| # taz.de -- Rausschmiss aus Wohnheimen: Flüchtlinge sollen ins Nachtasyl | |
| > Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) setzt Flüchtlinge aus | |
| > dem Oranienplatz-Verfahren auf die Straße. Die Prüfung ihrer Fälle sei | |
| > "abgeschlossen". | |
| Bild: Müssen Sie bald wieder auf dem Oranienplatz sitzen? | |
| Viele der Flüchtlinge vom ehemaligen Oranienplatz-Camp müssen bis | |
| Dienstagmorgen ihre derzeitigen Unterkünfte verlassen. Dies geht aus einem | |
| Schreiben hervor, das vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) am | |
| Freitag an alle BezirksbürgermeisterInnen versandt wurde. Die Flüchtlinge | |
| selbst sind offenbar nur mündlich informiert worden. Die grüne | |
| Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, spricht vom | |
| „Bruch jeglicher Vereinbarung“, Sibyll Klotz, Sozialstadträtin in | |
| Tempelhof-Schöneberg, wirft dem Senat vor, das Problem auf die Bezirke | |
| abzuwälzen. | |
| Der Brief, der der taz vorliegt, bezieht sich auf die Entscheidung des | |
| Senats, den Ex-Bewohnern des Camps „bis zum Abschluss ihrer | |
| aufenthaltsrechtlichen Prüfung“ sogenannte „freiwillige Leistungen“ in F… | |
| von Unterbringungsplätzen zu gewähren. „Ich möchte Sie heute davon in | |
| Kenntnis setzen“, heißt es dann, „dass für einen Teil des entsprechenden | |
| Personenkreises die aufenthaltsrechtliche Prüfung abgeschlossen ist.“ | |
| Die freiwilligen Leistungen, so das Lageso weiter, würden deshalb „mit | |
| Ablauf des 25.08.2014 eingestellt“ – auf gut Deutsch: ein Rausschmiss. | |
| Wegen der „zurzeit extrem hohen Zugangszahlen asylsuchender Flüchtlinge in | |
| Berlin“ werde man die Plätze auch sofort neu belegen. Abschließend heißt | |
| es: „Die Einrichtungen und auch die zuständigen Polizeidienststellen sind | |
| informiert, welche Personen konkret vom Auszug betroffen sind.“ Man rechne | |
| damit, dass in den kommenden Wochen „weitere Auszüge erfolgen werden“. | |
| Wie viele Personen zum morgigen Stichtag betroffen sind, teilt das Lageso | |
| nicht mit. Nach taz-Informationen könnten es allerdings bis zu 200 sein. | |
| Darunter sind Flüchtlinge, die über einen anderen Staat des | |
| Schengen-Abkommens eingereist sind und in Deutschland quasi Touristenstatus | |
| haben, aber auch solche, deren Asylverfahren in anderen Bundesländern | |
| anhängig ist oder die einen gänzlich ungeklärten Aufenthaltsstatus haben. | |
| Ihnen allen war in dem Einigungspapier vom März ein Abschiebestopp und die | |
| wohlwollende Einzelpüfung ihrer Fälle zugesichert worden. Der Senat hatte | |
| zuletzt kritisiert, viele Betroffene würden der Einladung zum Gespräch im | |
| Lageso nicht nachkommen. | |
| ## „Mir fehlen die Worte“ | |
| „Skandalös“ nennt Monika Herrmann diesen Schachzug der Behörden: „Mir | |
| fehlen die Worte“, so die Bezirksbürgermeisterin. Verabredet sei gewesen, | |
| die Asylverfahren der Flüchtlinge nach Berlin zu holen – sie persönlich | |
| kenne aber keinen Fall, in dem das geschehen sei. Gegenüber der taz | |
| kritisierte sie die Haltung, nach zwei gescheiterten Gesprächsversuchen die | |
| Prüfung für abgeschlossen zu erklären. Viele Flüchtlinge erschienen aus | |
| Furcht vor einer Abschiebung nicht bei den Terminen. | |
| Auf drei Bezirke sind die Flüchtlinge vom Oranienplatz verteilt: Spandau, | |
| Neukölln und Tempelhof-Schöneberg. Das Wohnheim Marienfelde liegt in | |
| Tempelhof. Für die grüne Sozialstadträtin des Bezirks, Sibyll Klotz, ist | |
| der Vorstoß des Lageso bzw. von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) ein | |
| „politischer Skandal“. Eine große Anzahl von Personen würde zu | |
| Wohnungslosen gemacht und falle so aus der Zuständigkeit des Landesamts | |
| heraus: „Die Bezirke erhalten den schwarzen Peter“, so Klotz. „Sie müssen | |
| jetzt Plätze anbieten, von denen der Senat weiß, dass wir sie nicht haben.“ | |
| Noch ist völlig unklar, was sich am Dienstag in den Unterkünften abspielen | |
| wird – etwa ob die Heimleitungen Amtshilfe bei der Polizei beantragen, wenn | |
| Flüchtlinge ihr Wohnheim nicht verlassen wollen. Sollten viele auf die | |
| Straße gesetzt werden, wäre denkbar, dass der Druck auf die Kreuzberger | |
| Gerhart-Hauptmann-Schule wieder wächst. Dazu sagt Monika Herrmann | |
| allerdings, man werde „keine neuen Leute zulassen können“. Man vergäbe | |
| damit die Chance, das Gebäude wie geplant zum Flüchtlingszentrum umzubauen. | |
| Der Bezirk sei ohnehin an der Grenze seiner Möglichkeiten. | |
| 24 Aug 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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