| # taz.de -- Tiroler Multimillionär René Benko: Der neue Mr Karstadt | |
| > Schneller Entscheider, im Gebaren nicht zimperlich und verurteilt wegen | |
| > Bestechung: Mit Benko steht nun ein Anti- Berggruen an der Konzernspitze. | |
| Bild: Hang zum Protzen: René Benko. | |
| WIEN taz | Das Wort „verlieren“ gehört nicht zum Vokabular des künftigen | |
| Herrn über das Karstadt-Imperium. Entsprechend „absolut nicht | |
| nachvollziehbar“ fand René Benko den Spruch des Obersten Gerichtshofes in | |
| Wien, der vorigen Montag eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen seine | |
| Verurteilung zurückwies. Benko muss zwar nicht hinter Gitter. Doch das vor | |
| einem Jahr in zweiter Instanz ergangene Urteil wegen des Versuchs der | |
| Bestechung – zwölf Monate Haft auf Bewährung – wurde damit rechtskräftig. | |
| Was vor Gericht als „Musterfall für Korruption“ galt, war für den | |
| Immobilientycoon ein ganz normaler Deal. Woraus man schließen kann, was in | |
| diesem Metier Usus ist, wenn es um sechs- bis siebenstellige Summen geht. | |
| Benko und sein Steuerberater Michael Passer hatten dem ehemaligen | |
| kroatischen Premier Ivo Sanader 150 Millionen Euro angeboten, damit dieser | |
| seinen Einfluss beim damaligen italienischen Regierungschef Silvio | |
| Berlusconi geltend mache. Den Herren ging es darum, ein Steuerverfahren zu | |
| einem beschleunigten und positiven Abschluss zu bringen. | |
| Der Makel der Vorstrafe schmerzt. Doch dürfte er künftige Geschäfte des | |
| Tiroler Multimillionärs kaum beeinträchtigen. Die Essener Kaufhauskette | |
| Karstadt sei ihm geradezu aufgedrängt worden, erklärt Benko in der jüngsten | |
| Ausgabe des österreichischen Wirtschaftsmagazins Format. Er sei „zu Hilfe | |
| gerufen wurden, um Berggruen als Gesellschafter abzulösen“. | |
| Der Investor Nicolas Berggruen ist Hauptaktionär des Kaufhausriesen und | |
| Geschäftspartner von Benko. Der Österreicher hatte bereits vor Kurzem aus | |
| der Patsche geholfen. Eine Warenkreditversicherung für die Kaufhäuser, die | |
| das Geschäft bis Jahresende absichert, bekam Berggruen nur, weil Benkos | |
| Signa eine Haftung über 150 Millionen Euro übernahm. | |
| Der Einzelhandel war bisher nicht das Geschäft des 37-jährigen | |
| Selfmademillionärs aus Tirol. Reich geworden ist er mit Immobilien, die er | |
| günstig erworben zu Gold machen konnte. Er besitzt bereits einige der | |
| elegantesten Karstadt-Häuser und verdient ganz gut an der Miete, die er | |
| gehörig in die Höhe getrieben haben soll. Für 1,1 Milliarden Euro hatte er | |
| seiner Signa-Gruppe bereits 2012 mit einem Schlag 17 deutsche Kaufhäuser in | |
| besten Innenstadtlagen einverleibt. Ihm gehören auch das legendäre KaDeWe | |
| (Kaufhaus des Westens) in Berlin und Oberpollinger in München. | |
| Der stets elegant gekleidete Mann, der 1977 in Innsbruck zur Welt kam und | |
| in bescheidenen Verhältnissen aufwuchs, mag zu formaler Bildung ein | |
| gespanntes Verhältnis haben. Aber einen Riecher fürs Geschäft kann man ihm | |
| nicht absprechen. Ein Jahr vor dem Abitur schmiss er die Schule, weil er | |
| als Unternehmer bereits gutes Geld verdiente. | |
| ## Der richtige Riecher | |
| Das imponierte dem Tankstellenerben Karl Kovarik, der 2001, ohne zu zögern, | |
| 26 Millionen Euro in die Firma des unbekannten, aber vielversprechenden | |
| Jungspunds steckte. „Er schafft es, fast unmöglich erscheinende Dinge | |
| voranzutreiben sowie umzusetzen“, erinnert er sich im österreichischen | |
| Wirtschaftsmagazin Trend. | |
| Mit Kovariks Millionen waren jetzt auch große Projekte möglich. Mehrere | |
| Ärztezentren wurden zum Grundstein der Unternehmensgruppe Signa. Gegen den | |
| Trend der Zeit ließ sich Benko nicht von der Goldgräberstimmung in | |
| Osteuropa verführen, sondern setzte – obwohl die Rendite ungleich niedriger | |
| ausfiel – auf gepflegte Innenstadtlagen im Westen: Wien, Innsbruck, | |
| Mailand, Bozen, München, Hamburg, Berlin. | |
| Benkos Geheimnis, so urteilt Trend, liege in den schlanken | |
| Entscheidungsstrukturen: „Erfährt er heute von einer zum Verkauf stehenden | |
| Immobilie, kann er binnen weniger Tage entscheiden, die Finanzierung | |
| schnüren und das Angebot legen. Die Immobilientöchter von Banken und | |
| Versicherungen oder die börsennotierten Immobilienunternehmen wirken im | |
| Vergleich dazu wie schwerfällige Dinosaurier.“ Benkos Geschäftsmethoden | |
| gelten als rau. Bei Zulieferern findet er praktisch immer einen kleinen | |
| Makel, der es ihm erlaubt, das Honorar kräftig zu drücken. Prozesse hat er | |
| dennoch wenige am Hals. | |
