# taz.de -- Verbot von Ferienwohnungen in Berlin: Touristen werden zu Illegalen | |
> Nur wenige Ferienapartments wurden bis zum Stichtag bei den Bezirken | |
> gemeldet. Alle anderen sind ab morgen verboten. | |
Bild: Wo rollen sie jetzt hin? | |
Kurz vor Fristende quillen die Postfächer der Wohnungsämter über – Post von | |
Vermietern in Torschlusspanik. Drei Monate lang haben sie Zeit gehabt, den | |
Behörden den Betrieb ihrer Ferienwohnungen anzumelden, am heutigen | |
Donnerstag läuft die Frist ab. Dennoch ist die Bilanz mau: Von nach | |
Senatsschätzungen 12.000 Ferienwohnungen in Berlin wurde nur rund jede | |
dritte den Bezirksämtern gemeldet. Das ergab eine Erhebung der taz in den | |
Bezirken. Zwei Drittel der dauerhaft vermieteten Apartments existieren | |
damit weiterhin unter dem Radar der Behörden. Stephan von Dassel (Grüne), | |
Bezirksstadtrat für Soziales und Bürgerdienste in Mitte, ist sich daher | |
sicher: „Auf uns kommt noch viel Arbeit zu.“ | |
Gemäß dem im Dezember 2013 in Kraft getretenen Gesetz über das Verbot der | |
Zweckentfremdung von Wohnraum dürfen Vermieter in Zukunft nur noch mit | |
einer Genehmigung des Bezirksamts eine Ferienwohnung betreiben. So will der | |
Senat verhindern, dass mehr und mehr Wohnraum gewerblich genutzt und dem | |
freien Wohnungsmarkt entzogen wird – bezahlbare Wohnungen vor allem in der | |
Innenstadt sind selten. | |
Den Anbietern von Ferienwohnungen hat der rot-schwarze Senat eine | |
Schonfrist gegeben: Wer dem Bezirksamt zwischen 1. Mai und 31. Juli | |
gemeldet hat, dass er oder sie eine Ferienwohnung betreibt, darf das bis | |
April 2016 weiterhin tun. Die Eigentümer können beantragen, auch danach | |
ihre Apartments gewerblich nutzen zu dürfen. Auch darüber entscheiden die | |
Bezirksämter. Falls sie den Antrag ablehnen, muss der Wohnraum seinem | |
eigentlichen Zweck dienen: dem dauerhaften Wohnen. | |
Besonders viele Ferienwohnungen wurden in Mitte gemeldet: Bis Dienstagabend | |
waren es 1.070. Etwa 100 weitere Anträge auf zweijährigen Bestandsschutz | |
gingen zuletzt täglich im Bezirksamt ein. Stadtrat von Dassel ist dennoch | |
unzufrieden: „Selbst wenn wir auf 2.000 Anzeigen kommen, ist das wohl nur | |
die Hälfte der Ferienwohnungen in Mitte.“ Er wisse sogar von einigen großen | |
Anbietern, die sich noch nicht gemeldet hätten. | |
Dafür kann es mehrere Gründe geben. Lukas Wenderoth ist Anwalt für | |
Wohneigentums- und Mietrecht. Mit dem Zweckentfremdungsverbot hat er jeden | |
Tag zu tun. Dass Vermieter sich nicht melden, kann er nachvollziehen: | |
„Viele Ferienwohnungen sind schlicht nicht genehmigungsfähig.“ Sie lägen | |
etwa in Milieuschutzgebieten, in denen eine gewerbliche Nutzung verboten | |
ist, oder erfüllten baurechtliche Auflagen nicht. Auch hätten viele | |
Vermieter ihre Wohnung schwarz angeboten. In diesen Fällen käme eine | |
Meldung einer Selbstanzeige gleich. | |
Ein Mitarbeiter des Kreuzberger Wohnungsamtes bestätigt: Einige Eigentümer | |
hätten versucht, nicht genehmigungsfähige Ferienapartments aus dem sozialen | |
oder subventionierten Wohnungsbau anzumelden. | |
Andere Vermieter spekulieren darauf, nicht entdeckt zu werden. Sie | |
ausfindig zu machen wird für die Bezirksämter schwierig werden. Sie sind | |
personell schlecht besetzt. „Bisher sind wir nicht ansatzweise in der Lage, | |
die eingegangenen Anzeigen abzuarbeiten“, beklagt Dagmar König, Stadträtin | |
von Charlottenburg-Wilmersdorf (CDU). Um die Einhaltung der alten, bis Ende | |
der 90er Jahre gültigen Zweckentfremdungsverordnung zu gewährleisten, habe | |
man laut König in Charlottenburg-Wilmersdorf allein 20 Mitarbeiter | |
beschäftigt. „Jetzt müssen wir mit vier auskommen.“ | |
## Denunzianten sind gefragt | |
Gut möglich, dass die Bevölkerung den Ämtern zumindest einen Teil der | |
Arbeit abnimmt. „Schon die alte Zweckentfremdungsverordnung basierte | |
praktisch auf Denunziantentum. Und das hat funktioniert“, sagt Rechtsanwalt | |
Wenderoth. Tatsächlich kamen allein in Charlottenburg-Wilmersdorf etwa 120 | |
Anzeigen nicht von Eigentümern der Ferienwohnungen, sondern aus der | |
Bevölkerung. Auch in Mitte hofft man auf verärgerte Nachbarn: „Man kann | |
sich auf Bürgerhinweise verlassen. Jeden Abend Remmidemmi in der | |
Ferienwohnung nebenan, darauf haben die Menschen keine Lust“, glaubt von | |
Dassel. | |
Diese Partys könnten die Eigentümer ab Freitag teuer zu stehen kommen: Die | |
Bezirksämter dürfen für illegal vermietete Apartments Bußgelder bis zu | |
50.000 Euro verhängen. | |
## Gesellschaft + Kultur SEITE 13 | |
31 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Matthias Bolsinger | |
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