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# taz.de -- Wiederaufnahme im Mollath-Prozess: Stur, aber nicht allgemeingefäh…
> Der psychiatrische Gutachter meint, Gustl Mollath stelle keine Gefahr für
> die Allgemeinheit dar. Doch der hatte sich der Begutachtung verweigert.
Bild: Mollath und Anwalt Strate (l.), der seinen Mandanten nur noch als Pflicht…
Regensburg taz . Im Wiederaufnahmeverfahren von Gustl Mollath vor dem
Regensburger Landgericht hat am Freitag der forensische Psychiater
ausgesagt. Er sollte klären, ob der Angeklagte schuldunfähig und
allgemeingefährlich ist. Laut Norbert Nedopil stellt Gustl Mollath keine
Gefahr für die Allgemeinheit dar. Eine erneute Unterbringung in der
Psychiatrie ist somit so gut wie ausgeschlossen.
Der 57 Jahre alte Mollath muss sich wegen Körperverletzung,
Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung verantworten. Er soll 2001 seine
damalige Ehefrau körperlich misshandelt und eingesperrt sowie Autoreifen
zerstochen haben. Laut Anklage hat Mollath sich an Menschen rächen wollen,
die an dem Scheidungsstreit mit seiner Frau beteiligt waren oder sich sonst
gegen ihn gewandt hätten.
Ob Mollath unter einer wahnhaften Störung leidet, konnte der Experte aber
nicht bestimmen. Das könne er nur in einem Untersuchungsgespräch
feststellen, dem sich Mollath verweigert hatte. Trotzdem müsse eine
wahnhafte Störung zumindest für die Zeit des Konflikts zwischen Mollath und
seiner Frau 2001/2002 "ernsthaft erwogen werden".
Nedopil erklärte, er habe bei Gustl Mollath Persönlichkeitsmerkmale
festgestellt, die in einer „besonderen Belastungssituation“ zum Wahn führen
können. Mollath würde sich selbst als „besonders rechtschaffenen Menschen“
empfinden, der auf eine sture Weise für seine Version der Gerechtigkeit
eintrete und sich selbst überschätze. Diese Charakterzüge leitete Nedopil
daraus ab, dass Mollath überzeugt war, „die größte Schwarzgeldschieberei“
aufgedeckt zu haben und der Urheber der größten „Friedensdemo der Welt“ zu
sein. Außerdem zeugten die immer wieder auftretenden Probleme mit seinen
Anwälten von „mangelnder Kompromissbereitschaft“.
## „Herr Nedopil hat falsche Eindrücke gewonnen“
Erst am Donnerstag hatte Mollaths Anwalt Gerhard Strate sein Mandat
niedergelegt, er führt die Verhandlung aber jetzt als Pflichtverteidiger
weiter. Dafür, dass Mollath zeitweise nur noch in seiner „Privatrealität“
gelebt habe, spreche laut Nedopil auch dessen Umgang mit einem seiner
früheren Gutachter. W. Mollath unterstellte W. geschäftliche Beziehungen zu
einem Kollegen seiner Frau, weil W. neben diesem wohnte. Das sei für die
meisten Menschen genauso „abwegig“, wie Mollaths Annahme, Gutachter würden
zu einem anderen Urteil kommen, weil sie bei einer bestimmten Bank ein
Konto hätten.
Aus heutiger Sicht konnte Nedopil fast ausschließen, dass Mollaths
Handlungen durch seinen Wahn motiviert waren. Schuldunfähig wäre etwa ein
Wahnkranker, der annimmt, seine rechtswidrigen Handlungen würden ihm von
Gott diktiert, und Gottes Gesetz breche eben das menschliche. Doch auch
ohne Mollaths Überzeugung, seine Frau spinne Intrigen gegen ihn, sei die
Ehe schon derartig in der Krise gewesen, dass es zu körperlichen
Auseinandersetzungen hätte kommen können.
Vollends schloss Nedopil die Schuldunfähigkeit für die Reifenstechereien
aus. Nicht jeder, der Verbrechen begehe, sei psychisch krank. Wenn man eine
„Wut“ habe, könne das Aufstechen von Autoreifen auch als
normalpsychologische Reaktion eingestuft werden. Mollath reagierte auf die
Begutachtung seines Geisteszustandes mit zahlreichen Fragen. Eine halbe
Stunde lang versuchte er klar zu machen, dass es sich bei seinen
Schwarzgeld-Vorwürfen nicht um „Peanuts“ handle, wie Nedopil sagte. Zudem
legte er dar, warum es Konflikte zwischen ihm und seinen Anwälten gegeben
hatte.
„Herr Nedopil hat falsche Eindrücke gewonnen“, sagte Mollath schließlich.
Damit der ihn besser hätte einschätzen können, hatte Mollath beantragt,
alte Schulfreunde von sich als Zeugen zu laden. Nedopil meinte, an Mollath
gewandt, er wäre gut beraten gewesen, wenn er sich einem Gespräch mit ihm
gestellt hätte.
25 Jul 2014
## AUTOREN
Lisa Schnell
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