# taz.de -- Prozess um Gustl Mollath: Beim Gegenangriff verzettelt | |
> Ein Freund von Gustl Mollath bezichtigt dessen Exfrau, ein Komplott | |
> geplant zu haben. Doch dabei verstrickt er sich in Widersprüche. | |
Bild: Gustl Mollath vor Gericht in Regensburg. | |
REGENSBURG taz | Am vierten Prozesstag des Wiederaufnahmeverfahrens gegen | |
Gustl Mollath steht Edward Braun im Zeugenstand. Auf den 66-jährigen | |
Zahnarzt mit dunkelgrauen Haaren und Hornbrille setzt Mollath seine | |
Hoffnungen. Die zwei kennen sich seit 1985, sie sind zusammen in Italien | |
Rennen gefahren. Braun soll seine Version bestätigen, dass seine Exfrau | |
alles daran gesetzt hat, ihn in die Psychiatrie zu bringen. | |
Doch Braun verstrickt sich immer wieder in Widersprüche, so dass das | |
Gericht an seiner Glaubwürdigkeit zweifelt. Zunächst hat Richterin Elke | |
Escher aber Mühe, Braun überhaupt auf die für das Verfahren wichtigen | |
Punkte zu bringen. Es dauert, bis er auf die zwei Anrufe zu sprechen kommt, | |
die er von Petra M. 2002 erhalten haben will. Mitte Mai habe sie ihn mit | |
„ungnädiger“ Stimme gebeten, auf ihren Mann einzuwirken, sich nicht in ihre | |
beruflichen Belange einzumischen. Das lasse sie sich nicht gefallen. Aber | |
Braun rief Mollath nicht an. | |
Am 31. 5. 2002 habe das Telefon in seinem Privatbüro zu Hause wieder | |
geklingelt. Fast hysterisch soll Petra M. gesagt haben: „Wenn Gustl mich | |
und meine Bank anzeigt, mach ich ihn fertig. Ich hab sehr gute Beziehungen. | |
Dann zeig ich ihn an. Das kannst du ihm sagen. Der ist doch irre, den lass | |
ich auf seinen Geisteszustand überprüfen, dann häng ich ihm was an, ich | |
weiß auch, wie.“ | |
Braun rezitiert das Telefonat wortwörtlich. Genau so hatte er es auch im | |
September 2011 in einer eidesstattlichen Erklärung aufgeschrieben, genau so | |
wiederholte er es vor dem Untersuchungsausschuss im Landtag. Er wollte | |
seinem Freund helfen, das sei eine „Bürgerpflicht“, sagt er. 2010 hatte | |
Mollath ihn verzweifelt aus der Psychiatrie Bayreuth angerufen, ihm | |
erzählt, er sei unschuldig weggesperrt. Ist seine Aussage ein | |
Freundschaftsdienst oder „stimmt das tatsächlich?“, fragt Richterin Escher. | |
Dass er sich noch an das genaue Datum des Anrufs erinnern kann, ist | |
plausibel: Braun hat die Eigenart, alle wichtigen Ereignisse in kleinen | |
Kalendern festzuhalten. Den von 2002 hat er dabei, auch die | |
Schreibtischunterlage von damals mit Notizen des Gesprächs. Alle außer | |
Mollath kommen vor zum Richterpult, um die Kritzeleien zu begutachten. Der | |
Termin ist notiert, nicht aber, dass Petra M. gedroht habe, ihren Mann auf | |
seinen Geisteszustand zu überprüfen. | |
Den genauen Inhalt habe sich Braun auf einem weiteren Schmierzettel kurz | |
nach dem Anruf notiert. Doch wo der geblieben sei? Braun kommt ins | |
Stottern, redet von den „Damen“ aus seiner Zahnarztpraxis, die beim großen | |
„Reinemachen“ alles wegschmeißen. Und er wird patzig: „Was fragen Sie hi… | |
eigentlich?“ Die ganze Nation wisse doch, welches Unrecht Mollath | |
widerfahren ist. | |
Doch dieses Thema interessiert nicht vor Gericht. Richter und Staatsanwälte | |
löchern ihn weiter. Um einen Freispruch zu erlangen, hätte Mollath Braun | |
gar nicht gebraucht. Bis jetzt gibt es keine stichhaltigen Beweise, dass er | |
seine Frau misshandelt hat. Doch Mollath geht es um mehr: Er will die | |
Justiz belasten. Am Freitag hat er dazu eine neue Chance: Dann wird sich | |
Richter Brixner erklären müssen, der ihn damals in die Psychiatrie | |
schickte. | |
10 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Lisa Schnell | |
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