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# taz.de -- Hilfsmittel im Leistungssport: Fortschritt durch Technik
> Nicht nur Behinderte profitieren von mechanischen Veränderungen am
> Körper. In allen Disziplinen gibt es Methoden zur Leistungssteigerung.
Bild: Oscar Pistorius nach seinem Sieg bei den Paralympics in London
BERLIN taz | Der Sensationserfolg bei den deutschen Meisterschaften und die
folgende Nichtnominierung für die anstehende Europameisterschaft des
Weitspringers Markus Rehm haben einen öffentlichen Diskurs über technische
Hilfsmittel im Leistungssport ausgelöst. Rehm, der mit einer Beinprothese
antrat, war am Wochenende mit einem 8,24 Meter weiten Sprung deutscher
Meister geworden.
Der Zweitplatzierte war, wie Messungen zeigten, beim Anlauf zwar schneller,
sprang aber vier Zentimeter kürzer. Besitzt ein Sportler mit Prothese also
einen Vorteil gegenüber nichtbehinderten Wettstreitern? Der Deutsche
Leichtathletikverband jedenfalls hat aufgrund biomechanischer Messungen
entschieden, dass Rehm nicht bei der EM antreten darf. Rehm wird das
rechtlich nicht anfechten. „Aber ich werde alle Möglichkeiten nutzen, um
nachzuweisen, dass ich mir keinen Vorteil verschafft habe“, sagte der
25-Jährige am Donnerstag.
Das Für und Wider ist alles andere als neu. Zuletzt war der südafrikanische
Sprinter Oscar Pistorius prominentester Auslöser einer solchen Debatte
gewesen. Der an beiden Unterschenkeln amputierte Läufer durfte – nach
erfolgreicher sportlicher Qualifikation – mit Karbon-Prothesen bei den
Olympischen Spielen 2012 in London starten.
Von den einen wurde er als Sportheld gefeiert, andere spekulierten über
einen möglichen Wettbewerbsvorteil aufgrund der hochentwickelten
Laufhilfen. Es stellte sich die Frage, ob er beim Laufen mit hohen
Geschwindigkeiten mehr Energie aufnehmen und konservieren könne, als es
gesunde menschliche Füße tun würden. Erst der Internationale
Sportgerichtshof (CAS) entschied damals zugunsten des 400-Meter-Läufers und
machte mit einer Einzelfallentscheidung deutlich, wonach kein Anspruch für
vergleichbare Fälle abgeleitet werden dürfe.
## Um Minuten schneller
Auch in anderen Sportarten kommen technische Hilfsmittel zum Einsatz, wenn
auch nicht, um fehlende Körperteile zu ersetzen, sondern um den
menschlichen Körper beziehungsweise das Sportgerät bis aufs Äußerste zu
optimieren. Durch eine Verbesserung der Aerodynamik auf dem Rennrad holen
Radfahrer auf langen Strecken sogar Minuten heraus. Helme mit geringem
Luftwiderstand erlauben schnelleres Fahren.
Als „Technik-Doping“ untersagt wurden 2010 die hypermodernen
Ganzkörperanzüge der Schwimmer, die die Reibung im Wasser gesenkt hatten.
So waren immer schnellerer Rennzeiten zustande gekommen – allein im Jahr
2008 wurden 133 Weltrekorde aufgestellt. Schließlich entschied der
Schwimmweltverband, dass sämtliche Kunststoffbeschichtungen verboten werden
sollten.
Rodler und Bobfahrer hingegen dürfen weiterhin aerodynamische Kleidung
tragen. Allerdings wurde ihnen bereits 1964 das Erhitzen der Kufen
verboten, nachdem sich diese Methode immer größerer Popularität erfreute.
1 Aug 2014
## AUTOREN
Sebastian Honekamp
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Doping
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