# taz.de -- Lehre aus den NSU-Verbrechen: Bundesanwaltschaft wird gestärkt | |
> Weil die Behörden im Fall der NSU-Terroristen versagten, bekommt der | |
> Generalbundesanwalt mehr Befugnisse. Auch im Strafgesetzbuch sind | |
> Änderungen geplant. | |
Bild: Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe: Künftig soll der Generalbundesanwal… | |
BERLIN dpa | Als Konsequenz aus dem Ermittlungsdesaster rund um die | |
rechtsextreme Terrorzelle NSU soll der Generalbundesanwalt mehr Befugnisse | |
bekommen. Das Kabinett beschloss dazu am Mittwoch einen Gesetzentwurf aus | |
dem Justizressort. Die Bundesanwaltschaft soll künftig einfacher und früher | |
als bislang Ermittlungen übernehmen können. Außerdem ist vorgesehen, dass | |
fremdenfeindliche Motive für Verbrechen beim Strafmaß eine größere Rolle | |
spielen sollen. | |
Das Gesetzesvorhaben ist eine Lehre aus den NSU-Verbrechen. Dem | |
„Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) werden zwischen den Jahren 2000 | |
und 2007 zehn Morde zur Last gelegt – überwiegend an Menschen aus | |
Zuwandererfamilien. Polizei und Nachrichtendienste waren der Bande | |
jahrelang nicht auf die Spur gekommen und hatten den fremdenfeindlichen | |
Hintergrund der Taten nicht erkannt. Auch beim Vorgehen der Justiz haperte | |
es: Es gab damals etwa keine zentralen Ermittlungen durch die | |
Bundesanwaltschaft. Die Terrorgruppe flog erst Ende 2011 auf. | |
Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages hatte die Ermittlungsfehler in | |
dem Fall aufgearbeitet und zahlreiche Reformvorschläge für Polizei, | |
Verfassungsschutz und Justiz gemacht. Die Bundesanwaltschaft ist die | |
oberste Strafverfolgungs-behörde in Deutschland. Sie kümmert sich um | |
Straftaten, die die innere oder äußere Sicherheit des Landes in besonderem | |
Maße betreffen – etwa terroristische Gewalttaten oder Spionage. | |
Künftig soll der Generalbundesanwalt leichter Ermittlungen an sich ziehen | |
können: Es soll genügen, dass es „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ | |
für seine Zuständigkeit gibt – oder es „wegen des länderübergreifenden | |
Charakters der Tat geboten scheint“, dass er einen Fall übernimmt. Bisher | |
reichen solche Anhaltspunkte allein noch nicht aus, damit er eingreifen | |
kann. | |
## Frühzeitig sensibilisieren | |
Die Staatsanwaltschaften in den Ländern müssen die Bundesanwaltschaft in | |
Zukunft auch unverzüglich informieren, wenn Hinweise vorliegen, dass diese | |
zuständig sein könnte. Und: Wenn Staatsanwaltschaften in den Ländern sich | |
nicht einigen können, wer einen Fall zu übernehmen hat, soll der | |
Generalbundesanwalt entscheiden. Außerdem soll im Strafgesetzbuch | |
ausdrücklich geregelt werden, dass „rassistische, fremdenfeindliche oder | |
sonstige menschenverachtende“ Beweggründe für eine Tat bei der | |
Strafzumessung besonders zu berücksichtigen sind. | |
Die Änderung soll die Ermittlungsbehörden frühzeitig für solche Motive | |
sensibilisieren und dafür sorgen, dass sie diese bereits bei Ermittlungen | |
besonders im Blick haben. Der Deutsche Anwaltverein nannte dies eine | |
„symbolische Gesetzgebung der überflüssigen Art“. Schon jetzt sei es | |
möglich, rassistische Motive bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Das | |
Problem seien eher Gleichgültigkeit und fehlende Sensibilität bei | |
Ermittlern. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte, das unsägliche | |
Leid, das die NSU-Terroristen angerichtet hätten, könne niemand wieder | |
gutmachen. „Wir haben aber die Pflicht, alles dafür zu tun, dass sich | |
solche Taten nie wiederholen können.“ | |
Maas mahnte: „Täter dürfen nicht noch einmal von unklaren Zuständigkeiten | |
profitieren.“ Es sei allerdings klar, dass der Kampf gegen | |
Rechtsextremismus nicht allein mit Mitteln des Rechts zu gewinnen sei, | |
betonte der Ressortchef. Hier sei die gesamte Gesellschaft gefordert. | |
27 Aug 2014 | |
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