| Mit 27 Jahren landete René Benko seinen ersten großen Immobiliencoup, er | |
| erwarb das unscheinbare Kaufhaus Tyrol in der Innsbrucker Innenstadt und | |
| ließ es in einen trendigen Shoppingtempel mit einer Verkaufsfläche von | |
| 33.000 Quadratmetern und 55 Läden transformieren. | |
| In dem auffälligen Gebäude mit der Rasterfassade des englischen | |
| Stararchitekten David Chipperfield hat auch die Signa Holding ihren Sitz. | |
| Sie ist mittlerweile zu einem Kraken mit mehr als 50 Tochterunternehmen | |
| geworden. Und sie ist, was in Österreich besonders nützlich ist, politisch | |
| breit aufgestellt. So sitzen im Beirat der frühere SPÖ-Kanzler Alfred | |
| Gusenbauer und die Beraterlegende Roland Berger, die ehemalige | |
| FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess und Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. | |
| Auch zur ÖVP gibt es beste Beziehungen – man ist ja im katholischen Tirol. | |
| Das von Signa verwaltete Immobilienportfolio wird mit 5,5 Milliarden Euro | |
| angegeben. Die Familie Benko Privatstiftung hält 50 Prozent plus einer | |
| Stimme, den Rest seit 2009 der griechische Reeder George Economou. | |
| ## Schillernde Partner | |
| Das Kapital, bekanntlich ein scheues Reh, wird vom Glitzern des Erfolgs | |
| magisch angezogen. Deswegen scheint es Benko nicht schwerzufallen, die | |
| wirklich Reichen für seine Vorhaben zu begeistern. Der österreichische | |
| Baugigant Hans Peter Haselsteiner gehört da noch zu den kleineren Kalibern. | |
| Die deutsche Industriellenfamilie Schoeller, Halterin eines Patents für | |
| Plastikbierkisten, findet sich unter Benkos Partnern ebenso, wie der | |
| Tierfuttermillionär Torsten Toeller, Gründer der Fressnapf-Kette. | |
| Einer der größten Geldgeber – wohl auch für den nun vollzogenen | |
| Karstadt-Deal – soll der in Genf lebende israelische Diamantenhändler Beny | |
| Steinmetz sein. Er ist einer der Hauptaktionäre des kanadischen | |
| Bergbaukonzerns Gabriel Resources, der im Nordwesten Rumäniens trotz | |
| Umweltbedenken und Korruptionsvorwürfen die größte Goldmine Europas in | |
| Betrieb nehmen will. | |
| Benko gelingt fast alles. Und er erliegt gerne mal der Schwäche vieler | |
| Neureicher: zu protzen. Als sich Benko auf der Tiroler Autobahn blitzen | |
| ließ, musste es schon im roten Ferrari sein. Geschäftspartner bat er in den | |
| Maserati. Im um Diskretion bemühten österreichischen Geldadel kam das nicht | |
| gut an. Auf den Rat eines Geschäftsfreundes hin lässt Benko seine | |
| Statussymbole inzwischen in der Garage. Zumindest im Geschäftsleben. Es | |
| reicht auch ein Mercedes. | |
| Privatjet und Jacht an der Côte d’Azur gehören trotzdem zur | |
| Grundausstattung. Homestorys in Illustrierten sind nicht Benkos Ding. Über | |
| sein Privatleben, seine zweite Ehe und die zwei Kinder weiß man wenig. | |
| 16 Aug 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
| ## TAGS | |
| Karstadt | |
| Nicolas Berggruen | |
| Übernahme | |
| Österreich | |
| René Benko | |
| Karstadt | |
| Karstadt | |
| Karstadt | |
| Karstadt | |
| Einzelhandel | |
| Karstadt | |
| Karstadt | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Sanierungspläne bei Karstadt: Keine Angst vor Leerstand | |
| Der angeschlagene Warenhauskonzern könnte künftig mehrere Standorte | |
| schließen. Eine Verödung der Innenstädte droht aber nicht. | |
| Zukunft der Angestellten bei Karstadt: Keine guten Jobs in Aussicht | |
| Wird in kleineren Städten eine Karstadt-Filiale geschlossen, finden viele | |
| Entlassene im Handel wohl nur noch einen befristeten Teilzeitjob. | |
| Karstadt und die Lage der Warenhäuser: Ein Königreich für einen Kunden | |
| Raus ins Einkaufscenter oder rein ins Internet? Zu Karstadt nur noch, um | |
| Nähgarn zu besorgen? Die Konsumenten von heute sind unberechenbar. | |
| Details zur Karstadt-Rettung: Der Aschenputtel-Plan | |
| Die Sanierungsstrategie von Karstadt-Käufer René Benko beinhaltet, | |
| verlustreiche Häuser zu schließen. Am Ende soll die Fusion mit dem | |
| Konkurrenten Kaufhof stehen. | |
| Kommentar Berggruen-Nachfolge: Benko rettet Karstadt nicht | |
| Der Immobilientycoon aus Tirol ist kein Gutmensch. Deshalb müssen sich wohl | |
| viele Mitarbeiter des Konzerns einen neuen Job suchen. | |
| Besitzerwechsel bei Warenhauskette: Karstadt kostet nichts | |
| Nun also doch: Der bisherige Karstadt-Eigentümer gibt den angeschlagenen | |
| Warenhaus-Konzern an den Immobilieninvestor René Benko ab. | |
| Krise bei Karstadt: Schlechte Aussichten für Mitarbeiter | |
| Die Umsatzzahlen des Warenhauses sind weiterhin schlecht. Chef Müllenbach | |
| kündigt deshalb neue harte Einschnitte beim Personal an. |