le“ in ein weibliches „la“ umzuwand… | |
| und statt der männlichen Form „sénateur“ die weibliche Bezeichnung | |
| „sénatrice“ zu gebrauchen. | |
| Diese „Feminisierung“ gewisser Bezeichnungen wurde noch 2002 von der | |
| Académie française abgelehnt, die seit 1635 mit ihrem Wörterbuch als | |
| anerkannte Autorität das Französische wacht. Auch bei „cheffe“ statt „c… | |
| oder „écrivaine“ statt „écrivain“ sträubten sich den „Unsterbliche… | |
| die Mitglieder dieses Altherrenklubs genannt werden, die Haare. | |
| Mittlerweile haben sie sich halbwegs damit abgefunden, dass es auch | |
| Direktorinnen, Schriftstellerinnen oder weibliche Abgeordnete gibt. Darum | |
| erlaubt die Académie den Gebrauch im Alltag – nicht aber in offiziellen | |
| Texten. | |
| Doch vor Kurzem fand die Toleranz des exklusiven Klubs ihre Grenzen: Die | |
| französische Sprache schwebe „in tödlicher Gefahr“, warnte die Académie | |
| française Ende Oktober – und zwar wegen der geschlechtergerechteren | |
| Schreibweisen, die für „geistige Verirrung“ sorgten. | |
| ## Widerstand gegen inklusive Schreibform | |
| Es geht um die Schreibweise bei gemischten Gruppen. Bisher war die Regel | |
| klar: Die männliche Form dominiert. Das könnte zum Beispiel mit einem Punkt | |
| auf halber Höhe sichtbar vermieden werden. Ein Beispiel: „Les femmes et les | |
| hommes sont divisé·e·s.“ Die kleinen Punkte mitten im Wort würden den Satz | |
| „unlesbar“ machen, meinen aber die Kritiker der Académie. Ihnen ist die | |
| vorgeschlagene Neuerung ein Gräuel. Sie sind nicht die Einzigen: 312 | |
| LehrerInnen haben sich in einer Petition gegen die „inklusive“ Schreibform | |
| im Unterricht ausgesprochen. | |
| Auch die Regierung nimmt die Warnung der Académie Ernst. Nachdem bereits | |
| der Erziehungsminister angeordnet hatte, dass in den Schulen diese | |
| „inklusive“ Schreibe nicht unterrichtet werden dürfe, hat jetzt Premier | |
| Philippe diese auch aus der Amtssprache der Français·e·s verbannt. Das | |
| hindert freilich keine und keinen in Frankreich, die Geschlechtergleichheit | |
| mit den symbolisch wichtigen Pünktchen auf den Punkt zu bringen und so die | |
| sprachliche Männerherrschaft infrage zu stellen. | |
| 23 Nov 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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