# taz.de -- Wahlen in Tunesien: Parteien versprechen Fairness | |
> Im Herbst werden in Tunesien ein neues Parlament und ein neuer | |
> Staatspräsident gewählt. Die Registrierung der Wahlberechtigten verläuft | |
> schleppend. | |
Bild: Tunis: Demo gegen den Angriff von Islamisten auf einen Armee-Checkpoint. | |
MADRID taz | Tunesien steht vor den zweiten freien Wahlen nach dem Sturz | |
des Diktators Ben Ali im Januar 2011. Am 26. Oktober soll das Parlament | |
gewählt werden und am 23. November der Staatspräsident. Der erste Schritt | |
ist die Registrierung der Wähler. Einen Monat hatten diejenigen, die bei | |
der ersten Wahl im Oktober 2011 nicht registriert waren, Zeit, um sich | |
einschreiben zu lassen. Am Dienstag um Mitternacht lief die Frist ab, wurde | |
aber von der Unabhängigen Wahlbehörde (ISIE) um mindestens eine Woche | |
verlängert. | |
Die ISIE reagierte damit auf die schleppende Einschreibung der | |
Wahlberechtigten. Gerade einmal 600.000 fanden den Weg zu den | |
Registrierungsbüros oder sandten ihre Daten per Internet und SMS. Zusammen | |
mit den 4,3 Millionen, die sich 2011 eingetragen hatten, sind das knapp 5 | |
der 7,3 Millionen Wahlberechtigten. „Wer nicht eingeschrieben ist, kann | |
weder wählen noch sich zur Wahl stellen“, plädiert die ISIE eindringlich an | |
die Bevölkerung, sich doch noch zu registrieren. | |
Die erste freie Wahl nach dem Sturz der Diktatur hatte die islamistische | |
Ennahda-Partei gewonnen. Nach mehreren schweren politischen Krisen, | |
hervorgerufen durch tödliche Anschläge auf zwei Oppositionspolitiker 2013, | |
einigten sich die wichtigsten Parteien im vergangenen Dezember auf eine | |
Technokratenregierung, die das Land zu den Wahlen führen wird. Im Januar | |
wurde vom Parlament eine neue Verfassung angenommen. Sie gilt als die | |
modernste in der arabischen Welt. | |
Die Registrierung fiel mit dem Fastenmonat Ramadan zusammen. Wer bei der | |
sommerlichen Hitze fastet, tut sich oft schwer mit ermüdenden | |
Behördengängen. Die Internetseite wurde zudem gehackt und fiel mehrere Tage | |
aus. Vor allem in den ländlichen Gegenden verlief die Registrierung | |
schleppend. Die Behörden verstärkten in den letzten Tagen dort ihr Personal | |
und statteten entlegenen Dörfern Besuche ab. | |
## „Ehrenerklärung“ unterzeichnet | |
Über 20 Parteien haben ebenfalls am Dienstag auf Initiative des in Genf | |
ansässigen Zentrums für Humanitären Dialog (HD Centre) eine | |
„Ehrenerklärung“ unterzeichnet. Darin verpflichten sie sich, für friedlic… | |
und saubere Wahlen zu sorgen. Die Parteien wollen auf „alle Handlungen | |
(Machtmissbrauch, Korruption, illegale Finanzierung, Druck auf Wähler etc.) | |
verzichten, die das Recht der Tunesier, ihre demokratische Ansichten durch | |
Wahlen frei zum Ausdruck zu bringen, gefährden können“. Das Dokument wurde | |
unter Anwesenheit von Präsident Moncef Marzouki im Rathaus von Tunis | |
unterzeichnet. | |
Die größte Sorge der Behörden und Politiker in Tunesien gilt derzeit der | |
Gewalt. Immer wieder kommt es an der bergigen Grenze zu Algerien zu | |
bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen radikal-islamistischen | |
Untergrundkämpfern und der Armee und Gendarmerie. Mittwoch vor einer Woche | |
kamen dabei 15 Soldaten ums Leben. Die Regierung reagierte jetzt mit der | |
Schließung von mehreren Moscheen, in denen die Angriffe gefeiert worden | |
waren, und dem vorübergehenden Verbot von 157 Organisationen. | |
23 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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