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# taz.de -- Kommentar NSU-Ausschuss in Thüringen: Danke, Antifa
> Die Linke dankt zum Abschluss des NSU-Ausschusses in Thüringen explizit
> auch Antifa-Aktivisten. Zu Recht. Andere Parteien sollten die Anerkennung
> teilen.
Bild: Oft diskreditiert: Antifa-Rechercheur vom Apabiz
Eine halbe Seite widmet die Linke einer besonderen Danksagung.
„Grundsätzlich möchten wir den seit Jahren über alle Maßen aktiven und oft
genug durch Neonazis und staatliche Stellen angegriffenen und
diskreditierten antifaschistischen Gruppen unseren Dank aussprechen“, heißt
es in ihrem Sondervotum zum [1][Abschlussbericht des
NSU-Untersuchungsausschusses in Thüringen].
Ohne diese Gruppen wäre das rechtsextreme NSU-Netzwerk „bis heute nur in
Ansätzen bekannt“. Ihre Rechercheleistung sei für die Arbeit im Ausschuss
unverzichtbar gewesen. Den entsprechenden Abschnitt aus dem 86-seitigen
Papier veröffentlichte die Linken-Obfrau im Untersuchungsausschuss
[2][Katharina König bei Twitter].
Dass eine solche Anerkennung von der Linkspartei kommt, überrascht nicht.
Dass sie nicht von den anderen Parteien mitgetragen wird, ist schade. Denn
völlig zu Recht wird hier auf einen Aspekt verwiesen, der bei der
Aufarbeitung des NSU-Skandals oft vergessen wird: Antifa-Gruppen haben gute
Arbeit gemacht, während staatliche Behörden an entscheidenden Punkten
versagten.
Beispiele dafür gibt es [3][eine ganze Reihe]. Die älteste Erwähnung des
NSU etwa fand sich nicht in einem Archiv der insgesamt 36
Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern, sondern in den Regalen des
Antifaschistischen Pressearchiv & Bildungszentrum (Apabiz) in Berlin.
Während sie beim Verfassungsschutz Akten schredderten, haben die
akribischen Antifa-Archivare eine alte Ausgabe eines Neonazi-Heftes
hervorgekramt, das beweist, das das NSU-Kürzel in der rechtsextremen Szene
schon bekannt war.
Die Antifa-Leute haben Informationen über Personen zusammengetragen, die
vielleicht schon längst von der Bildfläche verschwunden sind, die aber in
der fraglichen Zeit eine wichtige Rolle spielten. Sie konnten Puzzleteile
zusammensetzen, weil sie Jahre lang die Teile gesammelt haben, ohne zu
wissen, ob sie überhaupt ein Bild ergeben.
## Antifa-Chronik statt offizieller Chronik
Und das Engagement geht heute weiter. MitarbeiterInnen [4][der Initiative
„NSU Watch“] haben jeden einzelnen der inzwischen 133 Verhandlungstage beim
NSU-Prozess in München verfolgt und jeweils ein Protokoll online gestellt.
Wer später nachschauen will, was genau beim Prozess passiert ist, kann das
hier tun. Und er wird es auch hier tun, denn es gibt kaum eine andere
Möglichkeit. Ein offizielles Protokoll wird nicht geführt und
Zeitungsartikel können gar nicht so umfassend sein.
Die Antifa-Chronisten sind zudem auch an vermeintlich weniger spannenden
Terminen da, wenn viele Journalisten anderes zu tun haben. Die Initiative
erfährt wegen ihrer Arbeit inzwischen zumindest einige Anerkennung und hat
unter anderen einen [5][Medienpreis der Otto-Brenner-Stiftung] bekommen.
Zwar haben auch die Antifa-Gruppen in all den Jahren nicht die Verbindung
gesehen zwischen dem untergetauchten Neonazi-Trio und der Mordserie an
Mitbürgern ausländischer Herkunft. Doch das kann man ihnen auch schlecht
vorwerfen. Es kann nicht ihre Aufgabe sein, die Arbeit der
Sicherheitsbehörden nebenher zu erledigen – und es schmerzt wohl auch
niemanden mehr als sie selbst, dass sie die Verbindung nicht erkannten.
Aber eines kann und muss man sagen: Ohne das jahrelange Engagement der
Antifa-Leute, die meist ehrenamtlich arbeiten, wüssten wir heute in der Tat
sehr viel weniger über den NSU und sein Umfeld. Und dafür gebührt ihnen
Dank.
13 Aug 2014
## LINKS
[1] /!144112
[2] http://twitter.com/KatharinaKoenig/status/499201807953199104
[3] /1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/
[4] http://www.nsu-watch.info
[5] http://www.otto-brenner-preis.de/dokumentation/2013/preistraeger/medienproj…
## AUTOREN
Sebastian Erb
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