| # taz.de -- Privatsender Tele 5: Die senden ein eigenes Programm? | |
| > Vor zwei Jahren startete Tele 5 neu: bekannte Gesichter, anspruchsvolle | |
| > Filme, bissiger Humor. Mehr Zuschauer bringt das nicht. | |
| Bild: Oliver Kalkofe präsentiert auf Tele 5 seine „Mattscheibe“. Immerhin … | |
| Er bleibt konsequent bis zum Schluss. „Müssen Sie nicht machen“, sagt Kai | |
| Blasberg gelassen, als bei der Verabschiedung das Thema „Zitatefreigabe“ | |
| aufkommt. In der Branche ist es längst üblich geworden, dass | |
| Interviewpartner wörtliche Zitate gegenlesen und heikle Stellen tilgen. | |
| Doch der Geschäftsführer von Tele 5 sieht das locker: „Schreiben Sie das, | |
| was Sie meinen schreiben zu müssen.“ | |
| Mit diesem Selbstverständnis hat der gelernte Verlagskaufmann und ehemalige | |
| Marketingleiter bei DSF, Kabel eins und ProSieben, Kai Blasberg, in den | |
| vergangenen sechseinhalb Jahren die Neuausrichtung des kleinen Münchner | |
| Privatsenders der Tele München Gruppe vorangetrieben. Seit zwei Jahren sind | |
| die Veränderungen sichtbar. | |
| Da war der Grimme-Preis für die Medienaufklärer von „Walulis sieht fern“, | |
| der sogar Erwähnung in der „Tagesschau“ fand und Blasberg das bescherte, | |
| was er heute als eine der wichtigsten Währungen für seinen Sender | |
| definiert: Wahrnehmung. Die senden eigenes Programm? Und auch noch | |
| schlaues? Ein Erweckungserlebnis für einen Sender, der bei vielen | |
| Zuschauern bis dahin bestenfalls durch „Star Trek“-Wiederholungen, | |
| schlechtestenfalls über nervige Call-in-Sendungen definiert wurde. | |
| Das, was folgte, nannte der Sender „Attacke“: Mit Oliver Kalkofe, Peter | |
| Rütten, Christian Ulmen und Benjamin von Stuckrad-Barre präsentierte | |
| Blasberg bekannte TV-Gesichter, denen er eine kreative Spielwiese bieten | |
| konnte, die ihnen die größeren Sender, aufgrund des Quotendrucks, nicht | |
| mehr bieten wollten. | |
| Es hat sich gelohnt. Kalkofe hat mit den Fans seiner „Mattscheibe“ eine | |
| beachtliche neue Anhängerschaft zum Sender gebracht. Rund 350.000 Menschen | |
| sehen die Sendung regelmäßig, auch wenn Blasberg immer wieder betont, dass | |
| dies kein Kriterium sei: „Wir haben mit Kalkofe und Rütten Brüder im Geiste | |
| gefunden. Das ist ein harter Humor, der sehr kritisch ist, und den wollen | |
| wir so weitertragen.“ | |
| ## Gute Shows ohne Werbung | |
| Dass er es mit der Quotenignoranz ernst meint, hat Blasberg bei seinen | |
| Vorzeigeprojekten bewiesen, indem er sie ohne Werbeunterbrechung zeigte: | |
| „Ein Stuckrad-Barre durfte durchsenden, weil ich von vornherein wusste, | |
| dass wir es direkt sein lassen können, wenn wir das unter Quotendruck | |
| setzen. Solche Namen sind Aushängeschilder.“ | |
| Im Gegensatz zu Kalkofe und Rütten, die mittlerweile verschiedene Formate | |
| begleiten, und gemeinsam das Sender-„Kult“-Projekt, die Trashfilm-Reihe | |
| „SchleFaZ“ („Die schlechtesten Filme aller Zeiten“) moderieren, hat die | |
| Kooperation mit Ulmen und Stuckrad-Barres Late-Night-Polittalk nicht die | |
| gewünschte „gefühlte Temperatur“ gebracht und wurden beendet. | |
| „Stuckrad-Barre war von Anfang auf die Bundestagswahl beschränkt. Bei Ulmen | |
| waren es unterschiedliche Humor-Auffassungen.“ | |
| Diese hatten sich auch in den Quoten widergespiegelt. Sowohl | |
| „Stuckrad-Barre“ als auch Ulmens Satire-Dating-Show „Who wants to fuck my | |
| girlfriend?“ lagen, trotz ihrer Ausstrahlung im Spätprogramm, bei | |
| Marktanteilen von 0,5 bis 0,8 Prozent und Zuschauerzahlen im mittleren | |
| fünfstelligen Bereich. Das ist selbst für Tele-5-Verhältnisse eher mau; der | |
| Senderschnitt hat sich bei rund 1 Prozent eingependelt. | |
| Auch von einem anderen Zielgruppengesicht hat sich der Sender mehr | |
| erwartet. In der Reihe „On Stage“ ging vor einigen Wochen das | |
| Bühnenprogramm des „neoParadise“- und „Circus HalliGalli“-erprobten | |
| Entertainers Olli Schulz unter. „Das ist unser größtes Problem“, gibt | |
| Blasberg zu. „Wir können nur sehr begrenzt Reichweite aufbauen.“ | |
| Dabei steht Blasbergs Sender inhaltlich so gut da wie noch nie und hat | |
| neben einer Menge neuer Science-Fiction-Serien, Wrestling- und | |
| Musik-Formate bald sogar einen Sendeplatz für neue Arthouse-Filme und | |
| Klassiker. Ab dem 20. 7. laufen in der Reihe andersARTig sonntagabends neue | |
| und klassische Arthouse-Filme, wie das Gefängnisdrama „Dog Pound“ und der | |
| Truffaut-Klassiker „Sie küssten und sie schlugen ihn“. Man setzt auf | |
| Nische, „weil wir festgestellt haben, dass wir im Mainstream komplett | |
| untergehen“. | |
| Aus der Not hat Blasberg eine Tugend gemacht, die der deutschen | |
| Fernsehlandschaft ausgesprochen guttut. So ganz ohne „Star Trek“ geht es | |
| dann aber scheinbar doch nicht: Ab heute zeigt Tele 5 erstmals „Star Trek – | |
| Das nächste Jahrhundert“ – immerhin remastered in HD-Auflösung. | |
| 2 Jul 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Jens Mayer | |
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