# taz.de -- Serienstart „Masters of Sex“: Aufklärung: Bitte kommen! | |
> „Masters of Sex“ erzählt humorvoll und tabulos von der Arbeit und dem | |
> Leben der beiden Sexualforscher Masters und Johnson. | |
Bild: Sex mit Stoppuhr und Bleistift: Das Forscherpaar William H. Masters und V… | |
Der Mann im Schrank kämpft mit den Widrigkeiten der Umstände: In seinen | |
Händen jongliert er ungeschickt eine Stoppuhr, ein Clipboard für Notizen | |
und eine Taschenlampe, während er ein Paar beim mechanischen Geschlechtsakt | |
in Hündchenstellung beobachtet. Im schummrig beleuchteten Zimmer beginnt | |
die Frau ihren Partner emotionslos anzuspornen: „Oh mein Gott. Ja. So gut. | |
Du fickst wie ein Tier.“ | |
Der Mann im Schrank hat die Stoppuhr im Blick; die Erregung des rammelnden | |
Mannes wird größer, sein Stöhnen lauter. Auch sie stöhnt weiter, bis er | |
endlich kommt und sich erschöpft auf ihren Rücken sinken lässt. Der Mann im | |
Schrank drückt „Stopp“. | |
Dr. William Masters (Michael Sheen) ist sein Name: „Ein Visionär“, wie ihn | |
Hochschulleiter der Universität von Washington (Beau Bridges) bei einem | |
Bankett feierlich ankündigt. „Ein Mann der Wissenschaft“, wie er sich | |
selbst nennt, bevor er an seinen Arbeitsplatz, den Schrank des Bordells, | |
verschwindet. | |
Dort führt der Wissenschaftler im Jahr 1956 Studien zur Untersuchung des | |
menschlichen Sexualverhaltens durch – natürlich geheim, denn in der | |
Öffentlichkeit hat man für dieses vermeintlich anstößige Forschungsfeld des | |
angesehenen Reproduktionsbiologen keinerlei Verständnis, um es vorsichtig | |
zu formulieren. | |
Doch auch Masters stößt an seine Wissensgrenzen, als ihm die – übrigens | |
homosexuelle – Prostituierte bei der Nachbesprechung offenbart, sie habe | |
ihren Orgasmus lediglich vorgetäuscht. „Warum sollte eine Frau so etwas | |
tun?“, fragt der Professor verständnislos. Die Frau kann ihm daraufhin nur | |
einen Rat geben: „Wenn Sie wirklich etwas über Sex lernen wollen, brauchen | |
Sie einen weiblichen Partner.“ | |
## Weibliche Verstärkung | |
So kommt die ehemalige Nachtclubsängerin und alleinerziehende Mutter | |
Virginia Johnson (Lizzy Caplan) ins Team, die am Institut gerade als | |
Sekretärin angestellt wurde – eine, nicht nur in sexueller Hinsicht, | |
moderne und selbstbestimmte Frau. Mit ihrer bodenständigen Art wird sie zur | |
wichtigen und schließlich ebenbürtigen Ergänzung für den verstockten und | |
häufig unzugänglichen Masters. | |
Die Grundlage der Serie liefert die Wirklichkeit: In den Fünfzigern und | |
Sechzigern leisteten Masters und Johnson Pionierarbeit in der | |
Sexualforschung. Die Serie basiert auf der Biografie des Forscherpaars von | |
Thomas Maiers. „In den Sechzigern wusste die Öffentlichkeit mehr darüber, | |
wie man einen Mann zum Mond und zurückbringen kann, als darüber, was in der | |
Vagina einer sexuell stimulierten Frau passiert“, kommentiert der | |
Sexualforscher Howard J. Ruppel die Ergebnisse, die Masters und Johnson | |
1966, also zehn Jahre nach Aufnahme ihrer Studien, in ihrem Werk „Die | |
sexuelle Reaktion“ veröffentlichen. | |
Hier wurden erstmals verifizierte Labordaten über das menschliche | |
Sexualverhalten durch Untersuchungen am Objekt ermittelt. Damit konnten die | |
Forscher lange geglaubte Mythen, wie die seit Sigmund Freud vorherrschende | |
Lehrmeinung zum qualitativen Unterschied eines klitoralen und vaginalen | |
Orgasmus, widerlegen. | |
Sexuelle Freizügigkeit gehört zum Standard der modernen US-amerikanischen | |
Pay-TV-Serien. Doch das für Showtime produzierte „Masters of Sex“ von der | |
Autorin Michelle Ashford liefert nun endlich einmal die Motivationen dafür: | |
Aufklärung. | |
Dabei emanzipiert sich das überwiegend weiblich besetzte Autorenteam von | |
der Erzählweise des historisch in der Nachbarschaft angesiedelten „Mad | |
Men“, das aus der männlichen Sicht des Protagonisten zum ultimativen Zeit- | |
und Gesellschaftspanorama wurde. „Masters of Sex“ findet einen leichteren | |
und humorvolleren Zugang zum Thema und den Akteuren, ohne den Blick auf das | |
große Ganze zu verlieren. | |
5 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Jens Mayer | |
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